Nach der Amazonassynode der katholischen Kirche stellt sich Reinhard Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, einer Podiumsdiskussion über die Ergebnisse der Synode. Dabei wurde klar: Ausnahmen vom Zölibat waren ein wichtiges Thema, aber nicht das einzige. Ein Bericht von Benedikt Bögle.

Drei Wochen lang beratschlagten katholische Bischöfe und Laien aus der ganzen Welt über Probleme des Amazonasgebiets. Einer der Synodenteilnehmer war Reinhard Kardinal Marx. Der Münchner Erzbischof sprach am vergangenen Montag bei einer Podiumsdiskussion in der katholischen Akademie Bayern mit weiteren Synodenteilnehmern über die Debatte und ihre Ergebnisse, unter anderem dabei waren auch Bischof Rafael Cob aus Puyo in Ecuador und die Laienmissionarin Ruth Elvira Sánchez.
Drei große Themenkomplexe wurden auf der Synode beratschlagt: Die Umweltverschmutzung in Amazonien und ihre Folgen für die ganze Menschheit, die Lage der indigenen Völker in diesem Gebiet und schließlich auch die pastoralen Herausforderungen innerhalb der Kirche.
Deutscher Blickpunkt: Zölibat
Gerade dieser Punkt stand in Deutschland im Mittelpunkt der Debatte: Im Amazonasgebiet gibt es viele Pfarreien, die nicht regelmäßig Eucharistie feiern können. 90 Prozent aller Pfarreien können nicht jeden Sonntag Messe feiern, 70 Prozent nur einige wenige Mal im Jahr. Bischof Cob steht einer Diözese mit etwa 300.000 Quadratkilometern Fläche vor – das entspricht in etwa der Hälfte Bayerns. Für dieses Gebiet stehen – den Bischof inklusive – 16 Priester zur Verfügung.
Priesterweihe für „viri probati“?
Deshalb wurde auf der Amazonassynode die Möglichkeit diskutiert, bewährte Laien, die sogenannten „viri probati“, in den Gemeinden zu Priestern zu weihen. Am vergangenen Montag sagte Kardinal Marx dazu: „Ich war ein wenig unglücklich über die Diskussion in Deutschland. Es geht um das Überleben der Welt. In unsere Zeitungen steht nur: Wann endlich wird der Zölibat abgeschafft?“ Auf der Synode sei nicht über die Abschaffung des Zölibats diskutiert worden; diese priesterliche Lebensform werde auch weiterhin von großer Bedeutung für die Kirche sein. Vielmehr ging es um eine Ausnahmeregelung: „Es gibt die Möglichkeit, in bestimmten Situationen vom Zölibatsgesetz zu dispensieren. Das ist kein göttliches Gesetz.“
Ausnahmen vom Zölibat bereits heute
Bereits heute könne der Papst vom Zölibat befreien – so leben in bestimmten unierten Ostkirchen die Priester nicht zölibatär. Konvertiert ein verheirateter Priester aus einer evangelischen oder anglikanischen Kirche zum Katholizismus, kann auch in diesen Fällen vom Zölibat abgesehen werden. Nach Ansicht von Reinhard Marx müsste daher nicht einmal das Kirchenrecht geändert werden, um im Amazonasgebiet verheiratete Priester zu ermöglichen. Klar sei aber auch, dass die Debatte nicht einfach auf die Situation in Deutschland übertragen werden kann.
Das Podium sprach auch über die Rolle der Frau. Eine Laienmissionarin aus dem Amazonasgebiet sagte dazu: „Es ist notwendig, dass die Kirche die Frau als vollkommen gleichwertige Bürgerin im Sinne ihrer Würde und ihrer Rechte anerkennt.“ Das konnte auch Kardinal Marx nur unterstreichen: „Die Gleichberechtigung ist die große Botschaft des christlichen Glaubens. Wir haben nicht immer so gelebt, das wissen wir“, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.
Kirche steht an der Seite der Benachteiligten
Gleichzeitig stellten die Synodenteilnehmer aber auch klar: Der Zölibat und die Rolle der Frau waren nicht die einzigen Themen, über die beratschlagt wurde. Im Amazonasgebiet übernimmt die Kirche auch Verantwortung für die Umwelt und die indigenen Völker. Bischof Cob sagte dazu: „Die Kirche ist ein wichtiger Akteur bei der Sozialarbeit im Amazonasgebiet. Ohne unsere Arbeit wären sehr viele Menschen vollkommen schutzlos.“ Das betreffe Schulen, aber auch medizinische Zentren. Das Wachstum der Städte fordere auch die Kirche zu einer neuen Seelsorge heraus. Das zeigt: Auch nach der Amazonassynode wird die Debatte weitergehen. Gefragt sind vor allem Lösungen, die den Menschen weiterhelfen.
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