Einmal kurz ziellos den Feed auf Instagram durchsuchen, danach stundenlang Videos auf Youtube anschauen oder den Fernseher anschalten – wie bei vielen anderen Menschen sieht so oft ein Tag in meinem Leben aus. Damit soll nun aber Schluss sein! Ein Selbstversuch.
Egal ob beim Frühstück, im Straßenverkehr oder an der Universität: Für viele von uns sind elektronische Geräte im Alltag kaum mehr wegzudenken. Sie unterhalten uns, weisen uns den Weg zu unbekannten Orten oder geben uns blitzschnell beliebige Informationen. Nicht selten geht dies über den gelegentlichen Gebrauch hinaus, denn vor allem Handys sind in den vergangenen Jahren zu unserem ständigen Begleiter geworden. Schaut man sich einmal in einem Café um, bemerkt man, dass nur noch wenige Menschen ein Buch lesen oder sich mit ihrem Gegenüber unterhalten, sondern so gut wie alle auf ihre Handys starren oder irgendetwas in ihren Laptop tippen.
Um ehrlich zu sein, erwische auch ich mich immer wieder dabei, wie ich mich von Instagram, Youtube und Co. vollkommen einnehmen lasse. An manchen Tagen besteht mein Lebensinhalt nur daraus, sinnlos das Internet zu durchstöbern oder ständig voller Erwartungen meine Nachrichten zu überprüfen. Mittlerweile hat es ein Pensum erreicht, das ich mit mir nicht mehr vereinbaren kann. Um dem entgegenzuwirken, habe ich mir etwas überlegt: Für die nächsten 48 Stunden verabschiede ich mich komplett von meinem Handy, Laptop und Fernseher, um mich daran zu erinnern, dass ein Leben auch ohne diese Geräte möglich ist!
So produktiv wie noch nie!
Der erste Tag ist angebrochen. Schwermütig quäle ich mich aus dem Bett, mache mich fertig und setze mich anschließend an den Frühstückstisch. Bisher habe ich noch nichts von meiner „Abstinenz“ gespürt, da ich sonst auch nur selten direkt nach dem Aufstehen oder während dem Frühstück nach meinem Handy greife. Erst als ich mich in mein Wohnzimmer setze, stelle ich mir das erste Mal die Frage „Was nun?“. Eine Frage, die ich mir insbesondere an diesem Tag noch viel öfters stellen würde. Üblicherweise hätte ich meinen Laptop hochgefahren oder den Fernseher eingeschaltet, ohne überhaupt zu wissen, was ich sehen wollte. Nachdem ich einige Minute schweigsam auf meinem Sofa verweile, fällt mir ein, dass ich vor einiger Zeit darüber nachgedacht hatte, mein Französisch ein wenig aufzubessern. Also schnappe ich mir meine alten Französischbücher und fange mit dem Lernen an.
Einige Stunden später wird es Zeit, das Mittagessen vorzubereiten. Bevor ich damit anfange, bemerke ich, wie ich kurz davor bin die Fernbedienung in die Hand zu nehmen, frage mich jedoch: „Wieso wollte ich den Fernseher einschalten, obwohl ich doch eigentlich mit Kochen beschäftigt war? Nur damit im Hintergrund etwas läuft? Wo ist der Sinn?“. Auch als ich später aufräume, lässt mich dieser Gedanke nicht los, denn es herrscht eine ungewohnte Stille. Üblicherweise sorge ich beim Putzen immer für ein paar Hintergrundgeräusche, um mich ein wenig zu motivieren. Und sei es nur leise Musik. Darauf musste ich nun allerdings verzichten.
Besonders am Abend wird die seit Stunden herrschende Stille ungewohnt und ich fühle mich komischerweise auch ein wenig einsam. Während viele andere gerade vermutlich vor dem Fernseher sitzen, nehme ich mir ein Buch zur Hand. Das mache ich doch relativ selten, muss ich zugeben und gestehe mir ein, dass ich das wohl öfter machen sollte. Einige Seiten später entscheide ich mich ins Bett zu gehen. Als ich den Tag Revue passieren lasse, fällt mir auf, dass sich dieser Tag doch länger angefühlt hat als jeder andere, allerdings nicht im negativen Sinne. Ich hatte viel mehr zustande bekommen, als an anderen Tagen. Das zu wissen, gibt mir ein gutes Gefühl.
Überstehe ich die letzten Stunden?
Der zweite Tag fällt mir schon etwas leichter. Nachdem ich gefrühstückt und mich fertig gemacht habe, begebe ich mich ins Wohnzimmer und stürze mich sofort auf das Buch, welches ich am Tag zuvor zu lesen begonnen hatte. Das Buch fesselt mich ungemein, weswegen es mir zunächst nicht schwer fällt offline zu bleiben. Später beim Mittagessen muss ich mich allerdings für kurze Zeit geschlagen geben, denn mein Vater möchte unbedingt den Doppelpass anschauen, was ich ihm natürlich nicht abschlagen kann. Anschließend verbringen meine Eltern und ich noch weiter Zeit miteinander und besuchen sogar ein regionales Museum. Als wir wieder zu Hause angekommen sind, setze ich mich erstmal wieder auf mein Sofa und döse vor mich hin, bevor ich mich wieder meinem Buch widme.
Die restlichen Stunden des Tages waren nicht sehr spektakulär, da ich wie am gestrigen Abend lediglich mein Buch weitergelesen habe. Es hatte sich nur eine Kleinigkeit ereignet, die ich beichten muss: Ich bin eingeknickt und habe meinen 48 Stunden Detox ein wenig verkürzt. Ab einem gewissen Zeitpunkt wurde das Lesen ein wenig eintönig, da ich schließlich die letzten zwei Tage hauptsächlich nur damit verbracht hatte und in mir brannte die Lust, meinen Abend mit einem Film ausklingen zu lassen. Diesem Drang konnte ich leider nicht widerstehen, weswegen ich dann tatsächlich den Fernseher angeschaltet habe. Zugegeben habe ich mich schon ziemlich schuldig gefühlt und war enttäuscht, dass ich mein Vorhaben nicht bis zum Schluss durchgesetzt habe. Allerdings werde ich mich davon nicht herunterziehen lassen, sondern es in Zukunft einfach besser machen.
Schon bald wieder offline?
Im Großen und Ganzen bin ich dennoch zufrieden damit, dieses Experiment gemacht zu haben. Denn ich habe gemerkt, wie oft ich meine elektronischen Geräte zuvor benutzt habe, ohne sie wirklich zu brauchen. Im Wesentlichen wurde mir bewusst, dass ich viel öfter „offline“ gehen sollte, selbst wenn es nur ein Tag in der Woche oder jeden Abend ab 18 Uhr ist. Genau das würde ich auch jedem anderen empfehlen, der das Gefühl hat, er oder sie verbringe seine Zeit viel zu oft vor einem Bildschirm. Dieses Verhalten nimmt uns nicht nur unnötig Zeit, sondern schadet auch unserer Gesundheit, unseren Beziehungen und unserer gesamten Lebensqualität.
Probier es doch auch mal aus! Was für Erlebniserfahrungen hast Du gemacht?
Jonas Claasen
Das ist wirklich mal ein kreatives Experiment. Vielleicht sollten wir uns manchmal wieder auf das Wesentliche in unserem Leben konzentrieren. So einen Artikel gab es hier doch bereits. Warum jetzt schon wieder fast das gleiche Thema? Ziemlich unkreativ. Ich denke darin liegt eine große Chance für unsere Gesellschaft. Weiter so f1rstlife! Großes klasse!