Mit ihren weit über 200 Kilogramm Körpergewicht bewegen sie sich sehr langsam durch das feucht-tropische Hochland auf Santa Cruz und durchqueren zugleich bei Temperaturen von über 30 Grad Celsius das Gestrüpp auf Isabella. Die Rede ist von ausgewachsenen Galápagos-Schildkröten. Den Tieren, die den über 100 Eilanden vor der Küste Ecuadors ihren Namen gegeben haben. Wie etliche andere Lebewesen auf den Inseln sind die Galápagos-Schildkröten eine endemische Art. Ein Tier also, das nur dort und an keiner anderen Stelle auf unserer Erde vorkommt.
Die zahlreichen einzigartigen Vögel, Reptilien, Amphibien und Insekten verdanken ihre Besonderheit den Inseln selbst. Weil sie rund 800 Kilometer vom nächsten Festland entfernt liegen, gab es bevor der Mensch die Inseln ab dem 16. Jahrhundert erstmals spärlich bevölkerte, kaum eine Möglichkeit für Tiere aus Ecuador oder anderen Teilen Südamerikas auf die Inseln zu gelangen. Lediglich der Zufall konnte dazu beitragen, wie das Beispiel der roten Flamingos zeigt, die einst vor dem Winter des Kontinents flohen. Doch starke Winde brachten die leicht gebauten Tiere von ihrer ursprünglichen Route ab und trieben sie auf den offenen Pazifik. Da es dort keine Möglichkeit zum Landen gab und die geschickten Gleiter nicht in der Lage sind zu schwimmen, waren sie dazu verdammt, weiter zu fliegen. Nach einer tagelangen Reise strandeten einige Exemplare letztendlich auf den Galápagos-Inseln und wurden dort wohnhaft.
Überlebenskampf im Pazifik
Sind die Tiere erst einmal auf dem Archipel angekommen, bedeutet ihre Heimat für die Neuankömmlinge nicht immer eine positive Veränderung im Gegensatz zur vorherigen Situation. Schließlich lebten in diesem Naturraum bereits nach kurzer Zeit Konkurrenten der eigenen Spezies, die den Kampf um die teils spärlichen Ressourcen erschwerten. Folglich mussten und müssen neue Bewohner des Archipels einen Überlebensplan entwickeln, um auf den vulkanischen Inseln, die bis zum heutigen Tag weiter wachsen, sich gegen Mitbewerber durchzusetzen. Nur wie finde ich Nahrung und Brutplätze in einem Gebiet, das bereits ausreichend bevölkert ist?
Die Antwort auf diese entscheidende gab der britische Evolutionsbiologe Charles Darwin mit seiner Theorie zur adaptiven Radiation. Anhand der nach ihm benannten Finken lässt sich dieses biologische Prinzip verständlich erklären. Wie auch die Flamingos sind auch die Finken durch einen Zufall auf den Galápagos-Inseln gelandet. Zunächst gab es genügend Essen und Brutplätze für alle Tiere. Doch das änderte sich. Durch die hohe Vermehrungsrate wurde der verfügbare Raum und die Nahrung weniger, sodass sich durch Separation 14 Unterarten ausbildeten, die sich beispielsweise durch ihre Schnabelform unterscheiden und somit unterschiedliche Nischen ausfüllen. Somit hatte die Natur die Konkurrenzproblematik gelöst und zugleich weitere wunderbare Lebewesen geschaffen.
Der Sucht und Lust Einhalt gebieten
Vor diesem äußerst interessanten wissenschaftlichen Hintergrund ist es kein Wunder, dass Tag für Tag seit etwa 20 Jahren etliche Besucher auf die Galápagos-Inseln strömen. Entweder kurz und bequem per Flugzeug oder lang und abenteuerlich per Boot kommen Ecuadorianer und Ausländer auf den vulkanischen Archipel. Um dieses Naturparadies vor vollkommener Überfüllung und damit einhergehender Zerstörung zu schützen, hat die Regierung einige sinnvolle Gesetze verabschiedet. Zum einen ist die Anzahl der Touristen beschränkt, zum anderen die maximale Bebauung der einzelnen Inseln limitiert. So dürfen auf Santa Cruz nur drei Prozent der Insel mit Gebäuden bedeckt sein. Die restlichen 97 Prozent der Insel sollen Naturschutzgebiet bleiben. Der Eintrittspreis von 110 Dollar und die hohen Hotelkosten tragen außerdem dazu bei, Besuchermassen abzuhalten.
An diesem fast unberührtem Fleck im Pazifik wird sichtbar, was möglich ist, wenn der Mensch sich effektiv für die Natur einsetzt. Dieses Engagement ermöglichte es mir und Tausenden anderen Besucher Einzigartiges zu erleben. Wer kann von sich behaupten, mit Seelöwen und Pinguinen geschnorchelt zu haben? Wer durfte algenfressende Echsen an Land beim Territorialkampf und Meeresschildkröten beim Mittagssnack im offenen Meer beobachten? Wer konnte einen zehn Kilometer großen Krater samt erkalteter Lava überblicken, an dessen Rand die Wolken wie in einem Wasserfall hinunterfallen? Ein Mensch, der unsere Erde, seine Heimat, respektiert, ihre Gesetze achtet und im Einklang mit den Lebewesen, die diesen Planeten bevölkern, lebt.
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