Vor fast einem Jahr habe ich mich für mein Erasmus-Semester beworben und jetzt bin ich schon seit einem guten Monat in Lillehammer, Norwegen. Das sind meine ersten Eindrücke vom glücklichsten Land der Welt 2017.

Mein Auslandssemester habe ich mit einem zehntägigen Roadtrip eingeleitet, um das Land vorab schonmal etwas kennenzulernen. Ganz besonders habe ich dabei auch das schlechte Wetter kennengelernt. Da kann es schonmal passieren, dass die Luftmatratze um halb sechs Uhr morgens im Zelt treibt und man ins Auto flüchten muss. Nachdem wir dann noch zwei Stunden verdreht im Auto gedöst hatten, hieß es wieder: rauf auf die Straße und drauf aufs Gas. Drauf aufs Gas bedeutet in Norwegen übrigens 80 km/h – wenn man Glück hat auch mal 90, wenn man Pech hat nur 60. Da werden 300 Kilometer auf der einspurigen Schnellstraße schnell zur Tagesfahrt.
Obwohl es langsam voran ging, ist Norwegen ein wundervolles Land und wir haben die Extra-Stunden auf den Straßen gerne für die tolle Sicht aus dem Fenster in Kauf genommen. Aus dem Fenster schauen sollte der Fahrer allerdings nicht zu lange, sonst hat man schnell mal eine Ziegen- oder Schafsherde umgefahren. Nachdem der Regen uns aus dem Zelt getrieben hatte, fuhren wir morgens um halb sieben durch den Nebel im Nationalpark Hardangervidda. Gerade noch rechtzeitig haben wir die Ziegenherde entdeckt, die sich über beide Straßenseiten breit gemacht hatte. Wir waren einige Meter vor den Tieren zum Stehen gekommen und fuhren im Schritttempo auf die Herde zu. Die Ziegen schauten uns nur gelangweilt an. Wir saßen etwas hilflos im Auto – zum Glück kam wenig später ein Niederländer auf der Gegenspur, der ausstieg und die Ziegen auf eine Seite drückte.
Aber wie gesagt, die Landschaft ist die ungewöhnlichen Autofahrten wert. Wir haben gerne vom Jedermannsrecht Gebrauch gemacht, dass das Wildcampen in Norwegen mit wenigen Einschränkungen erlaubt. Das Geld, dass man sich dadurch spart, sollte man dann allerdings in einen sehr warmen Schlafsack investieren. Zumindest unsere Nächte in den Bergen waren nicht wirklich gemütlich. Trotzdem eine Erfahrung, die ich allen Norwegenbesuchern empfehlen kann. Es gibt nicht viele schönere Orte zum Aufwachen, als morgens den Zeltvorhang aufzuziehen und die Sonne zwischen den Bergketten aufgehen zu sehen.
Nach zehn Tagen mit langen Autofahrten, Regen, Ziegen und wunderschöner Natur ging es dann nach Lillehammer – meinem Zuhause bis Weihnachten. Ich hatte mich schon Wochen davor auf mein gemütliches Wohnheimzimmer mit hübscher Einrichtung im skandinavischen Stil gefreut – das versprachen zumindest die Fotos auf der Homepage. Der erste Blick in das Zimmer brachte mich dann aber doch schnell auf den Boden der Tatsachen zurück: quietschende Türen, 90-Zentimeter-Bett und abgenutzte Möbel … feels like home. würde ich sagen.
Dafür erwartete die Uni uns schon mit einer durchgeplanten Kennenlernwoche mit Rallyes und Kinoabenden. Norwegen mag sich vielleicht von Deutschland nicht so sehr unterscheiden, dennoch bemerkte ich bereits in der ersten Woche kulturelle Unterschiede. Während in Deutschland in der Kennenlernwoche meist viel Alkohol fließt, entdeckte ich hier nicht einmal Dosenbier. Könnte vielleicht an dem Trinkverbot an allen öffentlichen Plätzen liegen. Das wird hier sehr ernst genommen. Trinkt man abends in der Schlange vor dem Club noch ein Bier passiert es nicht selten, dass ein Polizeibeamter dich bittet, Dein Bier wegzuschütten.
Mit Alkohol scherzen die Norweger nicht. Es wirkt fast so, als ob Politiker ihn am liebsten ganz aus dem Land verbannen wollten. Im Supermarkt bekommt man quasi nur Bier (hauptsächlich in Dosen) und Cider und dafür ist man als deutscher Student fast ein halbes Vermögen los – ein Sixpack Dosenbier kostet wegen der hohen Alkoholsteuer zwischen 15 und 20 Euro. Für härteren Alkohol, dazu zählt auch Wein, muss man in den Liquor Store.
Daran müssen sich wohl alle Austauschstudenten erstmal gewöhnen. Trotzdem lässt es sich in Norwegen gut leben. Die Menschen sind sehr freundlich, das Wetter ist besser als erwartet und auch wegen Kriminalität muss ich mir keine Sorgen machen … dachte ich zumindest, bis mir gestern meine Jacke in der Bar geklaut wurde.
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