1,5 Tonnen CO² Emissionen produziert jeder von uns pro Jahr allein durch seine Ernährung. Nach einer Woche Jugendfreizeit, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit befasste, war ich hoch motiviert, bewusster zu konsumieren. Im Alltag ein „besserer Mensch“ werden – geht das überhaupt?
“Nach-Haltigkeit”: Auch nach uns soll für die kommenden Generationen noch etwas von der Erde da sein. Hört sich gut an. Warum tun wir dann nicht mehr für den Schutz natürlicher Ressourcen und unsere Umwelt? Weil es anstrengend ist. Niemand will gern verzichten oder Einschränkungen hinnehmen. In einem Spiel während der Jugendfreizeit fanden wir heraus, wie viele Erden wir momentan mit unserem Konsum verschwenden. Die deutschen Teilnehmer verbrauchten „nur“ 1,5 Erden, die Portugiesen und Franzosen beinahe zwei. Kein Grund, sich beruhigt zurückzulehnen. Deutschland war einst Vorzeigeland in Sachen Umweltschutz und ist immer noch führend, doch wir sollten uns darauf nicht ausruhen.
Denkt man an die vergangenen Wochen und Monate zurück, sind es nicht nur positive Erfolgsmeldungen, sondern unter anderem der Wandel von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vom ehemaligen Umweltminister zum Helfer der deutschen Industrie, der die Energiewende aufschiebt. Umweltministerin Barbara Hendriks wirkt blass neben ihm und muss oft mit ihren Zielen hinter wirtschaftliche Interessen zurücktreten. Vielleicht schwächelt Politik momentan, doch letztendlich kommt es immer auf jeden Einzelnen von uns an. Denn nur Veränderungen im Alltagsleben eines Jeden führen dazu, dass wir nach-haltig leben. Wer kennt sie nicht, die Vorsätze ab morgen Bio-Produkte zu kaufen, lieber etwas mehr auszugeben und nur Obst zu kaufen, das gerade Saison hat? Vor dem Regal ist die Realität dann oft eine andere, denn Bio- und Fair Trade-Produkte sind teuer und bedeuten daher sich in anderen Bereichen einschränken zu müssen.
Der Alltagscheck: Wo kannst du konkret ansetzen?
Bereits am Morgen gibt es die erste Bewährungsprobe. Läuft der Wasserhahn beim Zähneputzen durch? Nehmt ihr schnell einen Coffee-to-go im Pappbecher in der Mensa oder auf dem Weg zur Arbeit mit? Habt ihr euren Stoffbeutel für die Einkäufe nach Feierabend oder nach der Uni dabei, um Plastik zu sparen? Es ist nicht ganz einfach, im Alltag den einfachen Verlockungen zu widerstehen. Doch bereits kleine Schritte können Großes bewirken. Leg dir einen Coffee-to-go Becher zu oder versuche, morgens eine Tasse Tee zu trinken. Das tut nicht nur der Umwelt, sondern auch deiner Gesundheit gut. Bis du deine Tasse Kaffee genießen kannst, werden 125 Liter Trinkwasser für dessen Herstellung benötigt. Damit steht Kaffee an der Spitze unserer Konsumgüter, was den virtuellen Wasserverbrauch betrifft und ist nach Erdöl der am meisten gehandelte Rohstoff. Wer mehr Informationen hierzu möchte, kann sich bei der Vereinigung deutscher Gewässerschutz e.V. informieren. Spitzenreiter sind hier übrigens die USA, da sie viele industrielle Produkte und viel Fleisch konsumieren.
Fleisch: Darf ich oder nicht?
Beim Thema Fleischkonsum scheiden sich die Geister. Allein die Haltung und der Transport der Tiere zum Schlachthof und Endverbraucher verursachen viele Emissionen. Für die Aufzucht wird meist günstiges Futter verwendet, das aus Soja-Monokulturen stammt. Um diese anzubauen, werden jedoch Regenwälder abgeholzt und viele Pestizide verwendet. Niemand verlangt, dass ihr Vegetarier werdet. Es reicht, bewusster Fleisch zu essen und dafür weniger. Kauft für das nächste Grillen nicht das vakuumierte Steak, sondern das aus der Fleischtheke oder noch besser, beim lokalen Metzger. So erspart ihr dem Tier lange Transportwege mit viel Stress, bevor es auf eurem Teller landet. Der Vorteil: Durch die kürzeren Transportwege wird das Klima geschont und ihr könnt zudem euren Plastikkonsum zurückschrauben. Hier noch ein Tipp für die Gourmets unter euch: Sterben Tiere unter Stress, platzen Adern und lassen das Fleisch zäh schmecken. Also auf zum Metzger eures Vertrauens, wenn ihr nicht auf Fleisch verzichten möchtet. Wer Vegetarier oder gar Veganer ist, hat sich bereits mehr oder weniger bewusst dafür entschieden, auf Tier- und Umweltschutz zu achten. Was viele nicht bedenken, ist, dass auch beispielsweise Regenwälder in Brasilien oder Indonesienfür den Anbau von Soja abgeholzt werden. Die Sojaprodukte haben lange Transportwege hinter sich hat, bevor sie in verpackter Form im Supermarkt liegen. Ihr könnt dies umgehen, indem ihr heimische Produkte als Fleischersatz verwendet, die meist auch günstiger sind.
Was den Obst- und Gemüsekonsum anbelangt, tun sich oft sehr merkwürdige Abgründe auf. Verpackte Ökogurken in Plastik sind der Klassiker. Der Grund hierfür ist, dass diese von konventionellen Produkten unterscheidbar sein sollen. Es entsteht schnell ein Zwiespalt, wenn diese neben regionalen, losen Gurken liegen, die aber leider nicht bio sind. Was tun? Die eine Möglichkeit ist der Besuch eines regionalen Wochenmarktes mit unverpackten Bioprodukten aus der Region. Wer so etwas nicht vor der Haustür hat, kann selbst Obst und Gemüse im Garten anbauen, im Bio-Supermarkt einkaufen oder im normalen Supermarkt auf Regionalität und möglichst wenig Plastik achten. Perfekte Kaufentscheidungen sind hier leider oft nicht möglich. Auch die unzähligen Bio- und Fair-Trade-Siegel muten wie ein Dschungel an, bei dem man gerne genervt aufgibt. Wer gern den Bioladen in seiner Nähe finden möchte oder sich einen Überblick über die wichtigsten Siegel verschaffen möchte, kann dies hier tun. Eine Übersicht über Fair-Trade-Siegel und viele weitere Informationsmaterialien bietet die unabhängige Initiative TransFair.
Auch mit kleinem Geldbeutel könnt ihr nachhaltig leben
Sowohl Fair-Trade-Lebensmittel, als auch Kleidung sind eine Frage des Budgets. Als Student oder Studentin ist es nur schwer machbar, bei allen Konsumentscheidungen auf Nachhaltigkeit und fairen Handel zu achten. Wenn euer Budget nicht reicht, könnt ihr euch zu besonderen Anlässen mit Fair-Trade-Kleidung beschenken lassen. Versucht statt fünf Pullovern bei H&M nur noch zwei zu kaufen und gönnt euch dafür lieber ein Fair Trade Shirt. Weniger konsumieren macht Freude, denn jedes Kleidungsstück ist etwas Besonderes. Ihr als Kunde entscheidet euch nicht nur, welches T-Shirt ihr kauft, sondern, wie es den Menschen geht, die dafür sorgen, dass ihr es tragt und wie viel Chemie auf eure Haut darf. Mit Hungerlöhnen in Entwicklungsländern kann weder umweltschonend produziert werden, geschweige denn, dass diese Länder eine eigene Wirtschaft aufbauen und aus der Spirale der Armut und Abhängigkeit entkommen.
Kreative Ideen für den kleinen Geldbeutel sind Kleidertauschbörsen, private Kleidertauschpartys oder wenn ihr auf Flohmärkten nach schicken Teilen stöbert. Zwar ist das nicht automatisch fair, aber ihr tragt dazu bei, dass nicht weiterhin massenhaft produziert wird. Was für Kleidung gilt, könnt ihr auf viele Bereiche ausdehnen. Richtet an eurer Uni einen gemeinsamen Kühlschrank ein, indem man Lebensmittel spenden kann, die man selbst nicht mehr braucht. Pflanzt in eurem Wohnheimgarten oder auf dem Balkon ein Salatpflänzchen, statt den Salat abgepackt und für teures Geld im Supermarkt zu kaufen. Und, und, und… Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und vieles könnt ihr mit Freunden machen.
Die schlechte Nachricht ist also: Nachhaltigkeit im Alltag ist nicht immer leicht und bedeutet durchaus Verzicht. Die gute Nachricht: Es lohnt sich, bewusster anstatt in Masse einzukaufen und viele Lebensmittel wegzuwerfen. Zudem ist das oft günstiger als gedacht und schmeckt einfach besser. Es sind die kleinen Schritte, mit denen wir alle nachhaltiger leben können – und die sind nicht so schwer, als dass wir unsere eigenen Ausreden weiter gelten lassen sollten.
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