Der Mental Load beschreibt eine Arbeit, welche meist von Frauen unbezahlt zu Hause verrichtet wird. Er benennt die Organisationsleistung der Personen, die Familien zusammenhalten. Ein kritischer Blick auf die Gesellschaft.
„Mental Load“ – niemand hat sich die Mühe gemacht, diesen Begriff zu übersetzen. Denn er betrifft die Stellung der Frau innerhalb der Familie. Familie ist ein bewusst ausgesuchter Luxus, für den Frau nun mal bezahlen muss. Schließlich muss keine Frau Mutter werden und sich diese Bürde, namens Kinder, aufhalsen. Der Mental Load ist daher ein freiwillig gewähltes Übel, das nun mal mit dem Kinderkriegen einhergeht. Dieses Problem geht meist nur Mütter an. Auch wenn der Kinderwunsch geteilt wird, die damit einhergehende Arbeit bleibt häufig an der Frau hängen. Da darf sich der Rest gemütlich zurücklehnen. Das Gejammer kann man ja ausblenden. Diese Einstellung schimmert durch die gesamte Gesellschaft
Familie ist in Deutschland Privatsache und somit vom öffentlichen Interesse abgekoppelt.
Die Verantwortung auf die abschieben, die unter dem jetzigen gesellschaftlichen Zustand leiden. Darf man das? Ganz klar: Nein! Es ist nicht nur eine Frage der Solidarität, mit der man zu Minderheiten stehen sollte. Denn Mütter sind erst einmal keine Minderheit. Das „Problem“ der Mutterschaft und des damit verbundenen Mental Load trifft nicht nur mental eingeschränkte Einzelpersonen, die eine falsche Lebensentscheidung getroffen haben, sondern viele. Kinder dürfen keine dumme Entscheidung sein, sie gehören dazu. Genauso sind Mütter nicht weniger wert, weil sie einen Teil ihrer Kraft und Zeit nicht in das Bruttosozialprodukt umwandeln. Ihre Arbeitsbelastung sollte angemessen anerkannt werden. Eine funktionierende Gesellschaft gibt sich Regeln, um ein Mindestmaß an Gerechtigkeit herzustellen. Wer arbeitet, soll fair entlohnt werden. Nur, dass diese Regeln seit Jahrzehnten nicht angepasst wurden. Daher ist es Aufgabe der Gesamtgesellschaft- auch der profitierenden Personen – für die weniger Privilegierten unter uns Formen des Zusammenlebens und Wirtschaftens zu finden, deren Regeln mehr Menschen zugutekommen.
Warum muss die Arbeit daran gemessen werden, wie gut sie verkauft werden kann?
Ja, es war schon immer so. Der Wert einer Leistung richtete sich danach, wie viel jemand bereit war, dafür zu zahlen. Das funktionierte in der Arbeitswelt mal mehr, mal weniger. Ein Negativbeispiel stellen die Arbeitsbedingungen in den Anfängen der Industrialisierung dar. Doch es wurde protestiert und Forderungen gestellt. Erst gab es lose Verbünde, dann Gewerkschaften, Arbeiterparteien, schließlich Gesetze und Versicherungen, die die Menschen schützten. So muss es wieder sein. Doch um Forderungen stellen zu können, muss erst bekannt werden, was das Problem ist. Es ist nicht nur die in Corona-Zeiten viel diskutierte Care-Arbeit an sich.
Es ist auch die Organisation, die diese erst möglich macht. Und beides ist Arbeit. Arbeit, die auch Nicht-Müttern bekannt ist, auch wenn sie dann anders heißt. Denn der Mental Load beschreibt einfach die Last einer Person, die für andere Personen verantwortlich ist und diese koordiniert. Eigentlich nicht anders als die Verantwortung, die ein Chef für seine Mitarbeiter hat. Nur dass dieser dafür ein Gehalt bekommt. Personalverantwortung geht in der Regel mit einem höheren Gehalt einher und das ist richtig so. Mutter- und auch Vaterliebe sind nicht käuflich. Das bedeutet aber nicht, dass man der damit verbundenen Arbeit keinen Wert zugestehen kann. Gegen die Anerkennung dieser täglich erbrachten Arbeit wird aber auch argumentiert. Wer aus Liebe handelt, handelt freiwillig, heißt es.
Wie freiwillig übernehmen Mütter wirklich den Mental Load?
Viele werdende Eltern arbeiten. Dann kommt neben dem Mutterschutz die Elternzeit. Bei Paaren bedeutet das immer noch häufig, dass der Vater die Mindestzeit seiner Elternzeit nimmt und die Mutter die Höchstzeit. Danach ist meist ein voller Wiedereinstieg beider Elternteile nicht mehr möglich. Denn ein Baby nimmt unfassbar viel Zeit und Kraft in Anspruch. Der Vater hat eventuell in der Zeit, wo die Mutter zu Hause war, schon eine Gehaltsrunde mitgenommen, die sie verpasst hat. Er hatte vielleicht auch schon vorher ein höheres Gehalt, welches jetzt im Vergleich immer wichtiger für die Familie wird. Unlogisch wäre es, wenn der Besserverdiener der Familie jetzt plötzlich kürzertritt. Also reduziert die Frau auf Teilzeit und er klettert fleißig weiter die Karriereleiter hinauf und muss dafür natürlich auch familienunfreundliche Konditionen, wie Überstunden und Arbeit am Wochenende auf sich nehmen. Sie hält ihm den Rücken frei, indem sie den Haushalt, die Kinder und die Organisation des Ganzen übernimmt und einen kleinen Nebenerwerb leistet. Wenn er müde und erschöpft nach Hause kommt, ist sie genauso müde und erschöpft. Aber Geld und Anerkennung verdient fast nur er. Nicht weil sie es sich so ausgesucht hat. Es hat sich einfach so ergeben und daran müssen wir etwas ändern.
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