Das Christentum in Deutschland hat ein Problem: Umfragen zufolge glaubt nur etwa jeder zweite Deutsche an ein Jenseits und nur knapp 30 Prozent an die Auferstehung. Das verwundert kaum, denn in unserer technisch-naturwissenschaftlich geprägten Welt erscheint es unmöglich, dass man vom Tode aufersteht. Tot ist tot. Kaum ein Theologe würde daher heute eine „Auferstehung“ im streng naturwissenschaftlichen Sinne behaupten. Ist es deswegen aber unvernünftig, an die christliche Auferstehung zu glauben? Wie lässt sich für ein Leben nach dem Tod argumentieren?

Der Glaube an ein Leben nach dem Tod ist nichts genuin Christliches, sondern auch in der Philosophie und in anderen Religionen verbreitet. Das Christentum hat ihn aus dem jüdischen Glauben übernommen: Bereits das Judentum erkannte, dass ein ewiger und seine Schöpfung liebender Gott den Tod des Menschen nicht wollen kann. Der christliche Auferstehungsglaube gründet in Jesus Christus: Da er den Tod überwunden hat, besteht für Glaubende Hoffnung, dass auch sie den Tod einst überwinden werden. Die Metaphern Auferstehung und Auferweckung bedeuteten keine Wiederbelebung, sondern eine Verwandlung in ein neues, unvergängliches Leben. Wie steht es aber mit der Auferstehung Jesu? Während sein Tod am Kreuz historisch gesichert ist – nichtchristliche Quellen bestätigen dies unabhängig voneinander – wird Jesu Auferstehung nur in christlichen Quellen bezeugt. Was spricht dafür?
Ausbreitung des Christentums
Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass Jesus das einflussreichste Leben geführt hat, das je gelebt wurde. Zwei Jahrtausende nach seiner Geburt bekennen sich zwei Milliarden Menschen zum Christentum, nahezu ein Drittel der Weltbevölkerung. Historisch gesehen ist der Glaube an die Auferstehung Jesu entscheidend dafür, dass das Christentum zur Weltreligion werden konnte. Die Wundertaten und Predigten Jesu konnten nicht verhindern, dass seine Anhänger nach seiner Gefangennahme flohen. Nach seinem Tod sind sie verängstigt, ratlos und in Gefahr, den gerade erst von Jesus geweckten Glauben an die alles überwältigende Macht der Liebe und Freiheit wieder zu verlieren. Erst die Auferstehung bringt die Wende, sie macht aus ihnen überzeugte Christen: Nun versammeln sie sich wieder, organisieren sich und missionieren. Eine reine Wunschvorstellung allerdings kann niemanden über den Tod eines geliebten Menschen trösten. Deshalb gilt: Ohne Auferstehung kein Christentum. Sie ist die Initialzündung, die die Jünger Jesu dazu brachte, den Glauben zu verbreiten.
Ergebnisse der historisch-kritischen Methode
In der Neuzeit entstand die Methode der historisch-kritischen Auslegung der Bibel, doch auch sie macht die Auferstehung nicht unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Viele Theologen, Exegeten und Historiker führen die Osterzeugnisse des Neuen Testaments aufgrund einer historisch-kritischen Analyse auf ein reales Geschehen am getöteten Jesus zurück. Interessant ist etwa, dass von jüdischer Seite das leere Grab nicht bestritten, aber eben anders erklärt wird. Diese Erklärungsversuche für das leere Grab sind jedoch wenig überzeugend. Die Behauptung etwa, die Jünger selbst hätten den Leichnam aus dem Grab gestohlen und anderswo verscharrt, ist unwahrscheinlich. Denn es ist offensichtlich, dass Petrus und die anderen tatsächlich an die Wiederauferstehung glauben, dies ohne Wenn und Aber verkünden und sogar bereit sind, dafür in den Tod zu gehen. Wer aber würde um einer selbst ausgedachten Fälschung willen zum Märtyrer werden?
Auch die Tatsache, dass nach der Überlieferung Frauen das leere Grab entdeckten, spricht gegen eine Fälschung. Das Zeugnis von Frauen hat im Judentum nicht viel gegolten, vor Gericht waren sie als Zeugen nicht akzeptiert. Hätte also jemand betrügen wollen, hätte er sicher dafür gesorgt, dass ein Mann das leere Grab bezeugt hätte. Zudem sind der Name des Grabbesitzers Josef von Arimathäa und die Grablegung Jesu authentisch.
Begegnungen mit dem Auferstandenen
Hinzu kommt, dass mindestens die Erscheinungen Jesu vor Petrus, Jakobus und Paulus glaubwürdig sind, weil sie im 1. Brief an die Korinther als feste Formeln in den ersten fünf Jahren nach Jesu Tod fixiert und höchstens drei Jahre später von Paulus bei seinem ersten Jerusalembesuch, bei dem er Petrus und Jakobus traf, übernommen worden sind. Deshalb sind religionsgeschichtliche Einflüsse auf diese jüdischen Zeugen unwahrscheinlich; vielmehr haben sie eigene, wirkliche Erfahrungen überliefert. In ihren Erscheinungen haben sie den Menschen Jesus von Nazareth in völlig andersartiger Gestalt wiedererkannt. Diese Erfahrung haben sie von ihren Glaubensvoraussetzungen her nur als seine Auferweckung oder Auferstehung deuten können. Ihre Erfahrungen hatten den Charakter einmaliger, unwiederholbarer und von Unbeteiligten nicht einsehbarer Begegnungen mit dem Auferstanden.
Auferstehung Jesu als historisches Ereignis?
In einem weiteren Schritt versuchte etwa der evangelische Theologe Wolfhart Pannenberg die Auferstehung Jesu als historisches Ereignis zu erweisen: Die ältesten Berichte der Erscheinungen Jesu und der Auffindung seines leeren Grabes seien im Neuen Testament erkennbar ursprünglich getrennt überliefert worden und etwa gleichzeitig entstanden. Da die einzelnen Begegnungen der Jünger mit dem Auferstandenen räumlich und zeitlich weit auseinander lagen, seien sie nicht psychogen und subjektiv aus besonderer Veranlagung, Erregungszuständen oder schon vorhandenem Osterglauben erklärbar. Vielmehr sei dieser Osterglaube nur als Reaktion auf das in den Visionen Erfahrene verstehbar.
Da nur reale Jesuserscheinungen die Entstehung des Urchristentums erklären könnten, müsse man Jesu Auferstehung als historisches Ereignis betrachten, auch wenn dieses nicht allgemein wahrnehmbar und nur in symbolischer Sprache aussagbar sei. So hebt der Katechismus der Katholischen Kirche auch hervor, dass die Auferstehung Jesu Christi als gleichzeitig geschichtliches und transzendentes Ereignis und als Werk der Dreieinigkeit zu sehen sei: Sie sei durch den Willen des Vaters, durch die göttliche Macht Jesu Christi und das Wirken des Heiligen Geistes geschehen.
Die theologische Argumentation
Theologisch ist der Fall eindeutig: Ohne Auferstehung ist Jesu Tod sinnlos. Denn dann wäre er nicht der Messias, dessen Tod universelle Heilsbedeutung zukommt. Nur wenn Jesus von den Toten auferweckt wurde, dann hat er uns Menschen erlöst, also mit seinem Tod ein für allemal, für alle Menschen aller Zeiten, den Tod besiegt und den Weg ins Himmelreich frei gemacht. Schon Paulus betont in seinem Korintherbrief die fundamentale Bedeutung der Auferstehung für den christlichen Glauben: „Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist all unsere Predigt und euer ganzer Glaube sinnlos.“ Ohne die Auferstehung, so der Theologe Patrick Becher, könne man Jesus „nur noch als einen Erfolgstrainer oder Glücksguru verstehen, als ethisches Vorbild vielleicht oder auch weisen Ratgeber“. Dann falle das Christentum in sich zusammen.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. erklärte deshalb immer wieder, dass alle christliche Theologie, soll sie ihrem Ursprung treu bleiben, zuinnerst und zuerst Theologie der Auferstehung sein müsse. Und nach den Worten von Papst Franziskus ist das Christentum „keine Ideologie, kein philosophisches System, sondern ein Weg des Glaubens“. Die christliche Botschaft trete von außen an die Menschheit heran; „ihr Kern ist die Auferstehung Jesu, die von seinen ersten Jüngern bezeugt worden ist.“ Die Auferstehung beginne bereits, so Franziskus weiter, wenn Christen den Wert des Lebens bekräftigten und „inmitten der Plagen der Welt, inmitten der Weltlichkeit, die von Gott entfernt, Gesten der Solidarität und der Aufnahme setzen.“
Sprung in den Glauben
Ob einen die Argumente überzeugen, muss jeder für sich entscheiden. Die Auferstehung Jesu lässt sich nicht naturwissenschaftlich beweisen. Die vielfältigen Argumente zeigen aber, dass der Auferstehungsglaube plausibel und nicht unvernünftig ist. Dennoch: Es bleibt letztlich eine Frage des Glaubens. Diesen Sprung in den Glauben – wie Sören Kierkegaard es schreibt – muss jeder selbst machen. Ob man diese Verwandlung in ein neues, unvergängliches Leben für möglich hält, hängt davon ab, ob man Wirklichkeit über das empirisch Feststellbare hinaus annimmt. Und damit sind wir bei der Frage, die sich eigentlich zuerst stellt: Glaube ich an Gott? Wer an Gott glaubt, geht davon aus, dass er die Welt erschaffen hat. Wenn Gott aber unsere Welt mit all ihrer Schönheit und Komplexität aus dem Nichts erschaffen hat, warum sollte er dann nicht auch in der Lage sein, Tote zum Leben aufzuerwecken? Gegenüber der Erschaffung der Welt wäre das ein Klacks. Die Frage des Artikels könnte demnach auch lauten: Was traue ich Gott zu?
Es ist nicht vernünftig an die Auferstehung zu glauben, da Tod und Auferstehung sich aufheben, und unterm Strich komtm so heraus: Kein Opfer.
Oder, etwas anders ausgedrückt:
– Minus sei Tod, und
+ sei auferstehung.
So hiesse die Formel: -1 + 1 = 0, und as heisst: Kein Opfer. Daraus wiederum folgt: Jesus Christus war nie etwas anderes als eine von Menschen erschaffene Fälschung.
Vielen Dank für den Kommentar. Die Rechnung würde nur stimmen, wenn Tod = -1 und Auferstehung = +1 wären. Als Christen gehen wir jedoch davon aus, dass der Tod das irdische, endliche Leben beendet, damit aber zugleich das ewige Leben beginnt. Die Rechnung könnte lauten: -1 + X = ∞. Tod und Auferstehung heben sich also nicht auf, sondern der Tod ist das Tor zu mehr: zum ewigen Leben.
Zu behaupten, Jesus sei eine Fälschung, ist unwissenschaftlich, denn historisch ist gesichert, dass ein Mann namens Jesus von Nazareth gelebt und auch gekreuzigt worden ist. Zahlreiche nichtchristliche Quellen bestätigen dies. Die Auferstehung bleibt freilich eine Glaubensfrage.