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Aktuelle Seite: Startseite / Politik & Gesellschaft / Die Macht der Sprache: Warum der Anschlag in Bottrop keine fremdenfeindliche Tat war

Die Macht der Sprache: Warum der Anschlag in Bottrop keine fremdenfeindliche Tat war

4. Januar 2019 von Lilover Laylany Rodriguez 2 Kommentare

Pünktlich zum Jahresbeginn zeigen deutsche Medienschaffende, dass sie in Sachen korrekter Sprache noch gehörig Nachholbedarf haben. Die Berichterstattung zum Terroranschlag in Bottrop zeigt, wie undifferenziert die Mehrheit der Print- und Onlinemedien über rechtsterroristische Anschläge berichten. Dabei ist Sprache ein Machtinstrument und auch ich fordere: Nennt es nicht „fremdenfeindliche Amokfahrt“!

© Norbu Gyachung via Unsplash

Neben #Bachelor und #birdboxchallenge, beschäftigt ein Thema aktuell viele Twitter-User: Es geht um den schrecklichen Terroranschlag in Bottrop mit acht Verletzten, darunter zwei Kinder. Am Neujahrstag soll Andreas N. mit seinem PKW absichtlich an vier Tatorten in mehrere Gruppen “ausländisch aussehender Personen” gerast sein. Diese Tat (übrigens genau wie die Prügelattacke in Amberg, welche natürlich nicht unerwähnt bleiben sollte) ist an Grausamkeit kaum zu überbieten. Allerdings wird diese aktuell leider auch überschattet von der überaus schlecht gewählten Ausdrucksweise mancher JournalistInnen und Minister.

Der kleine aber feine Unterschied zwischen Fremdenhass und Rassismus

NRW Innenminister Herbert Reul (CDU) bestätigte, dass es “die klare Absicht gab, Ausländer zu töten”. Bei seiner Verhaftung soll sich N. wiederholt “fremdenfeindlich” geäußert haben. So soll er erklärt haben, dass die vielen Ausländer ein Problem für Deutschland seien, dass er lösen wolle. Und genau hier ist der Knackpunkt, denn in diesem Zusammenhang von “Fremden- oder Ausländerfeindlichkeit” zu sprechen ist schlichtweg unkorrekt.

Laut Definition ist “Fremdenfeindlichkeit” eine Einstellung und Verhaltensweise, bei der Menschen wegen anderer Herkunft, Sprache, Religion oder Kultur diskriminiert und abgelehnt werden. Der eine oder andere denkt jetzt womöglich: Das stimmt doch. Nein tut es nicht.

Hätte der Täter fremdenfeindlich gehandelt, hätte er seine Aussagen gegen Fremde und damit auch gegen Franzosen, Amerikaner, Italiener oder Franzosen gerichtet. Doch das war nicht der Fall, denn Andreas N. suchte sich bei seiner Horrorfahrt seine Opfer gezielt nach äußerlichen Merkmalen aus. Nach Merkmalen, die seiner Definition von “Ausländern” entsprachen. Und diese stimmten mit der syrischen Familie, der afghanischen Mutter und ihrem 4-jährigen Kind und dem 34-Jährigen mit türkischen Wurzeln überein.

Aufgrund der qualitativen Bewertung bestimmter körperlicher Merkmale oder Eigenschaften ist hier also ein eindeutig rassistisches Motiv erkennbar, das die Medienbranche auch als solches bezeichnen sollte.

© Daniel Tafjord via Unsplash

Was es bedeutet, statt von einem Terroranschlag von einer Amokfahrt zu sprechen

Auch die besonders in TV-Nachrichten gebrauchte Bezeichnung der Tat als “Amokfahrt” verharmlost in empörender Weise den Horror des Anschlags. Manch einer fragt sich, inwiefern eine Unterscheidung zwischen der Tat in Bottrop und dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt getroffen werden kann.

Der Soziologe Matthias Quant sagt in einem höchst lesenswerten Interview mit der ZEIT bezüglich der Problematik der Bezeichnung “Amok” Folgendes: “Der Begriff Amok entleert Anschläge ihrer politischen und gesellschaftlichen Bedeutung. Was die Tat in Bottrop wie auch den Münchener OEZ-Anschlag 2016 unterscheidet, ist die Opferauswahl und ihre politische Botschaft.”

Dass bei islamistischen Anschlägen schnell von Terror, bei rechtsterroristischen Anschlägen, allerdings lange gezögert wird, erklärt Quant aus der Ursache, dass Gewalt aus Außengruppen oft als bedrohlicher dargestellt und wahrgenommen wird als Gewalt aus der Eigengruppe. Des Weiteren, so Quant weiter, galt “Terrorismus in Deutschland lange nur als Angriff auf den Staat, vor allem durch den linken und islamistischen Terrorismus, während Angriffe auf einzelne Bevölkerungsgruppen bestenfalls als seltene Eskapaden einiger weniger Extremisten galten, die mit unserer Gesellschaft nicht viel zu tun hätten.”

Die Herkunft der Täter kann nicht als Unterscheidungsmerkmal genutzt werden. Beide sind gleichermaßen erschreckend und tragisch, beides sind Terroranschläge. Das scheinen nun wohl auch die Behörden eingesehen zu haben, denn diese stufen die Tat in Bottrop und Essen inzwischen als “terroristischen Anschlag” ein. Demnach könne “das Verhalten des Täters mit dem von radikalisierten Islamisten verglichen werden.” Danke!

Auf der Suche nach einer Erklärung des Tatmotivs

Noch schlimmer aber ist, wie mancher Politiker das Tatmotiv deuten. Reul interpretiert das Tatmotiv so, dass der Täter “aus einer persönlichen Betroffenheit heraus […] Hass auf Fremde entwickelt hat”. Diese Aussage wird besonders von der TGD (Türkische Gemeinde Deutschland) heftig kritisiert und bezeichnet “diese Form der Relativierung und Legitimierung von Rassismus” als “unerträglich”. “Wie oft muss man eigentlich noch erklären, dass Rassismus in gesellschaftliche Verhältnisse eingebettet ist und nicht vom Himmel fällt”, twittert die TGD.

Als sekundär und damit irrelevant reduziert auch der Pressesprecher des Bundesinnenministeriums Sören Schmidt die Tat, als er den Anschlag auf einer Pressekonferenz unter “Allgemeinkriminalität” abtut, die keiner weiteren politischen Maßnahmen bedarf.

Den Höhepunkt der absurden Entschuldigungen erreicht ein Artikel der WELT, in dem ein vermeintlicher “Insider” ernsthaft spekuliert, die vorher zerbrochene Beziehung des Täters und die folgende Einsamkeit haben womöglich dazu geführt, “dass Frust in ihm aufstieg, weil er sich so allein fühlte.” Es wäre komisch, wenn es nicht so ernst wäre.

Das Märchen des psychisch kranken, ängstlichen Einzeltäters

Wie so oft wird auch die psychische Verfassung des Täters primär als Erklärung der Tat herangezogen. In einem Artikel des Tagesspiegels wird zuerst zugegeben, der Täter habe “durchgehend rassistisch geredet”, aber schnell hinzugefügt er habe “einen wirren Eindruck gemacht”. Zudem soll er alleine gelebt haben und wegen des Verdachts auf Schizophrenie in psychiatrischer Behandlung gewesen sein.

Der Täter, so die Spekulation des Tagesspiegels weiter, verfüge womöglich über eine gefährliche Kombination aus rassistischem Hass und psychischer Störung, die ihn für extremistische Hetze besonders empfänglich mache.

Dass es selbstverständlich keinen kausalen Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und terroristischem Handeln gibt, erklärt sich von selbst. Die Erkrankung als alleinige Erklärung von Terrorismus anzuführen, ist einfach, genügt aber nicht. Oder wie es Matthias Quant treffend formuliert: „Es gibt keine Krankheit, die einen Menschen dazu bringt, People of Color anzugreifen oder zu töten.“

Medienschaffende sollten die Macht ihrer Worte kennen

Sprache ist Macht. Mit der Sprache erklären wir uns die Welt und erbauen unsere Denkmuster. Um Rücksicht auf alle Gesellschaftsgruppen zu nehmen, sollten sich Medienschaffende und Politiker der Macht ihrer Worte bewusst sein, denn die Begriffe, die sie verwenden, erschaffen unsere soziale Wirklichkeit.

Es liegt in der Verantwortung der Medien und der Regierung diejenigen Begriffe zu verwenden, die korrekt sind, andernfalls verklären wir die Wirklichkeit und legitimieren oder reduzieren die Taten einer bestimmten Gruppe, während wir zulassen, dass das Wort „Terror“ nur mit Islamismus konnotiert wird.

Es ist in niemandes Sinne, islamistische Terroranschläge zu verharmlosen. Doch wenn wir gleichartige Terrorakte, die von Deutschen begangen werden, nicht als solche benennen, gestehen wir uns selbst nicht ein, dass die Gefahr von allen Seiten lauert, und nicht nur von der islamistischen.


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Lilover Laylany Rodriguez

Lilover Laylany Rodriguez

Lilover Laylany Rodriguez wurde 1995 als Tochter einer spanischen Mutter und eines kurdischen Vaters in Marburg an der Lahn geboren. Die mehrsprachige und multikulturelle Welt, in der sie aufwuchs, hat sie früh geprägt und ihre Liebe zu fremden Sprachen und Kulturen entfacht. Seit 2016 studiert sie Spanisch, Portugiesisch und Volkswirtschaft in Gießen und engagiert sich dort ehrenamtlich für bessere Studienbedingungen. In ihrer Freizeit liest sie am liebsten Bücher über starke Frauen oder schreibt Artikel über Themen, die sie bewegen.
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Kategorie: Politik & Gesellschaft Stichworte: Amokfahrt, Anschlag, Bottrop, Fremdenfeindlichkeit, Herbert Reul, Medien, Rassismus, Terrorismus

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Über Lilover Laylany Rodriguez

Lilover Laylany Rodriguez wurde 1995 als Tochter einer spanischen Mutter und eines kurdischen Vaters in Marburg an der Lahn geboren. Die mehrsprachige und multikulturelle Welt, in der sie aufwuchs, hat sie früh geprägt und ihre Liebe zu fremden Sprachen und Kulturen entfacht. Seit 2016 studiert sie Spanisch, Portugiesisch und Volkswirtschaft in Gießen und engagiert sich dort ehrenamtlich für bessere Studienbedingungen. In ihrer Freizeit liest sie am liebsten Bücher über starke Frauen oder schreibt Artikel über Themen, die sie bewegen.

Kommentare

  1. Anarchrist meint

    4. Januar 2019 um 18:58

    Es gibt da Sprachregelungen. Gibt auch keine Ehrenmorde durch Almans, sondern nur haeusliche Gewalt mit Todesfolge.

    Antworten
  2. Jonas Claasen meint

    8. Januar 2019 um 19:32

    Sehr guter Artikel!! Du öffnest den Lesern damit wirklich die Augen und argumentierst sehr differenziert. Ich denke auch, dass linke “Gewalt“ aufgebauscht wird und unproblematisch ist. Man sieht daran, wie wichtig der Kampf gegen Rechts ist. Dieser legitimiert solche Aktionen wie neulich in Bremen meiner Meinung nach. Er ist wirklich wichtig, damit wir in Frieden, Freiheit und Harmonie leben können. Vielen Dank für den Artikel!

    Antworten

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