In Deutschland gibt es ein heiß umkämpftes Thema: Die Impfpflicht. Ist es die Bundesregierung ihren Bürgern schuldig, sie einzuführen oder verstößt sie damit zu stark gegen das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen? Ein Kommentar unseres Autors Tobias.
Nach dem Beschluss der Impfpflicht im Nachbarland Österreich werden auch die Stimmen lauter, die sie für Deutschland fordern. In diesem Artikel soll der Frage nachgegangen werden, ob diese medizinisch notwendig, politisch sinnvoll und moralisch vertretbar ist? Alle angesprochenen Aspekte, besonders der medizinische, können aus Platzgründen natürlich nur angeschnitten und nicht erschöpfend diskutiert werden.
Eine medizinische Notwendigkeit?
Impfen rettet Leben! Dies ist so ziemlich das häufigste und gewichtigste Argument für eine Impfpflicht. Damit ist nicht nur das Leben der Ungeimpften gemeint, die bei einer Impfung zumindest zu einem gewissen Teil vor schweren Verläufen geschützt wären, sondern auch das Leben anderer Menschen, die gegebenenfalls unter einem überlasteten Gesundheitssystem zu leiden hätten. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels belegen, nach aktuellen Statistiken, Covid19-Patienten etwa 20 Prozent der Intensivbetten, zwei Drittel davon sind, nach Angaben des “Focus”, ungeimpft.
Weitere 15 Prozent der Intensivbetten sind noch frei und es besteht eine Notreserve von ca. 8000 Intensivbetten, die noch bereitgestellt werden könnten, was einem zusätzlichen Drittel der Gesamtzahl entspricht. Eine Überlastung des Gesundheitssystems steht also nicht unmittelbar bevor. Sicher könnte man mit einer Impfpflicht einzelne schwere Verläufe verhindern und somit sicher auch Covid-Todesfälle. Diese sind unter gesundheitlichen Gesichtspunkten dann ins Verhältnis zu den medizinischen Nebenwirkungen und Schäden der Impfung zu setzen.
Das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Politik
Das höchste Gut, das ein Politiker besitzt, ist das Vertrauen der Bevölkerung. Nun haben sowohl Jens Spahn als auch Karl Lauterbach und der zukünftige Kanzler Olaf Scholz der Bevölkerung ausdrücklich versprochen, dass es keine Impfpflicht geben wird. Würde das Brechen dieses Versprechens nicht das Vertrauen in ihre Glaubwürdigkeit massiv erschüttern? Würde es nicht denjenigen in die Arme spielen, die seit Beginn der Pandemie und teilweise auch zuvor die Unglaubwürdigkeit der Politik proklamieren?
Wo die Bevölkerung das Vertrauen in die Politik verliert, entsteht oft eine Entfremdung eines Teils der Bevölkerung, die sich in der Wahl extremer Parteien und der Offenheit für extreme Positionen äußerst. Ein Gespräch mit diesem Teil der Bevölkerung erweist sich dann oft, aufgrund des verlorenen Vertrauens, als sehr schwierig. Ist es das Unterfangen der Impfpflicht wert, eine solche Spaltung und Radikalisierung zu riskieren?
Eine Pflicht gegen das Gewissen, zu handeln?
Die Überzeugungen zum Thema „Gesundheit und Moral“ sind in der Bundesrepublik sehr plural. Das Vertrauen in die Schulmedizin ist unterschiedlich stark ausgeprägt und auch die ethische Bewertung hinsichtlich der Produktionsweise der Impfstoffe unterscheidet sich. Auch wenn die Glaubenskongregation die Corona-Impfstoffe für „moralisch unbedenklich“ erklärt hat, gibt es gerade in der Prolife-Bewegung auch Stimmen, die sie aufgrund der Verwendung von Zelllinien abgetriebener Embryonen für ethisch problematisch halten. Zu diesen Stimmen zählt etwa die Aktivistin Abby Johnson, die durch den abtreibungskritischen Film „Unplanned“ bekannt wurde und aufgrund der unethischen Herstellung auf eine Impfung mit den bisherigen Impfstoffen verzichtet. Ist es ethisch verantwortbar, Menschen dazu zu bringen, sich gegen ihr Gewissen, mit diesen Impfstoffen behandeln zu lassen?
Ist es aus christlicher Perspektive verantwortbar, andere Christen auf diese Weise in Glaubens- und Gewissenskonflikte zu treiben? Aber auch im nicht-christlichen Bereich haben Menschen Überzeugungen und Ideale. Manche haben, etwa durch Impfschäden bei sich oder nahen Familienmitgliedern, das Vertrauen in die Schulmedizin beziehungsweise gegenüber neuen Impfstoffen verloren. Ist es seelsorgerlich und psychologisch klug, diesen Menschen einen medizinischen Eingriff aufzuoktroyieren, den sie aus nachvollziehbaren und persönlichen Gründen ablehnen? Hierbei kann auch an das Statement Martin Luthers gedacht werden, der in seiner Rede vor dem Kaiser anführte, dass es „gefährlich und unmöglich ist, etwas gegen das Gewissen zu tun“.
Fazit – Das „Ja“ zur Menschenwürde ist ein „Nein“ zur Impfpflicht
„Wenn es überhaupt einen absoluten Wert in unserem Grundgesetz gibt, dann ist das die Würde des Menschen. Die ist unantastbar. Aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen.“ Dieses Zitat des damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble vom Anfang der Pandemie ist meines Erachtens ein guter Leitfaden. Obgleich Schäuble mittlerweile auch für eine Impfpflicht eintritt, galt es festzuhalten, dass die Spaltung der Gesellschaft, der Zwang gegen das Gewissen und der Verlust politischer Glaubwürdigkeit schwerer wiegen als die Erhaltung der Gesundheit um jeden Preis. Freiheit hat ihren Preis und hatte diesen schon immer. Wer für Gewissensfreiheit, Minderheitenschutz und körperliche Selbstbestimmung eintritt, muss gleichzeitig „nein“ zur Impfpflicht sagen!
Hannes Rolfs
Es ist nicht ganz unwichtig klarzustellen, dass nur Vektorimpfstoffe Zelllinien von Embryonen nutzen. Dafür werden allerdings keine Embryonen speziell gezüchtet oder gar abgetrieben. Die Vektorimpfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson kommen in Deutschland derzeit nicht mehr zum Einsatz. Es muss also niemand befürchten, Bestandteile von Embryonen in seiner zukünftigen Impfung zu haben. Dieses Argument ist hinfällig!