Die Zeit rennt – noch nicht einmal ein Monat bleibt uns bis zum Rückflug nach Deutschland. Am 23. Dezember, pünktlich zu Weihnachten, bin ich wieder im Kreise meiner Familie. Werde ich Sevilla vermissen?
Man glaubt es kaum, aber hier in der Hauptstadt Andalusiens läuten die Temperaturen allmählich den „Winter“ ein. Mit nächtlichen Gradzahlen von unter zehn und ohne Heizung in der Wohnung bereue ich nicht mehr, auch ein paar Pullover mitgebracht zu haben.
Ich weiß, meine Familie und Freunde in Deutschland können angesichts der Wetterverhältnisse dort nur schwer nachvollziehen, dass ich tatsächlich mit dicken Winter-Puschen bewaffnet durch die Wohnung stampfe. Doch ich fürchte, mein Körper hat sich schon an die brennende Sommersonne Sevillas gewöhnt.
Mein Unterbewusstsein hingegen sehnt die Rückkehr nach Deutschland herbei, das spüre ich. Alte Freunde wieder treffen, mich überall verständigen können, den Zauber der Weihnachtstage und ein berauschendes Silvester erleben – meine Vorfreude steigt.
Die Vorweihnachtszeit verbringe ich allerdings komplett im katholischen Sevilla. Die Cafés und Supermärkte haben schon vor kurzem begonnen ihr Sortiment umzurüsten. Die Kaufhauskette El Corte Inglés, die in Spanien sehr bekannt ist, hat ihre Fassade mit Schneeflocken-Lichteretten umhüllt und mein Freund und ich staunten nicht schlecht, als wir schon von Weitem vor dem Gebäudekomplex riesige Pinguine mit Musikinstrumenten erahnen konnten.
Auch die Weihnachtsmärkte dürfen natürlich nicht fehlen. Einer davon soll in Kürze am berühmten Wahrzeichen Metropol Parasol aufgebaut werden.
Ein Spaziergang auf den „Pilzen“ und die Fahrt zu einer „Eissorte“
Das Metropol Parasol wird von den Einheimischen liebevoll „las setas“ (die Pilze) genannt. Angesichts der Bauweise konnte ich nach mehrfachem Hinschauen auch erkennen, was die „Sevillianer“ zu diesem Namen inspiriert hat. Von diesem Bauwerk hatte ich schon in vorherigen Texten gesprochen. Doch bis vor kurzem wusste ich nicht, dass es auf der Konstruktion auch eine Aussichtsplattform gibt. Selbstverständlich planten mein Freund und ich sofort einen Besuch. Wir fuhren auf Anraten einer Kommilitonin am Abend hoch. Der Eintritt kostet nur drei Euro und ein Ticket für die Fahrstuhlfahrt nach oben beinhaltet sogar ein Freigetränk.
Oben angekommen fanden wir zunächst den Kiosk, in dem wir unser Getränk abholen konnten. Das wahre Ausmaß der begehbaren Oberfläche offenbarte sich uns jedoch erst, nachdem wir ausgetrunken hatten.
Verschiedene Aussichtsplattformen in unterschiedlichen Höhen erstrecken sich über die gesamten „setas“, verbunden durch Bobbahn-ähnliche Fußwege. Man muss es wohl selbst gesehen haben, um diese Konstruktion zu verstehen. Wir waren auf jeden Fall überwältigt – nicht zuletzt von der Aussicht. Der Ausblick auf das nächtliche Sevilla mit der beleuchteten Giralda brachte viele Handykameras an diesem Abend zum glühen. Mitgerissen von der harmonischen und doch geheimnisvollen Stimmung wurde mir ein Mal mehr bewusst, dass ich die Stadt vermissen werde. Mit all ihren historischen Sehenswürdigkeiten erscheint sie mir so einzigartig. Ich selbst konnte mich davon überzeugen, dass ich mit meinem Gefühl wohl recht habe, angesichts der Tatsache, dass andere andalusische Städte ein ganz anderes Flair versprühen.
Málaga zum Beispiel ist mit Sevilla nicht zu vergleichen. Nein, nicht die Eissorte, sondern die Stadt, aus welcher der Malagawein für das Eis kommt. Mein Freund und ich wollten die Metropole am Mittelmeer schon seit längerem besuchen – trotz gemischter Kritiken von unseren Kommilitonen. Wir buchten die Busfahrt im Vorfeld online und wurden nach 2,5 Stunden auf der Straße nicht enttäuscht. Das Bild, das sich uns offenbarte, war wirklich ein vollkommen anderes als in weiten Teilen Sevillas. Wir fühlten uns wie im amerikanischen Kalifornien. Hochhäuser gesäumt vom Meer; Berge a la Hollywood Hills…
Die Stadt mag weniger verwinkelt und geheimnisvoll sein, doch sie gefiel uns auf ihre eigene Art. Wir bummelten durch die Läden, erklommen zahlreiche Stufen zu mysteriösen Ruinen und einer Aussichtsplattform, warfen einen Blick in die Kathedrale und aßen das erste Mal seit langem wieder Pizza – rundum ein gelungener Tag.
Umgeben von Fernsehkameras und Schauspielern
„Winter is coming“ in Sevilla und mit ihm die Schauspieler der berühmten Serie Game of Thrones. Achtung, Spoiler-Alarm! Die Akteure rund um Kit Harington alias „John Snow“ und Nikolaj Coster-Waldau alias „Jaime Lannister“ haben sich im Alfonso einquartiert, um Szenen für die siebte Staffel der Serie aufzunehmen. Als sich Anfang November in der Uni rumsprach, dass die “Juego de Thronos“- Schauspieler nach Sevilla gekommen sind, war mein Freund sofort nicht mehr zu halten und ich hatte keinen blassen Schimmer, was ihn an der Serie so fasziniert. Jetzt – fast vier Wochen und einige Aufenthalte vorm Alfonso später – bin auch ich Fan. Wir konnten einen Blick auf „Jaime“ erhaschen, der in Sportkleidung und mit eigenem Auto auf die Auffahrt des luxuriösen fünf Sterne Hotels, fuhr. Herrlich bodenständig, finde ich!
Wie es sich anfühlt, gestylt und voller Adrenalin vor einer Kamera zu stehen, konnten meine Kommilitonen und ich bei unserem Besuch von Canal Sur, dem Arbeitsplatz unseres „Design of news programs“ -Dozenten live erleben.
Anstatt wie immer dienstags und donnerstags von 8:30 Uhr bis 10:30 Uhr in der Uni zu sitzen, durften wir Fernseh-Profis über die Schulter schauen. Wir durchliefen alle Abteilungen der Fernsehstation, inklusive dem Visagisten-Raum für das Kamera-Make-Up. Unser Dozent, der selbst jeden Abend für ein Sportmagazin vor der Kamera steht, erläuterte uns unter gequälten Blicken der Jungs, dass Make-Up auch zu seiner täglichen Fernsehroutine gehört. Das Spannendste an diesem Tag waren aber eindeutig die Besuche im Fernsehstudio und die Anwesenheit während einer Live-Nachrichtensendung.
Bevor die Übertragung gestartet war, durften wir sechs aus dem Kurs das Ablesen vom Teleprompter üben, während wir gleichzeitig versuchen sollten, möglichst natürlich und freundlich aufzutreten. Die Profis machten uns später vor, wie es (richtig) geht und uns wurde wieder einmal bewusst, wie schnell die Spanier sprechen können.
Ich zumindest verstand kein Wort, aber Ziel des Besuchs war schließlich, den Arbeitsprozess an einer Fernsehstation mitzuerleben – vom Bearbeiten der Beiträge bis zur Ausstrahlung. Wir waren alle sehr begeistert und nahmen viel von diesem Besuch mit.
Wie Ihr lesen könnt, wird es nie langweilig hier in Sevilla. Deshalb bin ich mehr als zuversichtlich, dass ich Euch das nächste Mal wieder von vielen tollen Erlebnissen berichten kann.
¡Hasta pronto!
Jasmin
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