Der römisch-katholische Bischof von Odessa sieht Ukrainer und Russen als Opfer von Putins Kriegsverbrechen: „Wir Ukrainer sind die Opfer des Krieges, das russische Volk ist ein Opfer der Propaganda.“ Von Benedikt Bögle.
Stanislaw Schyrokoradjuk ist römisch-katholischer Bischof der ukrainischen Hafenstadt Odessa. Bei einer Konferenz des päpstlichen Hilfswerkes „Kirche in Not“ äußerte er sich zur Situation der ukrainischen Bevölkerung. Für ihn sind nicht nur die Ukrainer Opfer von Putin – sondern auch die Russen: „Wir Ukrainer sind die Opfer des Krieges, das russische Volk ist ein Opfer der Propaganda“, so Bischof Stanislaw. Der Krieg sei „kein Konflikt zwischen den beiden Völkern.“ Allerdings sei Russland von der Propaganda der russischen Regierung beherrscht. Viele Bewohner hätten keinen Zugang zu vollständigen Informationen. „Ich hoffe, dass ihnen die Augen geöffnet werden, damit der Friede kommen kann“, so Bischof Stanislaw.
„So viel Blut“
Odessa ist eines der Zentren des Krieges. Bischof Stanislaw berichtet von täglichen Luftalarmen und Angriffen: „So viele Ruinen, so viele Tränen, so viel Blut in unserem Land.“ Ähnlich wie Odessa leiden auch die Hafenstände Mykolajiw und Cherson. „Die Kinder haben beim Beschuss Hände oder Füße verloren; es ist furchtbar!“, sagt der Bischof. Doch auch angesichts dieser Opfer betont er die Ausrichtung der Ukraine: Es gäbe für die Bevölkerung keine Alternative zur Freiheit, zur Unabhängigkeit und zur Orientierung an Europa.
„Kreuzweg“ der Ukraine
„Das ist unser Weg, den wir gewählt haben. Diesen Weg wollen wir weitergehen, auch wenn er für uns alle ein Kreuzweg ist“, sagt Bischof Stanislaw Schyrokoradjuk. Gleichzeitig betonte er gegenüber „Kirche in Not“, die humanitäre Versorgung sei weitgehend gesichert. Die Stadt Lwiw in der Westukraine sei augenblicklich ein Sammelpunkt für die aus Polen und dem restlichen Europa stammenden Hilfsgüter – diese würden dann auch nach Odessa weitergeleitet. Der Transport erfolge oft unter Lebensgefahr.
Hilfe für alle
„Wir helfen ohne Ansehen der Religion oder Nationalität – in Odessa leben Menschen aus 120 Nationen“, so Bischof Stanislaw. Das beinhaltet auch die Zusammenarbeit verschiedener Konfessionen – im Krieg halten die Menschen zusammen. „Die Menschen haben den Humor nicht verloren und versuchen, auch die positive Seite des Lebens zu sehen. So ist Odessa!“. Unterstützt wird das Bistum auch vom päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“; Bischof Stanislaw zeigte sich angesichts dieser Solidarität dankbar.
„Kirche in Not“ ist ein Hilfswerk, das nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen wurde. Der belgische Prämonstratenser Werenfried van Straaten half Kriegsvertriebenen; sein Hilfswerk besteht bis heute. „Kirche in Not“ unterstützt verfolgte und bedrängte Christen auf der ganzen Welt – so nun auch in der Ukraine. Nach Beginn des Kriegs hat „Kirche in Not“ 1,3 Millionen Euro bereitgestellt.
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