Seit Wochen protestieren die Menschen in Weißrussland gegen Präsident Lukaschenko. Die Bürger fordern Demokratie und freie Wahlen. Auch die christliche Konfessionen tun sich zusammen, um für Frieden und Gerechtigkeit einzustehen.

Die Proteste in Belarus nehmen kein Ende: Seit Wochen gehen in die Menschen in dem osteuropäischen Land auf die Straße. Grund ist die Präsidentschaftswahl Anfang August. Dabei errang Amtsinhaber Lukaschenko mit rund 80 Prozent ein überragendes Ergebnis, das ihm auch nach 26 Jahren die weitere Macht in Weißrussland garantiert. Allerdings bestanden von Anfang an Zweifel an diesem Ergebnis. So teilte etwa die Gegenkandidatin Tichanowskaja mit, ihrer Wahrnehmung nach, müsste sie mehr als die Hälfte der Stimmen errungen haben – und nicht nur zehn Prozent, wie das offizielle Wahlergebnis mitteilt. Mit Sicherheit ist das allerdings noch nicht festgestellt: Repräsentative Umfragen, die sichere Hinweise auf eine Fälschung der Wahl liefern könnten, gibt es nicht.
Unzufriedenheit mit dem Wahlergebnis

Seit der Wahl protestiert das Volk in Belarus, Präsident Lukaschenko geht indes gegen die Proteste vor und lässt immer wieder friedliche Demonstranten verhaften. „Die weißrussische Gesellschaft war mit dem Wahlergebnis nicht zufrieden. Unruhen und Spannungen waren schon davor zu beobachten. Das war der Grund, warum die Menschen auf die Straße gegangen sind“, sagt Magda Kaczmarek. Sie ist Projektreferentin für Weißrussland bei „Kirche in Not“. Dieses päpstliche Hilfswerk wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom Prämonstratenser Pater Werenfried van Straaten gegründet.
Er wollte Heimatvertrieben aus dem Osten unterstützen und setzte auf Völkerverständigung statt Hass. Aus dem regionalen Projekt in Europa wurde eine Organisation, die mittlerweile Menschen auf der ganzen Welt hilft. In vielen armen Ländern unterstützt „Kirche in Not“ Bistümer und Gemeinden bei pastoralen, aber auch humanitären Projekten – von der Ukraine über den Libanon und Syrien bis zu Simbabwe.
Friedliche Demonstrationen und Solidarität
Die Situation in Belarus ist nach Kaczmarek einzigartig für die Geschichte des Landes: Seit einigen Tagen ziehen sich die Milizen zurück: „Die Demonstrationen können friedlich verlaufen. Solche Proteste gab es bis jetzt in der Geschichte von Belarus noch nie“, so die Projektreferentin. Dabei verlaufen die Demonstrationen friedlich. „Die Menschen wollen nur Frieden und Ruhe in ihrem Land und sie haben Sehnsucht nach Demokratie“, sagt Kaczmarek.
Engagement der Religionsgemeinschaften

In dieser Situation engagieren sich auch die Kirchen. Die Bischöfe des Landes haben zum Gebet aufgerufen, nach den Gottesdiensten wird der Rosenkranz gebetet und Anbetung gehalten, um für Frieden im Land zu beten.
Dabei gibt es große Zeichen der Solidarität zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen untereinander, aber auch mit dem Judentum und Islam. „Zu Beginn von Covid-19 hatten sich alle Konfessionen zusammengetan, um gegen die Pandemie zu beten“, sagt Kaczmarek. So etwas hatte es in Belarus noch nie gegeben, setzt sich nun aber während der Proteste fort.
Ziel: Offener Dialog
„Herr Lukaschenko wird nicht umhin kommen, die Realität auf den Straßen seines Landes und in den Köpfen seiner Mitbürger anzuerkennen“, sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) kürzlich. Die Europäische Union, so der Außenminister weiter, werde die schweren Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen demokratische Grundprinzipien nicht unbeantwortet lassen. Ziel ist eine friedliche Lösung des Konflikts und ein demokratischer Aufbruch in Weißrussland. Magda Kaczmarek betont dabei die Wichtigkeit des offenen Dialogs. Dabei ist sie sicher: „Die Stimme der Kirchen ist hier sicherlich entscheidend, denn nur die Wahrheit kann die Menschen retten.“
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