Schwarz-Gelb oder Rot-Grün hießen früher die klassischen Koalitionen. Im Ausnahmefall gab es schon mal Rot-Rot-Grün. Spätestens seit dem starken Abschneiden der AfD sind diese Koalitionen kaum noch mehrheitsfähig. Nachdem nun auch Konstellationen auftreten, in denen selbst eine große Koalition keine Mehrheit erreichen würde, ist mehr Kreativität gefragt: Stefan Matthaei stellt sich nun die Frage, ob es lieber Kenia oder Jamaika sein soll, oder doch lieber Deutschland?
Dreadlocks bei Schwampel oder Jamaika-Koalition
Bei der Schwampel (Schwarze-Ampel) oder auch Jamaika-Koalition sind entsprechend der Farben die CDU, FDP und Grünen vertreten. Das erste Mal kam sie ins Gespräch, als es 2005 nach den Bundestagswahlen zu einer Pattsituation der klassischen Bündnisse kam. Selbst Joschka Fischer hielt damals dieses Bündnis für absolut exotisch und verriet seine Gedanken, als er das erste Mal von der Jamaika-Koalition hörte: „Ich sah die da mit Dreadlocks, eine Tüte in der Hand und im Hintergrund Reggae-Musik.“ Was auf Bundesebene zu verwegen erschien, kam 2009 auf Landesebene im Saarland zustande. Unter Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer konnte die „Saarmaika-Koalition“ für knapp zweieinhalb Jahre zusammenarbeiten. Ganz ohne Tüte und Dreadlocks, sondern meistens im klassischen Anzug.
Speer und Schild in Kenia
Die Farben der kenianischen Flagge geben in dieser Koalition in den Ton an: Schwarz-Rot-Grün. Dieses Bündnis ist noch sehr jung. Erstmals gab es 2014 Sondierungsgespräche in Thüringen, allerdings ohne Regierungsbildung. Dazu kam es nun in den vergangenen Tagen in Sachsen-Anhalt. Der Start gestaltete sich allerdings etwas holprig, weil der neue Ministerpräsident Reiner Haselhoff erst im zweiten Wahlgang die erforderliche Mehrheit seiner Unterstützer bekam. Da hatten sich wohl manche nicht nur an den Farben der Kenia-Flagge orientiert, sondern auch an den Symbolen: Speer und Schild.
Grünes Licht für Ampel
Die klassische Ampel kennt man aus dem Straßenverkehr. Hier fügen sich SPD, FDP und die Grünen zu einer Regierung zusammen. Am vergangenen Sonntag wurde dieses Bündnis in Rheinland-Pfalz mit Abschluss der Koalitionsverhandlungen besiegelt. Eine Fortführung von Rot-Grün war aufgrund der fehlenden Mehrheit nicht mehr möglich gewesen. Es bleibt abzuwarten, ob die FDP immer grünes Licht zu den Vorschlägen von SPD und Grünen geben wird. Tut sie das nicht, besteht die Gefahr, dass die Liberalen die ganze Koalition mit einem dunkelroten Signal ausbremsen.
Identitätsfrage der Liberalen in der Deutschland-Koalition
Auch wenn der Name weniger exotisch klingt, ist es in der neueren Zeit noch nicht zu einem Bündnis von CDU, SPD und FDP gekommen. Ob es daran liegt, dass die FDP in einer Deutschland-Koalition von ihrer gewohnten gelben Farbe auf Gold umsteigen müsste? Ohne eine Zustimmung der Basis wäre dies sicher nicht möglich. Obendrein müsste man beim Politbarometer umrüsten und Gold ist doch um einiges teurer als das gemeine Gelb. Ob sich das die Öffentlich-rechtlichen leisten können?
Auf die Reise machen
Ob es nun nach Jamaika oder Kenia geht oder man doch lieber in Deutschland bleibt: Für zukünftige Bündnisse müssen die deutschen Parteien verkrustete und veraltete Vorstellungen von Koalitionen überwinden und das machen, was allgemein als deutsche Tugend gilt: Kompromisse schließen. Zumindest wenn sie weiter die Zukunft gestalten wollen. Wenn nicht, dann ab in die Oppositionsbank und das Signallicht auf Rot stellen. Nicht nur in der Ampelkoalition.
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