Die Texte des ersten Weihnachtstages sprechen von der großen Bedeutung Jesu und seiner Geburt. Und sie sprechen dem Menschen Hoffnung und Würde zu, wie unser Autor Benedikt Bögle erklärt.

Wenn Christen Gottesdienst feiern, dann erinnern sie sich immer an das ganze Handeln Gottes an den Menschen. Das nennt man „Heilsgeschichte“. Gottes Handeln in der Welt und an den Menschen lässt sich nicht nur auf singuläre Ereignisse verengen und begrenzen. Sicher – in der Realität wirkt das manchmal anders. So wie Christen am Karfreitag des Todes Jesu und an Ostern seiner Auferstehung gedenken, so feiern sie an Weihnachten seine Geburt. Im Mittelpunkt steht das Geschehen im Stall von Bethlehem. Dies aber darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass zum Heilsgeschehen die ganze Geschichte Gottes mit den Menschen gehört. Das beginnt mit der Erschaffung des Menschen und dauert noch heute an, bis Gott einst diese Welt vollenden wird.
Jesus und die Schöpfung
So weit holt auch das Evangelium (Johannes 1,1-18) vom Weihnachtstag aus. In diesen Versen gibt der Evangelist gleichsam eine Leseanweisung für sein Evangelium, liefert einen Prolog für sein Werk. Er erklärt, wer Jesus ist, woher er kommt. Das tun die Evangelisten auf unterschiedliche Weise, Matthäus und Lukas bieten Berichte über die Geburt des Herrn, Johannes tut das mit einem eher grundsätzlichen Text: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ (Johannes 1,1) Durch diese Wortwahl verbinden Johannes die Geschichte Jesu mit der Erschaffung der Welt, denn das Buch Genesis beginnt mit den gleichen Worten: „Am Anfang“. Von Anfang an war Jesus bei Gott, er ist gleichsam vor aller Schöpfung. Das Wort, das Gott in der Schöpfung spricht, ist Jesus.
Gott ist einer – und drei
Und Jesus ist Gott. Oder besser: göttliches Wort. Im Christentum spricht man gerne davon, Gott sei Mensch geworden. Der heutige Text stützt das nicht ganz. Denn Johannes unterscheidet hier. Wo es um Gott, den Vater, geht, schreibt er „ho theós“ – „der Gott“. Wo es um das Wort geht, um Jesus, steht nur „theós“, „Gott“. Der Artikel fehlt. Korrekter also könnte man sagen: Gottes Wort ist Mensch geworden. Und so kann Johannes, wie es ja auch der christlichen Trinitätstheologie entspricht, einen Unterschied zwischen den göttlichen Personen machen. Vater, Sohn und Geist sind zwar alle Gott und sind auch nur ein einziger Gott, aber es lassen sich eben doch drei göttliche Personen festmachen. Und eine dieser Personen ist das Wort, ist Jesus. Dieses Wort ist Licht und Leben, wie Johannes schreibt. Die ganze Schöpfung basiert auf ihm: „Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“ (Johannes 1,3)
Die Würde des Menschen ist wiederhergestellt
Das große Geheimnis, das an Weihnachten gefeiert wird, ist, dass dieses Wort „Fleisch“ wird. Dieser Satz ist so gewichtig, dass sich in der Kirche der Brauch entwickelt hat, den Kopf zu neigen, wenn es heißt: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ (Johannes 1,14). Gott will sich so sehr auf die Menschen einlassen, dass er das Leben mit ihnen teilt. Er wird selbst Mensch, ohne dass er das müsste. Durch sein Handeln in dieser Welt hat er jedem Menschen eine unvergleichliche Würde gegeben. Davon spricht auch das Tagesgebet an Weihnachten: „Allmächtiger Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer wiederhergestellt.“
Gott erlöst sein Volk
Angesichts dieser großen Zusage Gottes an die Menschheit bleibt eigentlich nichts anderes, als in Jubel auszubrechen. Und genau das tut die erste Lesung (Jesaja 52,7-10): „Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, der eine frohe Botschaft bringt und Rettung ankündigt, der zu Zion sagt: Dein Gott ist König.“ (Jesaja 52,7) Der Prophet spricht hier in eine außergewöhnliche Situation Israels. Die Oberschicht Jerusalems war ins Exil nach Babylon verschleppt worden. Am Ende dieses Exils können sie wieder in die Heimat zurückkehren. Das ist die Freudenbotschaft, die Jesaja verkündet. Gott ist ein König, der rettet. Sogar die Trümmer Jerusalems werden aufgefordert, in Jubel auszubrechen: „Denn der Herr tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem.“ (Jesaja 52,9).
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