Als letztes von der Party nach Hause gehen, im Fünf-Minuten-Takt Facebook, Twitter und Instagram aktualisieren und ständig in Sorge sein, irgendetwas zu verpassen, was nicht direkt vor der eigenen Nase passiert. Fear of missing out, also die Angst, etwas zu verpassen, ist mittlerweile nicht nur die erste Social-Media-Erkrankung, sondern eine weit verbreitete Mode-Erscheinung.

Die Angst, etwas zu verpassen, gab es bereits vor der Einführung des Smartphones, der Erfindung des Internets oder der ständigen Erreichbarkeit, der wir verfallen sind. Die Sorge, man könnte irgendetwas wichtiges verpassen, begleitet beinahe Jedermann. So bleibt man in einer langweiligen Gesprächsrunde eher sitzen, als nach Hause zu gehen und einen entspannten Abend zu verbringen – man könnte ja eine wichtige Ankündigung oder den neuesten Gossip verpassen.
Waren es früher Gespräche oder Briefe, die als Hauptkommunikationsquelle herhalten mussten, um zu erfahren, was man alles verpasst, hat FOMO mittlerweile ganz neue Dimensionen erreicht: Der Urlaub des Kollegen auf Facebook, das Frühstück der Nachbarin auf Instagram und der neueste Partysnap der Kommilitonen auf Snapchat mit einem Getränk in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht. Seitdem busy das neue glücklich ist und ein voller Terminkalender mit viel Stress als Statussymbol für ein erfülltes Leben gilt, müssen wir nicht nur viele Dinge erledigen, auf unzähligen Events präsent sein und soziale Beziehungen pflegen, wir haben auch das Bedürfnis, diese auf sozialen Medien mit unseren Mitmenschen zu teilen.
Snap it or it didn´t happen
Erzählungen über Veranstaltungen waren gestern, Bilder auf Instagram, Videos bei Snapchat oder gar ein Livestream auf Facebook sind mittlerweile alltäglich. Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, was Freunde in ihrem Leben so anstellen, öffnet am besten deren Instagram-Profil oder schaut sich deren Snapchat-Story an. So bleibt man auf jeden Fall up to date.
Auch wenn es einem zu viel wird mit den ganzen Mitteilungen, Nachrichten, Fotos und Informationen, ganz ohne geht es in den meisten Fällen nicht. Das Handy ist der Kontakt zur Außenwelt, Telefon, Kamera, Taschenrechner, Wecker, Kalender und manchmal auch das Hilfsmittel gegen akute Langeweile in einem. Doch vor allem dient es dazu, auf dem Laufenden zu bleiben, was in der Welt passiert.
Wer morgens aufsteht, seinen Wecker ausschalten und zuerst in Ruhe einen Kaffee genießen kann, bevor er Kontakt mit der Außenwelt aufnimmt, sei an dieser Stelle beglückwünscht. In den meisten Fällen wird der Wecker auf dem Handy ausgeschaltet und noch im Bett liegend die verpassten Nachrichten, Fotos und Einträge durchforstet, bevor man sich mit einem Kaffee in das reale Leben stürzt.
FOMO ist so weit verbreitet, dass es in Kanada schon eine Gegenbewegung gibt: YOMO – joy of missing out. Coaches in Kanada bieten sogenannte YOMO-Wochenenden an. Hinaus in den Wald, tief durchatmen und einfach das wahrnehmen, was einem Social Media nicht bieten kann: Das, was genau vor einem passiert, in diesem Moment. Die Personen, die vor einem stehen; die Unterhaltung, die man gerade führt; der Ort an dem man sich tatsächlich befindet. Und nicht das, was man momentan für besser hält.
Doch eigentlich sind solche Wochenenden unter Anleitung gar nicht nötig. Laptop zuklappen, Handy ausschalten und rausgehen würde schon genügen. Tief durchatmen und vor allem: die Augen aufmachen und wahrnehmen, was man direkt vor der eigenen Nase hat. Der Ort, an dem man sich gerade befindet, ist schon richtig, auch wenn es nicht die Malediven sind.
Und vor allem, wer sein Leben bewusst lebt, ohne sich ständig zu überlegen, was in diesem Moment gerade besser wäre, kann gar nichts verpassen, wenn er sich auf das Hier und Jetzt konzentriert.
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