Über 50 Jahre Bürgerkrieg, mehr als 220.000 Tote, Millionen Vertriebene. Und doch: In einem Referendum haben die Kolumbianer gegen das Friedensabkommen gestimmt, an dem die beiden Kriegsparteien vier Jahre lang gearbeitet haben. Wie kam es zu diesem Votum und wie geht es nun weiter?

Seit den 60er Jahren herrscht in Kolumbien Bürgerkrieg zwischen den Links-Rebellen der Farc und den Anhängern des Ex-Präsidenten Uribe. Hunderttausende kamen ums Leben und Millionen sind auf der Flucht. Doch in der letzten Woche konnte man das erste Mal hoffnungsvoll auf Kolumbien schauen. Denn Präsident Juan Manuel Santos und Farc-Kommandeur Timoleón Jiménez unterzeichneten ein Friedensabkommen. Vier Jahre lang hatten beide Seiten an dem Vertrag gearbeitet, der die Gewalt in Kolumbien hätte beenden sollen. Was noch fehlte war die Zustimmung des Volkes, die durch ein Referendum eingeholt werden sollte.
Doch diese Zustimmung blieb aus. Mit einer hauchdünnen Mehrheit haben die Kolumbianer gegen das Friedensabkommen gestimmt. Nun läuft der bisher anhaltende Waffenstillstand nur noch bis Ende Oktober. Keine Prognose hatte dieses Ergebnis kommen sehen. Wie kam es also zu diesem Votum?
„Wichtig ist: Das Volk ist nicht gegen den Frieden sondern gegen dieses Abkommen“, so die Kolumbien-Referentin des Hilfswerks Adveniat, Monica Lauer-Perez. Viele Kolumbianer bemängelten, dass das Abkommen nicht transparent genug diskutiert worden sei. Nach vier Jahren der Verhandlung fühlten die Menschen sich vor vollendete Tatsachen gestellt. Viele gingen aus diesem Grund nicht zur Wahl, oder stimmten mit Nein, um zu protestieren. Der schlechte Informationsfluss habe es auch Propagandisten einfach gemacht, das Volk zu manipulieren.
Vor allem Anhänger des Ex-Präsidenten Álvaro Uribe lehnen den Friedensvertrag ab – besonders die Bewohner der Städte Kolumbiens, denn in den Städten sind die Menschen vom Guerilla-Krieg deutlich weniger betroffen als die Menschen auf dem Land. Folglich haben die Konsequenzen des Abkommens für sie eine höhere Priorität als für die Landbewohner, die unter den Folgen des Bürgerkriegs leiden. In der Kritik stehen vor allem die milden Strafen, die für die Guerilleros vorgesehen waren. Selbst schwerste Verbrechen sollten nur mit maximal acht Jahren Haft bestraft werden. Rebellen, die ihre Taten bereuen, sollten lediglich Sozialstunden leisten müssen. Darüber hinaus hätte das Abkommen der Farc politischen Einfluss garantiert; zehn Abgeordnetenmandate sollten ihnen für die kommenden zwei Wahlperioden zugesichert werden.
„Tot ist der Friedensprozess deswegen jedoch nicht“, so Lauer-Perez. Im Gegenteil: Der Friedensnobelpreis an Kolumbiens Präsidenten Juan Manuel Santos signalisiere, dass sich das Land auf dem richtigen Weg befinde. Der nächste Schritt sei es, deutlich mehr Menschen in die Verhandlungen einzubeziehen. Gerade die Kolumbianer, die mit Nein gestimmt hätten, sollten nun Teil der Verhandlung werden. Ein Einheitsgefühl des Volkes müsse durch das gemeinsame Ziel wiederhergestellt werden. „Sicherlich liegt bereits ein harter Weg hinter uns und ein ebenso harter vor uns“, prognostiziert Monica Lauer-Perez. Doch der Friedensnobelpreis an den Präsidenten gebe dafür den „richtigen Rückenwind.“
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