Während die Gewalt im Gazastreifen weiter eskaliert, leistet das internationale katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ medizinische und humanitäre Soforthilfe für betroffene Familien im Westjordanland und Jerusalem. Diese Herausforderungen müssen dabei bewältigt werden.
Die Arbeitslosenquote von 72 Prozent stelle, laut eines Berichts, der dem Hilfswerk vorläge, einen neuen Rekord in der Geschichte des Heiligen Landes auf. Grund ist die Wirtschaftskrise, unter der die Region leidet. Ergebnis davon: Vielen Familien sind die Einkommen aufgrund von Massenentlassungen, der totalen Lähmung des Tourismussektors sowie strenger Bewegungseinschränkungen im Land weggebrochen. Der Kampf ums nackte Überleben beherrsche den Alltag laut „Kirche in Not“.
80.000 indische Arbeitskräfte sollen die Plätze der Palästinenser einnehmen
Der Entzug der Arbeitserlaubnis für Palästinenser durch die israelischen Behörden stelle außerdem ein langfristiges Problem dar. Lokalen Quellen zufolge sollen mehr als 80.000 indische Arbeitskräfte ins Land kommen, um Arbeitsplätze zu übernehmen, die zuvor von Palästinensern besetzt waren.
Diese Maßnahme betrachte man im Land als Vergeltung für die Angriffe im Oktober 2023
mit dem Ziel, Palästinenser – Christen wie Muslime – zu isolieren und an den Rand zu drängen. „Leider ist das Vertrauen zwischen Israel und den Palästinensern zerbrochen, und es ist unwahrscheinlich, dass es in den nächsten Jahrzehnten wiederhergestellt werden kann“, wird eine lokale Quelle zitiert, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte.
Palästinensische Christen stehen zunehmend zwischen den Fronten
Die miserable wirtschaftliche Lage ist eine Seite der Medaille. Palästinensische Christen fühlen sich zunehmend bedroht, wenn sie ihren Glauben öffentlich zeigten. „Ein Kreuz zu tragen, kann Schwierigkeiten mit sich bringen, manchmal muss man seine Identität in seinem eigenen Land verbergen, wenn man keine Probleme bekommen will. Die Anwesenheit von zwei Gruppen mit zunehmend fanatischen Flügeln in der Region verschlimmert unsere Situation zusätzlich. Wir, Christen, befinden uns zwischen zwei Fronten, in einer besonders verletzlichen Position“, so die Quelle.
Dabei ist die Rede von ultra-orthodoxen jüdischen Gruppen einerseits und extremistischen Muslimen andererseits. In Jerusalem sei es, den Angaben zufolge, wiederholt zu verbalen Angriffen auf Priester, Ordensleute oder christliche Pilger gekommen, wie etwa Anfang Februar, als junge Männer den Abt der Benediktinerabtei Dormitio, Nikodemus Schnabel, anspuckten.
„Kirche in Not“ bringt mit dem Lateinischen Patriarchat Menschen in Arbeit
In Zusammenarbeit mit dem Lateinischen Patriarchat von Jerusalem hat „Kirche in Not“ Arbeitsvermittlungs- und Berufsbildungsprogramme zur Unterstützung von Arbeitslosen – vor allem junger Menschen in besonders prekärer Lage – auf die Beine gestellt. Insgesamt 62 Personen haben bereits von der ersten Phase dieses Programms profitiert, hunderte stehen auf der Warteliste für ähnliche Projekte.
Medizinische und humanitäre Hilfe für 862 Familien im Westjordanland und in Jerusalem
„Kirche in Not“ leistet auch medizinische und humanitäre Soforthilfe für Familien, die direkt von der Wirtschaftskrise im Westjordanland und in Jerusalem betroffen sind. Bisher haben 862 Familien Unterstützung von „Kirche in Not“ erhalten, insgesamt 3.448 Personen im Westjordanland und in Jerusalem. Für 602 Familien gab es Lebensmittelgutscheine, 122 haben medizinische Hilfe, in Form von Medikamenten oder medizinischen Behandlungen erhalten, und in 128 weiteren Fällen unterstützte das Hilfswerk christliche Familien beim Begleichen fälliger Rechnungen, damit sie nicht von lebenswichtigen Dienstleistungen abgeschnitten werden.
Menschen, denen „Kirche in Not“ konkret hilft
Einer der Begünstigten ist der 65-jährige Yousef. Er wohnt in Ramallah und hat seine Stelle als Arbeiter in Israel verloren. Seine Frau, die als Reinigungskraft arbeitet, verdient kaum genug, um Yousef und ihre drei Kinder zu unterstützen, die alle eine höhere Ausbildung absolvieren. Yousef leidet unter Herzproblemen, weshalb ihn „Kirche in Not“ bei der Beschaffung der notwendigen Medikamente unterstützt.
Ein weiteres Beispiel ist Majdi, ein 60-jähriger Einwohner von Bethlehem, der aufgrund des Krieges seine Arbeit im Tourismus verloren hat. Auch seine beiden Töchter stehen vor Herausforderungen: Eine leidet an Diabetes, die andere hat finanzielle Probleme, nachdem ihr Mann arbeitslos geworden ist. „Kirche in Not“ unterstützt die Familie mit Lebensmittelgutscheinen.
Michelin (52), lebt von ihrem Mann getrennt mit drei Kindern in einer kleinen Wohnung in Jerusalem, welche die Kustodie des Heiligen Landes ihr zur Verfügung gestellt hat. Aufgrund des Krieges hat sie ihre Stelle in einem Kindergarten verloren. Auch eine ihrer Töchter verlor ihren Teilzeitjob in einem Hotel. Ihr Sohn ernährt die Familie, obwohl er als Handwerker in einem örtlichen Hotel auch nur wenig Geld verdient. Auch diese Familie hat Lebensmittel und Geld erhalten, um ihre alten Rechnungen bezahlen zu können. Die Situation der Familie bleibt trotz der Hilfe angespannt.
Suleiman, ein dreifacher Vater, erhält ebenfalls Unterstützung in Form von Lebensmittelmarken und Hilfe bei der Begleichung von Rechnungen. Er und zwei seiner Söhne arbeiteten als Sicherheitsbeamte in einem Luxushotel in Jerusalem. Nach den Anschlägen vom 7. Oktober 2023 wurden Suleiman und seine beiden Söhne entlassen. Seitdem haben sie große Schwierigkeiten und kämpfen darum, genug zu essen zu bekommen. Die Unterstützung von „Kirche in Not“ ist entscheidend, um dieser Familie auf ihrem Weg zu Stabilität und Selbstständigkeit zu helfen.
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