Jacqueline Straub fordert Reformen für die katholische Kirche. In welcher Krise steckt die katholische Kirche und wie kann sie die Probleme bewältigen? Unser Autor Benedikt Bögle hat Straubs neues Buch „Kickt die Kirche aus dem Koma“ gelesen.
Die katholische Kirche hat ein Problem, das wird heute kaum mehr bestritten. Immer mehr Katholiken verlassen ihre Kirche, immer weniger von ihnen finden regelmäßig den Weg in einen Gottesdienst. Die Fraktion der Konfessionslosen in Deutschland steigt stetig. In der Kirche wird viel über diese Problemlage diskutiert: Woran lieg es? Wie kann man diesen Trend aufhalten, vielleicht sogar umkehren?
In dieser bunten Diskussion meldet sich nun auch Jacqueline Straub zu Wort. Die Journalistin und Theologin wurde bekannt, weil sie seit Jahren von ihrer Berufung zur katholischen Priesterin erzählt und für eine Einführung des Frauenpriestertums kämpft. Ihr neues Buch „Kickt die Kirche aus dem Koma. Eine junge Frau fordert Reformen jetzt“ analysiert sie die aktuelle Lage der Kirche in Europa.
Die Jugend hat ein Problem mit der Kirche
Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Jugend. Und damit hat Straub mehr als Recht: „Die Jugend hat nicht nur ein Anrecht auf das Evangelium. Sie ist auch die Zukunft der Kirche“, schreibt sie. Ohne Jugendliche, die sich für ihren Glauben und für die Kirche begeistern können, sieht die Zukunft schlecht aus. Was also muss man tun, um die Jugendlichen wieder zu erreichen?
Straub selbst ist mit ihren 28 Jahren nah dran an den Jugendlichen, hat auch immer wieder Kontakt zu ihnen – im kirchlichen Kontext von Firmgruppen, aber auch außerhalb. Diese Erfahrungen greift sie auf; sie lässt die Jugendlichen selbst zu Wort kommen.
Religion ist wichtig, Kirche nicht
Die Gesellschaft, so Straub, sei nicht gottlos – das könne es ja gar nie geben. Sie sensibilisiert dafür, dass Religiosität bei Jugendlichen weiter eine Rolle spielt, auch wenn sich das immer mehr außerhalb der Kirche abspielen kann: „Während Religion so wichtig ist wie eh und je, schwindet die Bedeutung der Kirchen.“
Um die Jugendlichen wieder in die Kirche zu holen, müsse sich die Kirche ändern. Sie müsse Jugendlichen eine Stimme geben, lebendiger werden. Die Jugendlichen müssen selbst etwas gestalten dürfen, müssen beteiligt werden. Das geht: Jugendgottesdienste könnten mit einer anschließenden Party kombiniert werden. Erst die Messe, dann der Club. „Denn an beiden Orten wird gefeiert.“
Mission nicht als Selbstzweck
Junge Menschen wollen am Samstagabend feiern, so die Autorin. „Sie wollen sich am Samstagabend nicht in frommen Bibelkreisen treffen und heilige Lieder singen.“ Straub glaubt, man müsse die Jugendlichen mit Gott konfrontieren. Junge Leute seien an Gott ja durchaus interessiert; man müsse nur die richtige Form finden. Jacqueline Straub geht es nicht um die Jugend, um die Kirche wieder voll zu bekommen. Es geht um die Jugendlichen selbst: „Trotzdem kann nicht die Selbsterhaltung der Kirche der Antrieb dafür sein, sich den jungen Menschen zuzuwenden. Der Grund dafür sind sie selbst. Sie haben einen Anspruch darauf, um ihrer selbst willen ernst genommen zu werden und die Frohe Botschaft verkündigt zu bekommen.“
Welche Reformen sind nötig?
Ein Aspekt, der allzu oft übersehen wird. Es geht um die Menschen um ihrer selbst willen. Was aber soll die Kirche ändern? Straub gibt einzelne Hinweise, wie die Jugendarbeit besser und jugendgerechter gestaltet werden könnte – Partys am Samstagabend, Beteiligung der Jugend. Sind das die großen Reformen, die der Untertitel des Buches verspricht? Eher nicht. Immer wieder spricht die Autorin von Gesprächen und Mails, die sie erreichen.
Was sind die Probleme der Menschen mit ihrer Kirche? Straub richtet sich etwa gegen die in der katholischen Kirche immer wieder geübte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zur Kommunion zuzulassen – da sie in der Sünde des Ehebruchs leben. Ein viel und hitzig debattiertes Thema. Man kann hier unterschiedlicher Meinung sein. Straub begründet ihre Ansicht, die Zulassung zur Kommunion leider nicht theologisch. Das würde man von einer Theologin durchaus erwarten dürfen.
Priesterweihe für Frauen?
Frauen sollten zu Priesterinnen geweiht werden dürfen. Diese Ansicht schwingt in Straubs Buch durchaus mit. Interessanterweise verzichtet die Autorin hier auf eine persönliche Sichtweise, fühlt sie sich doch zur Priesterin berufen. Auch hier fehlt die theologische Argumentation weitestgehend. Die katholische Kirche stellt sich auf den Standpunkt, eine Weihe von Frauen sei nicht möglich. Natürlich darf man das kritisieren, natürlich auch anderer Meinung sein – nur wäre von einer absolvierten Theologin eine dezidiert theologische Argumentation wünschenswert.
Straub weist auf grundlegende Probleme der Kirche hin. Sie zeigt ein entscheidendes Problem auf: Jugendliche werden von der Kirche nicht mehr angezogen. Wirklich neu sind ihre Lösungsansätze aber nicht. Wie die große Reform der Kirche gelingen kann, zeigt das Buch nicht, wäre dafür im innerkirchlichen Kontext doch eine breiter angelegte theologische Debatte nötig.
Jacqueline Straub: Kickt die Kirche aus dem Koma. Eine junge Frau fordert Reformen jetzt, Patmos-Verlag 2018, 208 Seiten, 19 EUR
Man sollte die entlassenen Priester, die heiraten wollten wieder zurückholen.
Das sind lauter gute Leute. Statt dessen hat man die Kinderschänder in anderen Pfarreien
weitermachen lassen. Wer soll das verstehen? Somit braucht man sich über die vielen Austritte
nicht wundern. Viele Frauen wären bereit, als Priesterin dem Mangel entgegenzuwirken.
Das Märchen von den 12 männlichen Aposteln ist tot. Bei der Aussendung waren es mehr,
mit Frauen, aber das wird verleugnet.