Vor wenigen Wochen jährte sich das Gedenken an die Reichspogromnacht zum 80. Mal. In dieser dunklen Zeit des Nationalsozialismus leuchtete inmitten der Schrecken der Glaube auf. Neben bekannten Heiligen wie Maximilian Kolbe und Edith Stein starben viele junge Menschen für ihren christlichen Glauben. Jede Woche stellen wir euch junge Menschen in einem kurzen Porträt vor.
Nach den Novemberpogromen des Jahres 1938 emigrierten viele jüdische Familien ins Ausland. Ebenso viele Eltern schickten ihre Kinder in die zu diesem Zeitpunkt noch sicheren Niederlanden. Die Geschwister Annemarie und Elfriede Goldschmidt waren unter ihnen.
Annemarie und Elfriede wachsen im katholischen Glauben auf
Annemarie wurde am 31. Januar 1922, ihre jüngere Schwester Elfriede am 4. August 1923 in München geboren. Vater Bernhard Goldschmidt, der Kaufmann war, und Mutter Magda erzogen ihre Töchter im katholischen Glauben. Aus Aufzeichnungen von Lotte Embacher, einer Freundin der Familie, geht hervor, dass die Eltern nicht getauft waren und wahrscheinlich von Jesuitenpater Rubert Mayer Taufunterricht erhielten. Von 1935 bis 1938 besuchte Annemarie das Lyzeum der Englischen Fräulein in Nymphenburg.
Die Geschwister finden Unterschlupf im Kloster und Halt im Gebet
Drei Jahre nur dauerte die Schulzeit. 1938 entschlossen sich die Eltern, ihre Töchter zur Sicherheit in die Niederlanden zu schicken. Ihre erste Station war Rotterdam. Dort kamen sie in Quarantäne und von dort ins 100 Kilometer entfernte Eersel. Während dieser Zeit fanden beide Trost im Gebet und besuchten täglich die heilige Messe. Beide kamen mit anderen Mädchen bei Klosterschwestern unter. Dort freundeten sie sich mit Ilse und Inge Brüll und dem Kölner Diözesanpriester Klaus Martin Reichenbach an. Dieser blieb währen der gesamten Zeit mit seinen Eltern in Deutschland in Kontakt. Keiner von ihnen überlebt das Dritte Reich.
Ende 1939 besuchten Annemarie und Elfriede in Koningsbosch eine Haushaltsschule der Kongregation vom Kostbaren Blut und lernten Holländisch. Zu dieser Zeit besuchten Lotte Embacher und ihr Mann Karl die beiden Mädchen. Von ihren Eltern sollten die Mädchen bis zu ihrer eigenen Deportation nichts mehr hören.
„Ich bete an Deine ewigen unergründlichen Pläne“
Durch diese Zeit half ihnen das Gebet. In tiefer Frömmigkeit und Zuversicht schrieb Elfriede ihrer Freundin Ilse Brüll nach Eersel in einem Brief:
„Was wird mir heute zustoßen, mein Gott? Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß, daß mir nichts zustoßen wird, ohne daß Du alles vorausgesehen, alles befohlen, oder zugelassen hast. Das genügt mir. Ich bete an Deine ewigen unergründlichen Pläne. Ich unterwerfe mich ihnen aus meinem ganzen Herzen. Ich will alles, nehme alles an, ich opfere Dir alles auf als ein Opfer in Einigkeit mit dem meines Erlösers. Ich bitte Dich in seinem Namen und durch seine unendlichen Verdienste um Geduld in meinem Leiden und die vollkommene Hingabe, die ich Dir schuldig bin, für alles, was Du willst, daß mit mir geschehen wird. Amen.“ (Elisabeth von Frankreich)
Annemarie und Elfriede werden deportiert und ermordet
Im Mai 1940 marschierten deutsche Truppen auch in den Niederlanden ein. Schwester Hieronyma aus der Kongregation vom Heiligen Blut schilderte die Situation nach der Gefangennahme von Annemarie und Elfriede in ihrem Tagebuch. Am Sonntag, 2. August 1942, wurden die beiden Mädchen gegen 4 Uhr abgeholt. Laut den Tagebuchaufzeichnungen wurden zeitgleich auch Schwester Benedicta – die heilige Edith Stein – und ihre Schwester Rosa verhaftet.
Die erste Station war das Lager Amerfoort. Annemarie und Elfriede sind zwei von 98 katholischen Juden, die nach Westerbork deportiert wurden. Von dort machen sie sich mit 900 anderen Frauen und Männern auf den 4 Kilometer langen Fußmarsch nach Hooghalen. Von dort geht es in das Konzentrationslager Auschwitz. Eine letzte Postkarte von ihnen an Lotte Embacher nach München blieb ihr letztes Lebenszeichen.
Ilse Brüll, die Freundin der Geschwister Goldschmidt, wurde ebenfalls im August 1942 in das KZ Auschwitz deportiert. Sie schickte eine letzte Karte an die Schwestern in Eersel: „Ich bin auf dem Weg zu Annemie (Annemarie) und Evi (Elfriede)“. Ihr Weg führte, wie auch der von Annemarie und Elfriede, sofort nach der Ankunft in die Gaskammer von Auschwitz-Birkenau.
Schreibe einen Kommentar