In Thüringen wird die AfD stärkste Kraft, in Sachsen liegt sie mit über dreißig Prozent an zweiter Stelle. Werden die beiden Bundesländer nun unregierbar?
Am ersten September wurde in Sachsen und Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Der amtierende sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer konnte mit seiner CDU den Wahlsieg davontragen. Die Partei erreichte nach dem vorläufigen Ergebnis 31,9 Prozent der Stimmen. Allerdings folgt die AfD mit 30,6 Prozent knapp dahinter. Die bestehende Koalition aus CDU, SPD (7,3 Prozent) und Grünen (5,1 Prozent) hat nun keine Mehrheit mehr.
Letzte Rettung BSW?
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) trat zum ersten Mal in Sachsen an und erreichte aus dem Stand 11,8 Prozent der Stimmen. Gemeinsam mit dem BSW hätten CDU und SPD eine komfortable Mehrheit. Die Schwierigkeit liegt darin, dass vor allem Wagenknecht selbst im Wahlkampf forderte, eine zukünftige Landesregierung müsse sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine oder die Stationierung amerikanischer Raketen in Deutschland aussprechen. Die CDU hat hier eine gegensätzliche Auffassung.
Da solche Themen allerdings auf Bundesebene entschieden werden, könnte es auch bei Lippenbekenntnissen bleiben. Zudem muss nicht alles, was im Wahlkampf gefordert wurde, auch Teil von Koalitionsverhandlungen sein. Für die CDU stellt die Zusammenarbeit mit einer Partei, die sich im Parteienspektrum links verorten lässt und sich zudem aus einigen früheren Mitgliedern der Linkspartei zusammensetzt, dennoch eine Zerreißprobe dar.
Schwierige Kräfteverhältnisse in Thüringen
Noch einmal schwierigere Probleme bereitet die Regierungsfindung in Thüringen. Die AfD unter Führung von Björn Höcke wurde hier mit Abstand stärkste Kraft (32,8 Prozent). Die CDU liegt fast zehn Prozentpunkte hinter ihr (23,6 Prozent) an zweiter Stelle. Wenngleich Höcke Regierungsverantwortung übernehmen will, sieht keine andere Partei die Möglichkeit für eine Zusammenarbeit mit der AfD, die in Thüringen – und übrigens auch in Sachsen – vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Zudem ist Höcke mehrfach durch faschistisches Gedankengut aufgefallen und hat bei zwei Veranstaltungen eine verbotene SA-Parole benutzt. In einem Fall hat er sie mit Erfolg durch das Publikum vervollständigen lassen.
Um eine gewisse Zusammenarbeit mit der AfD wird man in Thüringen aber womöglich nicht herumkommen. Mit mehr als einem Drittel der Sitze im Parlament erreichten die Rechtsextremen eine sogenannte Sperrminorität. Sie könnten damit jeden Beschluss blockieren, der mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden muss.
Ist eine stabile Regierung in Thüringen möglich?
Erst kürzlich hat der CDU-Chef Friedrich Merz bekräftigt, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD und der Linken ausgeschlossen bleibt. In Thüringen bereitet dieser Beschluss, der gerade gegen rechts auch als „Brandmauer“ bekannt ist, riesige Schwierigkeiten. CDU, SPD und BSW verfehlen im thüringischen Landtag gemeinsam eine Mehrheit. Ihnen fehlt ein Sitz. Würden sie die Linke mit ins Boot holen oder statt mit der SPD (sechs Sitze) ein Bündnis aus Linkspartei (zwölf Sitze), CDU und BSW schmieden, wäre eine Mehrheit gegeben. Das BSW wird in jedem Fall für eine Mehrheit gebraucht.
Die Krux bleibt, dass die CDU jegliche Zusammenarbeit mit der Linken ausschließt. Das erschwert nicht nur die Koalitionsfindung, sondern überhaupt die Regierungsbildung. CDU, SPD und BSW – die wie gesagt eine Mehrheit verfehlen – könnten tatsächlich auch eine Minderheitsregierung bilden. Dafür ist die Duldung durch die Linkspartei notwendig. Sie könnte bei Regierungsbeschlüssen zur Stimmenmehrheit verhelfen. Das bedeutet allerdings eine Zusammenarbeit zwischen CDU und Linkspartei.
Was nun?
In Thüringen ist eine stabile Regierung nur möglich, wenn die CDU ihre Brandmauer gegen die Linkspartei aufweicht. Die Sperrminorität der AfD wird den Landtag aber noch vor Herausforderungen stellen. Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen wird sich die CDU mit dem BSW arrangieren müssen, mit dem zumindest keine Zusammenarbeit ausgeschlossen wird. Außerdem ist die CDU in Sachsen als Wahlsieger mit der Regierungsbildung beauftragt.
Die Ampel wurde dagegen aufgrund ihrer Bundespolitik abgestraft. Die FDP verfehlt den Einzug in beide Landtage, die Grünen müssen den thüringischen Landtag verlassen und die SPD bleibt in beiden Landesparlamenten unter zehn Prozent.
Schreibe einen Kommentar