Von Rene Descartes wurde der folgende philosophische Grundsatz überliefert: „Cogito ergo sum – Ich denke also bin ich.“ Hier reduziert Descartes jedoch die Erkenntnis auf die Fähigkeit zu Denken. Denken bezieht sich auf die Fähigkeit, diese Welt in physikalische, mathematische oder geographische Gesetzmäßigkeiten fassen zu können. Der Mensch kann diese Welt nur mit den bekannten Methoden erfassen. Der Mensch kann diese Welt nur denken.
Ein besonderes Beispiel für das „Denken“ des Menschen lehrt uns die Geburtsurkunde einer Person. Auch diese nennt nur offen ersichtliche Fakten, wie den Namen des Kindes, den Namen der Eltern oder den Namen der Adoptiveltern, das Geschlecht des Kindes, den Zeitpunkt der Geburt, die Konfession des Kindes sowie den Geburtsort des Kindes.
Angenommen: Ohne zu wissen, wie wir werden
Aus dem Glaubensbekenntnis wurde uns hingegen ein Bekenntnis überliefert: „Ich glaube.“ Das bezieht sich auf die Annahme des mir Unbekannten. Dies wird in der Taufe besonders deutlich. Insbesondere in der Kindertaufe nehmen die Eltern ein “unbekanntes Wesen” an. Ein Kind, von dem sie noch nicht wissen, welche Neigungen, Abhängigkeiten oder Krankheiten dieses entwickeln wird. Hier kann der Glaube etwas sein, was die Eltern, Geschwister und auch die ganze Familie trägt.
Dies wird insbesondere in der ursprünglichen Symbolik des Taufbeckens deutlich. Die Taufbecken der Urkirche hatten oft eine oktogonale Form. Die Acht stand hier für den achten Schöpfungstag, die Auferstehung Christi und für die neue Schöpfung. So sind wir bereits in diesem Stadium der Entwicklung angenommen, ohne zu wissen, wer wir werden.
Gott ist uns sehr nahe
Dennoch meint dieses Bekenntnis mehr als nur die Annahme des Christentums. Es bedeutet auch mehr, als nur getragen zu sein. Dem Apostel Paulus begegneten in Griechenland viele fromme Heiden. Unter anderem wird uns in der Apostelgeschichte von einer Inschrift berichtet, die dem unbekannten Gott gewidmet ist. Griechische und Römische Philosophen waren in der Antike immer auf der Suche nach einem Gott, den sie möglicherweise übersehen hatten oder ihm zu wenig Verehrung entgegengebracht hatten.
So war es stets die Aufgabe der Römischen Sybillen, auf diesen kultischen Defekt hinzuweisen. An dieser Stelle übernahm der Apostel Paulus die Aufgabe einer solchen Sybille und identifizierte den unbekannten Gott als den auferstandenen Christus. Paulus führte weiter aus, dass dieser Gott uns nicht wie die heidnischen Götter sehr entfernt sei. Im Gegenteil, er ist uns durch Christus sogar sehr nahe. Heute müssen wir niemanden mehr auf Christus hinweisen, im Gegenteil, Christus scheint uns sehr bekannt zu sein. Dennoch müssen wir heute, ebenso wie Paulus damals, auf den unbekannten Gott, auf das uns noch unbekannte Charisma hinweisen. Charisma, welches unwiederbringlich verloren gehen würde, wenn wir das Leben noch vor der Geburt beenden würden.
Auf das unbekannte Charisma hinweisen
Das Charisma, auf welches wir verweisen, hat eines mit unserer Wirtschaft gemeinsam. Der Markt ist hier der Ort, an dem sich Angebot und Nachfrage begegnen. Auch wir Menschen und damit unser angeborenes Charisma, sind geschaffen, um einander zu begegnen. Ich bin froh, heute in die Nachfolge des Apostels treten zu dürfen. Ich bin dankbar, dazu beitragen zu dürfen, mit ihm gemeinsam auf unbekanntes Charisma hinweisen zu dürfen.
Diese Marktwirtschaft kann jedoch nicht sozial sein, wenn wir nach Lösungen suchen, um die Begegnung mit den Schwächsten unter uns zu vermeiden. Ich bin froh, erkannt zu haben, dass jeder Mensch egal wie hoch die Mühen dafür sein mögen, ein Recht auf eine individuelle Förderung hat. Insbesondere hat jeder Mensch ein Recht auf Leben. Diese Erkenntnis wünsche ich nicht nur mir. Ich wünsche sie jedem, der mir begegnet.
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