Ailton begeisterte viele: Mit seinen zahlreichen Toren, aber auch charmanten Interpretationen der deutschen Sprache wurde der brasilianische Stürmer schnell zum Publikumsliebling der Bundesliga. Doch was macht der mittlerweile 45-Jährige heute? f1rstlife hat sich auf Spurensuche begeben.

Zur Einordnung hilft zunächst ein Blick ins Online-Lexikon Wikipedia: „Als Kugelblitz bezeichnet man eine seltene, kugelförmige Leichterscheinung eines Gewitters. Dem von Augenzeugen widersprüchlich beschriebenen Phänomen kommen Modelle und Demonstrationsexperimente aus dem Bereich der Physik nur in Teilaspekten nahe.“ Die Erklärung des Begriffs „Kugelblitz“ kann so kompliziert sein, man kann ihn aber auch mit einem Wort benennen: Ailton. Der brasilianische Stürmer verblüffte Anfang der 2000er die deutschen Massen, als er zwar nicht immer ganz topfit, und dennoch blitzschnell auf Torejagd in der Bundesliga ging – auch Kugelblitz Ailton darf als widersprüchlich beschriebenes Phänomen betrachtet werden.
1973 in Mogeiro geboren, machte sich Ailton nach verschiedenen Stationen in Brasilien und einem Jahr in Mexiko auf nach Europa. Und der Kulturschock hätte größer nicht sein können: Dass Brasilianer den hiesigen Schneefall aus ihrer Heimat kennen, ist bekannt, doch für Ailton kam es noch schlimmer. Als er 1998 zu Werder Bremen wechselte, war dort der Trainer Felix Magath. Ailton, der gerne mal um die Häuser zog, und Magath, der nachts eher von Medizinbällen träumte – das konnte nicht passen. Der Brasilianer kam nur sporadisch zum Einsatz, und Magath war bald Geschichte. „Er hat keine Ahnung von Fußball“, sagte Ailton später, und mit dem nächsten Übungsleiter begann die Erfolgsgeschichte: 1999 wurde Thomas Schaaf Trainer der Grün-Weißen, er setzte auf Ailton, und der zahlte zurück: Zwölf Tore in der Saison 1999/2000, in der folgenden Saison 13, dann 16 und 2002/2003 wieder 16.
Ailton auswechseln – immer Fehler!
Endgültig Kultstatus erlangte Ailton in der Saison 2003/2004, als er Werder Bremen mit 28 Toren zum Deutschen Meistertitel schoss, dazu kam der Gewinn des DFB-Pokals. Nach dem für die Meisterschaft entscheidenden 3:1 beim Erzrivalen FC Bayern München ließ Ailton alle Hüllen Fallen, sprang vor laufenden TV-Kameras ins Entmüdungsbecken – und bekam dafür Ärger mit seiner Frau. „Sie war sauer und fragte mich: ‚Warum machst du so was, da waren noch 20 andere Spieler, und nur du machst so was! Warum? Du hast eine Frau und zwei Kinder!’“, erzählte der Stürmer später der BILD-Zeitung, doch nach einer kurzen Erklärung konnte auch seine Frau darüber lachen. Und nicht nur sie: Die deutsche Grammatik stellte so einige Stolpersteine für Ailton bereit und sorgte für denkwürdige Aussprüche des Brasilianers, der etwa meinte: „Ailton auswechseln – immer Fehler!“ In seiner simplen Logik war es so: „Ailton Tor – alles gut.“ Das sorgte auch über die Bremer Grenzen hinaus für große Sympathien, nach der Meistersaison war die Zeit des Stürmers in Bremen jedoch zu Ende.

Ailton ging noch für ein Jahr zu Schake 04, wo er mit 14 Toren noch einmal seine Stärken aufblitzen ließ. Die folgenden Jahre verliefen weniger konstant: Wechsel zu Beskitas Instabul, Leihe zum Hamburger SV, die nächsten Stationen hießen Roter Stern Belgrad und Grashoppers Zürich. Über den MSV Duisburg, Metalurh Donezk, den SCR Altach und Campinse Club landete Ailton schließlich in China bei Chongqing Lifan und absolvierte dort seine letzte Zeit im Profifußball. Damit hat er in neun Ländern auf professioneller Ebene gespielt, nach einem Jahr in China ging es aber schon wieder weiter: 2009 wechselte der Brasilianer zum damaligen Fünftligisten KFC Uerdingen und landete 2010 wieder in Bremen, wo er für ein halbes Jahr beim damaligen Regionalligisten (vierthöchste Liga) FC Oberneuland spielte. Aus Heimweh ging er 2011 zurück nach Brasilien und kickte dort für ein Jahr bei Rio Brance in der Staatsmeisterschaft von São Paulo.
Ailton und die „verrückte Idee“
In der deutschen Medienlandschaft war Ailton zu diesem Zeitpunkt schon länger untergetaucht, doch dies änderte sich 2012: Er nahm an der sechsten Staffel der RTL-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ teil, präsentierte sich zwei Wochen der Öffentlichkeit mit überdurchschnittlichen TV-Quoten – und kam so zu seiner vorerst letzten Station im Fußball: Die Tochter von Stefan Seidel hatte die Show gesehen, ihr gefiel, was sie da sah, und weil Seidel zufälligerweise gerade Manager des Verbandsligisten (sechsthöchste Liga) Hassia Bingen war, war die „verrückte Idee“, wie Seidel sagt, geboren. Nach 19 Toren in 21 Spielen war das Abenteuer Amateurfußball jedoch schnell wieder beendet, der Brasilianer lässt es heute ruhiger angehen:
Mittlerweile lebt Ailton mit seiner Familie in Dallas, wo er sich um eine Immobilienfirma in Brasilien kümmert, seine Frau betreibt ein Kosmetikunternehmen. Ailton scheint sein Glück gefunden zu haben und hat sich niedergelassen, nach 106 Bundesligatoren, Einsätzen für 21 Vereine – und dem zwischenzeitlichen Launch eines Energydrinks. Der Name des Erfrischungsgetränks, das mittlerweile nicht mehr erhältlich ist: Kugelblitz.
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