Da es nach wie vor lange Wartezeiten (zum Beispiel für eine Psychotherapie oder stationäre Angebote) gibt, habe ich versucht, die Zeiten mit anderen Angeboten zu überbrücken. Ich kann es aber sehr nachempfinden, wie es ist, wenn es einem so schlecht geht und man noch mehr in Panik gerät, weil da einfach keine Hilfe in Sicht zu sein scheint. Hier habe ich dir ein paar Idee, inspiriert meinen eigenen Überbrückungsphasen, zusammengestellt:
1) Selbsthilfegruppen aufsuchen:
Ich suchte den Austausch mit Leidensgenossen und erkundigte mich nach ihrer Lebensgeschichte. Ich fand Gemeinsamkeiten und lernte mit und von ihnen, wie sie ihr Leben mutig und trotz aller Widrigkeiten bestritten. Es gibt Angebote vor Ort, aber auch digital.
2) Blogs durchforsten:
Es gibt mittlerweile zahlreiche Blogger/innen, die über ihre psychische Störung berichten und die man auch mit Fragen kontaktieren kann. Das hat mir geholfen, meine Einsamkeit zu überwinden und praktische Tipps zu bekommen.
3) Tagesstätten erleben:
Hier kannst du – je nach Bundesland – verschiedene Angebote finden.
4) Im Pfarramt nachfragen:
In meinen Krisen hatte ich existentielle Fragen, mit denen ich mich an die örtliche Pfarrerin wandte. Diese Gespräche haben mir gutgetan.
5) Seelsorge bekommen:
Ich durfte einen lieben, mich annehmenden Seelsorger kennenlernen, der mir so begegnete, wie die Liebe in der Bibel beschrieben wird: „Die Liebe glaubt alles.“ Dort musste ich mich nicht rechtfertigen oder gar verteidigen. Er glaubte mir, so wie ich ihm meine Probleme erzählte. Das war Balsam für meine Seele. In Kliniken habe ich Seelsorgeangebote angenommen.
6) Coaching oder Sitzungen mit einem Heilpraktiker für Psychotherapie:
Ich habe einmal eine Coachingstunde für ein gewisses Problem ausprobiert. Ansonsten hatte ich kein Geld für diese Angebote auf Selbstzahlerbasis. Ich stehe dem auch in einigen Punkten kritisch gegenüber.
7) Eigenes Helfernetz aufbauen:
Ich suchte mir Vertrauenspersonen aus, die ich über mein Störungsbild aufklärte und die bereit waren; mir zu helfen, wie es zuvor abgesprochen wurde. So ein Helfernetz kann auch einen Schutzraum geben, sodass (zunächst) nur bestimmte Leute über die Erkrankung Bescheid wissen.
8) Ehrenamtliche Tätigkeit ausüben:
Durch die Wartezeiten auf diverse Kliniken habe ich kleinere, ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt. Das hat mir geholfen, eine Tagestruktur zu haben und mir das Gefühl gegeben, mich sinnvoll am Leben zu beteiligen. Kleine Erfolgserlebnisse machen mich ein bisschen fröhlicher 😊.
9) Sich in einem Praktikum ausprobieren:
Ich wusste nicht, was ich beruflich machen wollte. Daher habe ich einige Praktika absolviert. Hier ist es wichtig, eine Balance zwischen Unter- und Überforderung zu finden.
10) Eigene (Überlebens-)Strategien entwickeln:
Diese findest du im Artikel „Einmal Psychiatrie – (nicht für) immer Psychiatrie! (Teil 3).
Kleine Hoffnungsbotschaft an DICH
Wenn du selbst betroffen bist und gerade ganz dringend Hilfe brauchst, gebe ich dir ein paar Worte mit auf deine Reise:
„Du bist es wert, gehört zu werden!“
„Du bist es wert, Hilfe zu bekommen!“
„Versuche heute, eine kleine Sache zu finden, für die du dankbar bist.“
„Geh mutig auf deine Reise!“
„Von Herzen wünsche ich dir den Frieden, den du suchst.“
„Alles Liebe für dich!“
Erkenntnis nach über zehn Jahren auf meinem Genesungsweg
Eine der wichtigsten Erkenntnisse war für mich, dass alle externen Hilfsangebote Wegzeiger sind, aber nicht der eigentliche Weg. Den darf ich nämlich selbst finden und mutig beschreiten. Die Verwechslung von Wegzeiger und dem Weg selbst hat mich oft in eine tiefe Verzweiflung gebracht, weil ich dachte, dass mir niemand hilft und ich völlig im Stich gelassen wäre. Da klebte ich an dem Gedanken fest: „Hätte es nur noch einen freien Platz bei dem fünf-Sterne-Psychiater gegeben, dann ginge es mir jetzt besser!“ Mit der Zeit konnte ich die diversen Wegzeiger besser differenzieren und ließ mich mehr innerlich leiten. Manche Wegzeiger stehen auch am falschen Ort oder passen nicht zum Zeitpunkt. Gib niemals auf, du wirst deinen eigenen Weg finden!
Mögliche, hilfreiche Links (Stand Januar 2024):
- Jung und depressiv (caritas.de)
- Lebensmutig. Junge Selbsthilfe Blog – Home (junge-selbsthilfe-blog.de)
- NAKOS – ROTE ADRESSEN
- Stiftung Deutsche Depressionshilfe: Unsere Angebote – Stiftung Deutsche Depressionshilfe (deutsche-depressionshilfe.de)
- Psychiatrienetz: Psychiatrienetz – Startseite
- Therapeut:innen in Ihrer Nähe finden (degpt.de)
- [U25] Mailberatung und Hilfe für Jugendliche mit Suizidgedanken (u25-deutschland.de)
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