Zu lange Computer spielen, Rauchen oder zu viel Alkohol – oft wollen wir unerwünschte Gewohnheiten loswerden. Das ist meist gar nicht so einfach. Aber habt ihr schon einmal überlegt, was der Grund dafür sein könnte? Wenn wir verstehen, wie Gewohnheiten entstehen und warum wir sie benötigen, dann können wir sie auch verändern und zu unserem Vorteil nutzen.
Wie entstehen Gewohnheiten?
Gewohnheiten entstehen im Laufe unseres Lebens auf der Basis unserer Erfahrungen. Am Anfang einer Gewohnheit steht eine Handlung, die bewusst durchgeführt wird. Wiederholen wir diese regelmäßig, kann daraus eine Gewohnheit werden.
Dahinter steckt ein klassischer Lernprozess. Vielleicht habt ihr schon einmal von der operanten Konditionierung gehört. Dabei wird eine Handlung (Reaktion) mit einem oder mehreren Auslösern (Reizen) verknüpft. Diese Verbindung zwischen Reiz und Reaktion kann verstärkt werden, wenn auf die Handlung eine Belohnung folgt. Aufgrund der positiven Verstärkung wird es wahrscheinlicher, dass das Verhalten gezeigt wird.
Wenn wir merken, dass ein Verhalten immer wieder zu der erwünschten Belohnung führt, kann sich aus dem verstärkten Verhalten eine Gewohnheit bilden. Eine Gewohnheit kann durch verschiedene Reize ausgelöst werden und unterschiedliche Verlangen befriedigen. So kann zum Beispiel die Gewohnheit des Rauchens einer Zigarette als Reaktion auf Stress, genauso aber auch als Reaktion auf Langeweile, gezeigt werden, mit dem Ziel sich abzulenken. Vielleicht rauche ich auch, weil ich in einer anderen Situation dadurch eine weitere Belohnung erhalte, wie zum Beispiel das Gefühl sozialer Zugehörigkeit.
Warum brauchen wir Gewohnheiten?
Gewohnheiten sind nicht nur etwas Lästiges, sondern auch notwendig und nützlich, damit wir im Alltag funktionieren können. Sie helfen uns dabei, Handlungen automatisiert auszuführen, ohne dass wir dafür viel Kraft und Konzentration aufwenden müssen. Wir müssen nicht mehr über jeden Schritt nachdenken.
Denk doch zum Beispiel einmal an das tägliche Zähneputzen. Vermutlich wirst du dabei nicht mehr überlegen, wie du die Zahnbürste bewegst. Wahrscheinlich kannst du sogar während des Zähneputzens an ganz andere Dinge denken. Das funktioniert auch mit komplexeren Handlungen, wie dem Autofahren. Während wir in unseren ersten Fahrstunden noch auf jeden kleinen Handlungsschritt konzentriert waren, laufen diese inzwischen ganz automatisch ab. Wie du siehst, macht es also durchaus Sinn, dass wir uns an Dinge gewöhnen. Das spart Ressourcen und führt dazu, dass uns Dinge leichter fallen.
Die meisten unserer Gewohnheiten sind gut und helfen uns, im Alltag zurechtzukommen. Jeder von uns hat aber auch Gewohnheiten, die er oder sie vielleicht loswerden möchte. Aber wie können wir eine unerwünschte Gewohnheit verändern?
Unerwünschte Gewohnheiten loswerden
Eine unerwünschte Gewohnheit wirst du am besten los, indem du sie durch eine neue ersetzt. Dafür sollte ein neues Verhalten mit dem alten Auslöser verknüpft werden und möglichst gut das gleiche Bedürfnis erfüllen, das bisher mit der alten Gewohnheit befriedigt wurde. Stell dir vor, du spielst Computerspiele, um dich nicht einsam zu fühlen. Dieses Bedürfnis nach Zugehörigkeit könntest du auch stillen, indem du einen Freund anrufst.
Wenn du eine alte Gewohnheit durch eine neue ersetzen möchtest, frage dich dabei:
- Warum möchte ich meine aktuelle Gewohnheit verändern? Was ist meine Motivation dahinter?
- Was sind Auslösereize für meine Gewohnheit?
- Welches Verlangen steckt hinter meinem gewohnten Verhalten?
- Wie könnte ich dieses Verlangen auch anders befriedigen?
Wenn du diese Fragen für dich beantwortet hast, ist ein erster Schritt getan. Als nächstes geht es daran, aktiv zu versuchen, die neue Gewohnheit aufzubauen. Setze hierbei den Fokus auf das Positive und konzentriere dich darauf, was du erreichen möchtest. Auf positive Ziele hinzuarbeiten, bringt uns weiter, negative Ziele zu verfolgen, hemmt uns eher.
Neue Gewohnheiten aufbauen
Natürlich kannst du auch eine neue Gewohnheit aufbauen, ohne das Ziel, damit eine alte zu überlagern. Der Weg ist ein ähnlicher.
Du kannst dich dann fragen:
- Warum möchte ich diese Gewohnheit aufbauen? Was ist meine Motivation dahinter?
- Was für ein Verlangen möchte ich damit befriedigen?
- Was können Auslösereize für meine Gewohnheit sein?
- In welchen Situationen kann ich diese Gewohnheit gebrauchen?
Du lernst so, Auslösereize und Belohnungen bewusst zu nutzen, um den Aufbau einer Gewohnheit zu erleichtern. Wichtig ist, ohne Belohnung funktioniert es nicht. Denn aus Sicht des Gehirns bildet das den Zweck einer Gewohnheit. Als Belohnung kommt alles in Frage, was im Gehirn zu einer Ausschüttung von Dopamin, einem Glückshormon, führt. Auch ein Gedanke oder ein Gefühl kann eine Form von Belohnung sein.
Einige Gewohnheiten sind außerdem miteinander verbunden. Ein gutes Beispiel ist die Kombination von Sport und gesunder Ernährung. Mein Ziel kann es sein, etwas für meine Gesundheit zu tun und die Belohnung, dass ich mich fitter fühle. Wenn ich etwas für meine Gesundheit tue, indem ich mich vermehrt bewege, wird es mir auch leichter fallen, mich gesünder zu ernähren.
Wie lange dauert es, eine Gewohnheit aufzubauen?
Studien zeigen – neue Gewohnheiten sind im Schnitt nach ca. 66 Tagen verwurzelt [1]. Natürlich ist das keine punktgenaue Angabe. Sie gibt dir aber einen guten Anhaltspunkt und zeigt, dass wir nicht erwarten dürfen, eine Gewohnheit von heute auf morgen zu verändern oder aufzubauen. Sei also gut zu dir selbst, gib dir Zeit und erlaube dir Fehler. Es ist ganz normal, dass eine Gewohnheit, die wir vielleicht über Jahre gezeigt haben, nicht innerhalb weniger Tage von einer neuen Gewohnheit überlagert werden kann. Es kann passieren, dass du, wenn du nicht darüber nachdenkst, ganz automatisiert in deine alte Gewohnheit zurückfällst. Oder aber du versuchst, eine neue Gewohnheit aufzubauen und merkst, dass es dich zu Beginn einige Disziplin kostet, diese immer wieder zu zeigen. All das ist ganz normal. Du kannst den Prozess des Aufbaus einer Gewohnheit aber beschleunigen, indem du insbesondere zu Beginn die Gewohnheit so oft wie möglich umsetzt.
Warum sollte ich meine Gewohnheiten schätzen?
Wie zu Beginn erläutert, sind Gewohnheiten gut und wichtig, da sie uns das Leben erleichtern können. Wir sollten also nicht nur daran denken, welche Gewohnheiten wir verändern wollen. Vielmehr sollten wir uns auch unsere guten Gewohnheiten immer wieder bewusst machen und sie zu schätzen lernen. Frag dich doch einmal, welche guten Gewohnheiten du in deinem Leben hast und warum du sie benötigst. Das wird dir helfen, deine Gewohnheiten nicht mehr als Feind zu sehen.
Mach dir außerdem bewusst, dass du deine aktuellen Gewohnheiten einmal entwickelt hast, auch die guten. Selbst wenn es zu Beginn einiger Kraft und Disziplin bedarf – wir haben immer die Möglichkeit, neue Gewohnheiten zu entwickeln. Wir selber können aktiv bestimmen, welche Gewohnheiten wir aufbauen möchten. Es bedarf dazu lediglich eines gesunden Selbstvertrauens und der Überzeugung, etwas verändern zu können. Damit wird es dir leichter fallen, eine Zeit lang durchzuhalten, bis die Veränderung eintritt. Die Erfahrung, erfolgreich eine Gewohnheit aufgebaut zu haben, wird dir außerdem Kraft und Motivation geben, in Zukunft weiter aktiv an dir und deinen Gewohnheiten zu arbeiten.
Merke dir: Auch Gewohnheiten können uns auf unserem Weg zu mehr Zufriedenheit, Erfolg und Wohlbefinden helfen – wenn wir sie verstehen, schätzen und nutzen.
Literatur:
1. Lally, P., van Jaarsveld, C. H. M., Potts, H. W. W. und Wardle, J. (2010). How are habits formed: Modelling habit formation in the real world. European Journal of Social Psychology, 40; 998-1009. https://doi.org/10.1002/ejsp.674
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