Im Konzentrationslager von Auschwitz lässt sich ein polnischer Priester austauschen: Er geht anstelle eines Mitgefangenen in den Hungerbunker und stirbt. Die Kirche verehrt ihn als Heiligen. Ein Beitrag von Benedikt Bögle.

Das Szenario kann an Grauen kaum mehr überboten werden. Einer der Häftlinge war aus dem Konzentrationslager in Auschwitz entflohen. Das musste bestraft werden. Da die Schergen des NS-Regimes ihre Wut am Geflüchteten nicht auslassen konnten, wählten sie aus seinem Block zehn Männer aus. Für die Flucht konnten sie nichts, sollten aber doch an der Stelle des Geflohenen in den Hungerbunker gesperrt werden und dort sterben. Einfach so, ohne Grund. Tod und Folter ohne Sinn. Einer der Ausgewählten begann zu weinen. Er sei Vater, sagte er, und müsse durch seinen Tod seine Ehefrau und zwei kleine Kinder zurücklassen.
Stellvertretender Tod
Es wäre den Aufsehern wohl egal gewesen, wäre da nicht ein anderer Mann vorgetreten. Er wolle an der Stelle des Vaters sterben, sagte er. Maximilian Kolbe bot sein Leben im Tausch gegen ein anderes. Die Aufseher gingen darauf ein und Kolbe wurde in den Hungerbunker gesperrt. Der Mann war Franziskaner und Priester. 1894 wurde er in der Nähe von Lodz in Polen geboren und trat gemeinsam mit seinem Bruder in den Franziskanerorden ein. Maximilian Kolbe studierte in Rom und begann nach seiner Priesterweihe, Philosophie in einem Seminar der Franziskaner zu unterrichten.
Kampf gegen das NS-Regime
Kolbe gründete ein Kloster, kam als Missionar nach Japan und wurde direkt nach der Besetzung Polens durch die Wehrmacht verhaftet. Obwohl er bald wieder freigelassen wurde, stellte er sich vehement gegen das Naziregime. Er half Opfern des Krieges, unter ihnen vor allem Juden. Dieser Einsatz brachte den Franziskaner in das Konzentrationslager nach Auschwitz. Und da stand er, als er sein eigenes Leben im Tausch für den Mithäftling anbot. Er hat sich nicht nur für den Tod, sondern auch für die Qualen des Hungers entschieden. Ihm musste klar sein, dass es aus dem Hungerbunker kein Entkommen geben würde. Der Tod war sicher.
Märtyrer: Tod für Andere
Er überlebte länger als seine Mitinhaftierten und soll in seiner Zelle sogar christliche Lieder gesungen haben. Am 14. August 1941 wurde er schließlich mit Gift getötet. Durch diesen Einsatz gilt er für die katholische Kirche als „Märtyrer“, übersetzt heißt das: „Zeuge“. Gemeint sind Menschen, die für ihren Glauben an Jesus Christus sterben. Bei Maximilian Kolbe war zwar nicht der christliche Glaube Grund für seinen Tod, wohl aber seine christliche Haltung. Er hat das Wort Jesu ernst genommen: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ Diese Haltung hat sich Maximilian Kolbe bis zum Ende beibehalten.
Sein Leben zeigt, was einen christlichen Märtyrer ausmacht: Er ist nicht einer, der Leben nimmt, andere im Namen seinen Gottes und Glaubens umbringt. Ganz im Gegenteil. Christlicher Märtyrer ist, wer sein Leben für andere hingibt.
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