Smartphone, Tablet und Co. werden von Psychologen und Gesellschaftsexperten zunehmend verteufelt. Zu wenig soziale Kontakte, Smartphone-Sucht, wachsender Narzissmus und andere Schlagworte fallen in diesem Zusammenhang. Grundsätzlich ist das nicht falsch. Zeitgleich aber sollte nicht vergessen werden, dass die Digitalisierung des Alltages durchaus Vorteile mit sich bringt. Ein positiver Blick auf die Angelegenheit.
Das Smartphone als Alltagsbegleiter
Smartphones haben sich im Laufe der vergangenen Jahre zu unverzichtbaren Besitztümern entwickelt. Gab es laut Statistik in 2009 noch 6,31 Millionen Smartphone-Nutzer in Deutschland, wuchs ihre Anzahl bis 2018 auf ganze 57 Millionen. Der gesellschaftliche Trend also ist unverkennbar. Ein erster Hinweis darauf, dass nicht alles falsch ist an dieser Entwicklung?
Sicherlich. Smartphones nämlich sind mit einigen Aspekten ausgestattet, die das Leben de facto erleichtern. Sie navigieren ihre Besitzer im Straßenverkehr, helfen bei gesunder Ernährung, können Kinder beim Lernen unterstützen und beschleunigen die Kommunikation. Natürlich ist der Grad an Vorteilhaftigkeit stets abhängig von der Art der Nutzung. Wer nur Spiele-Apps nutzt und den gesamten Tag mit Scrollen in sozialen Netzwerken verbringt, wird sich tatsächlich fragen müssen, ob das der Sinn der Sache ist. Wer die Zusammenstellung seiner Apps jedoch klug bedenkt und echte Alltagshelfer nutzt, kann effizienter, gesünder und sogar glücklicher leben. Eine gewagte These, die sich bei einem Blick in App-Stores aller Marken bewahrheitet. Hier gibt es Anwendungen, die Smartphonebesitzer zu mehr Bewegung animieren, beim Meditieren anleiten, eine Strukturierung des Alltags ermöglichen und sogar Nährstoffe detailliert tracken können. Smartphones per se als Risikofaktor abzustempeln, ist daher nicht schlüssig.
Wie überall also bestimmen persönliche Gewohnheiten über Sinn und Unsinn der Digitalisierung. Das mobile Netz befeuert diese Debatte, denn es bindet immer mehr Menschen an die nur wenige Zoll großen Displays. Wer sich jedoch im klugen Umgang übt und Verantwortungsbewusstsein sowie Medienkompetenz beweist, muss sich nicht vor Fortschritt fürchten.
Das Netz wächst mit
Ein ausschlaggebender Punkt, der die Beliebtheit des heutigen Smartphones befeuerte, ist der Ausbau des mobilen Netzes in Deutschland. Ein Rückblick zeigt das der deutlich, denn so wie auch die Anzahl der Smartphone-Nutzer wuchs die Geschwindigkeit des mobilen Internets stetig.
Alles begann bereits 1999, als auf der CeBIT „WAP“ präsentiert wurde. Die Nutzung mobilen Internets ging damals mit gerade einmal 9,6 Kilobit je Sekunde noch schleppend voran. Hinzu kam, dass nur in Zeiteinheiten abgerechnet werden konnte. Das erklärt nicht nur, warum es mit der Beliebtheit nicht weit her war, sondern auch die regelmäßigen Adrenalinschübe beim versehentlichen Antippen des „Internet-Buttons“. Die Technik aber schlief nicht, weswegen schon ein Jahr darauf GPRS eingeführt wurde. Abrechnung in Dateneinheiten und eine schnellere Geschwindigkeit markierten einen Wendepunkt. Schnell genug aber war das Netz noch immer nicht. Mit UMTS, das in 2004 für Privatkunden bereitgestellt wurde, nahm die Schnelligkeit zu. In 2006 und 2008 dann folgten HSDPA, HSUPA und EDGE. Aus der Erweiterung von UMTS schließlich gibt der LTE-Standard hervor, dessen Ausbau in Deutschland auch heute noch nicht abgeschlossen ist.
LTE, ausgeschrieben Long Term Evolution, verkörpert die vierte Generation der Mobilfunktechnologie und beeinflusst den Markt seit etwa 2010. Auch von LTE-Advanced, kurz 4G, ist immer häufiger die Rede und Übertragungsgeschwindigkeiten von rund 300 Megabit pro Sekunden sind denkbar. Jetzt ist es möglich, soziale Netzwerke, Messengerdienste, komplexe Apps und auch den Browser umfangreicher zu nutzen, dabei schneller zu sein und die Möglichkeiten noch weiter auszuschöpfen. Der LTE Ausbau aber ist, auch wenn bereits von der nächsten Generation namens 5G gesprochen wird, in Deutschland nicht überall erfolgt. Wie tarife.de berichtet, sind es vor allem größere Städte und Ballungsgebiete, in denen der Standard verfügbar ist. In ländlichen Regionen müssen sich Smartphone-Nutzer vielerorts weiterhin mit EDGE begnügen. Dennoch ist das Netz deutlich beschleunigt worden. Ein Punkt, der die feste Verankerung des Smartphones in der Gesellschaft zweifellos sichert.
Chancen der digitalen Gesellschaft
Die starke Präsenz des Smartphones in der Gesellschaft ist nicht nur vorteilhaft. Viele Menschen wünschen sich daher zumindest gelegentliche Rückkehr zu althergebrachten Traditionen wie dem Schreiben klassischer Briefe. Auch der Hersteller Motorola hat in einer umfangreichen Studie untersucht, was das Smartphone mit dem Menschen macht. Hier zeigte sich unter anderem:
• 33 Prozent der Befragten legen mehr Wert auf ihr Smartphone als auf reale Kontakte.
• 53 Prozent der Befragten aus „Generation Z“ bezeichnen ihr Smartphone als „besten Freund“.
• 49 Prozent checken ihr Smartphone häufiger, als sie möchten.
• 65 Prozent verfallen in Panik, wenn sie ihr Smartphone nicht finden können.
Nun stellt sich die Frage: Wie kann etwas, das solch fragwürdige Entwicklungen hervorruft, als „gut“ bezeichnet werden? Die Antwort fällt kurz aus: Gar nicht. Und doch ist das Smartphone wie weiter oben beschrieben, nicht das Problem, sondern vielmehr der Umgang mit ihm.
Chancen nämlich bietet die digitale Kommunikation in Hülle und Fülle. Mehr Effizienz in der Arbeitswelt, leichteres Halten von Kontakten auch über große Distanzen, bessere Verfügbarkeit qualifizierter Informationen und Lebenshilfe, die in die Hosentasche passt, sind Aspekte, die sich nicht wegdiskutieren lassen. Das Smartphone also ist ein Chancengeber, wenn auch ein verkannter.
Das aber muss sich ändern. Hierfür braucht es eine Gesellschaft, in der Medienkompetenz schon frühzeitig vermittelt wird. Kinder, die bereits mit neun Jahren ein Smartphone besitzen, haben die Chance, sich frühzeitig an moderne Kommunikation zu gewöhnen, finden jedoch in vielen Fällen nicht die notwendige Anleitung. Verschwindet dieses Problem, beispielsweise durch qualifizierten Unterricht in Sachen Medien bereits ab der dritten Klasse und weicht die „Hassliebe“ zum Smartphone einer gesunden Akzeptanz, kann gelungene Integration erfolgen. Ob das klappt, liegt also in den Händen der Gesellschaft.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserer externen Redakteurin Nicole Schreiner.
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