Am ersten November feiert die Kirche das Hochfest Allerheiligen. Es geht dabei um alle heiligen Menschen – die bekannten wie die unbekannten. Gleichzeitig soll das Hochfest auch ein Ansporn für das eigene Leben sein. Ein Beitrag von Benedikt Bögle.

Man kann es beinahe mit der Angst zu tun bekommen, wenn man sich mit den Biographien großer Heiliger der katholischen Kirche beschäftigt. Martin von Tours etwa kehrte seiner Karriere im Militär den Rücken, wurde Einsiedler und ist bis heute bekannt durch die Begegnung mit einem armen Bettler, dem er seinen halben Mantel schenkte. Franziskus von Assisi lebte freiwillig arm – vollkommen arm, ohne jeden Besitz. Elisabeth von Thüringen oder Mutter Theresa von Kalkutta widmeten ihr ganzes Leben dem Dienst an den Armen und Kranken. Viele Heilige schreckten nicht dafür, ihr Leben für den Glauben an Jesus Christus einzusetzen. Diese Beispiele scheinen zu übermächtig. Wer kann schon so leben, so glauben, so lieben? Wer kann gleich dem sterbenden Stephanus noch für seine Mörder beten, dem heiligen Maximilian Kolbe entsprechend sein Leben für einen Unbekannten opfern?
Ursprung in Rom: Aus Pantheon wird christliche Kirche
In der katholischen Kirche werden viele Heilige gefeiert. Ein ganz besonderer Tag ist „Allerheiligen“, das in jedem Jahr am ersten Novembertag gefeiert wird. Schon im vierten Jahrhundert wurde im Osten ein Festtag aller Heiligen gefeiert. Ab dem siebten Jahrhundert wird dieses Fest auch in Rom begangen. Im antiken Rom wurden im „Pantheon“ alle Götter verehrt, Papst Bonifatius machte aus dem mittlerweile zur Kirche gewordenen Tempel ein Gotteshaus, das an alle Heiligen erinnern wurde. Seit dem neunten Jahrhundert wurde dieses ursprüngliche Rom bekannte Fest dann in der ganzen Kirche gefeiert.
Erinnerung an unbekannte Heilige
Im Mittelpunkt stehen: die Heiligen. Das hatte zunächst einen ganz praktischen Sinn. Während der Christenverfolgung mussten viele Christen ihr Leben lassen. Viele von ihnen waren bekannt, ein großer Teil aber bleibt für immer anonym. Das Fest aller Heiligen konnte so garantierten, dass auch die unbekannten Heiligen im Gedächtnis der Kirche verankert wurden. Für die Kirche sind Heilige Menschen, die ein so vollkommenes Leben geführt haben, dass sich die Gläubigen sicher sind: Diese Menschen sind bereits im Himmel bei Gott. Das bedeutet aber, dass es auch viele Heilige geben kann, die von der Kirche nie offiziell anerkannt wurden – etwa, weil sie unbekannt geblieben sind.
Heiligkeit der Geduld
Das gilt nicht nur für die Christenverfolgung der Antike. Auch heute noch sterben in vielen Teilen der Erde Christen, weil sie sich zu ihrem Gott bekennen. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Menschen, die keinen gewaltsamen Tod sterben, aber gleichwohl ein vorbildliches, vom Glauben geprägtes Leben führen. Papst Franziskus erinnert ganz besonders an diese Menschen in seinem Apostolischen Schreiben „Gaudete et exsultate“ (GE). „Es gefällt mir, die Heiligkeit im geduldigen Volk Gottes zu sehen: in den Eltern, die ihre Kinder mit so viel Liebe erziehen, in den Männern und Frauen, die arbeiten, um das tägliche Brot nach Hause zu bringen, in den Kranken, in den älteren Ordensfrauen, die weiter lächeln. In dieser Beständigkeit eines tagtäglichen Voranschreitens sehe ich die Heiligkeit einer streitenden Kirche“, schreibt der Papst (GE 7).
Heiligkeit als Prozess
Das zeigt: Nicht nur die großen Heiligen der Kirchengeschichte können ein vorbildliches Leben führen. Vielmehr handelt es sich bei der Heiligkeit um einen Prozess, um kleine Schritte eines bewussten Lebens. Allerheiligen ist damit nicht nur das Fest aller Heiligen – der bekannten wie der unbekannten –, sondern auch Anstoß, das eigene Leben zu überprüfen: Ist es gut, wie ich lebe? Entspricht mein Leben meinen eigenen Maßstäben und Werten? Würde dieses Leben Gott gefallen? Papst Franziskus schreibt schließlich auch: „Wir sind alle berufen, heilig zu sein, indem wir in der Liebe leben und im täglichen Tun unser persönliches Zeugnis ablegen, jeder an dem Platz, an dem er sich gerade befindet.“ (GE 14)
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