Draußen herrschen eisige Temperaturen, die Sonne kommt gar nicht zum Vorschein. Doch drinnen prasselt das Feuer im Kamin und sorgt für wohlige Wärme. Nun fehlt nur noch eine Tasse Tee und ein gutes Buch. Hier kommen drei Empfehlungen.
Es klingt kitschig und abgedroschen, doch Weihnachten ist und bleibt das Fest der Liebe. Tobie Nathan, einer der bedeutendsten Intellektuellen Frankreichs, hat vor einigen Jahren zur Liebe ein Sachbuch verfasst, das den seltsamen Titel „Verliebt machen“trägt. Der Untertitel lautet: „Warum Liebe kein Zufall ist“.
Weg mit den Hollywood-Klischees!
In der westlichen Welt glauben wir heutzutage fest an die Liebe auf den ersten Blick. Es muss direkt bei der ersten Begegnung knistern. „Es hat einfach sofort gefunkt“, berichten wir freudig. Auch die Sprache sorgt für dieses Bild der perfekten Liebe. Liebe ist etwas Plötzliches, für oder gegen das man nichts tun kann. Deshalb spricht man im Englischen von „to fall in love“ und den Franzosen trifft der „coup de foudre“, der Verrücktheitsschlag, ein plötzliches Liebesgewitter sondergleichen.
Es verwundert nicht, dass vor allem junge Menschen zunehmend frustriert sind von ihren Versuchen, die große Liebe zu finden. Das Ganze will einfach nicht so klappen, wie es Hollywood verspricht. Mancher junge Erwachsene hat mehrere Dates in einer Woche, immer auf der Suche nach dem einen besonderen Gefühl. Tobie Nathan weiß, warum wir dabei erfolglos bleiben: Liebe funktioniert anders – alle Gesellschaften vor uns haben es gewusst und anderswo in der Welt weiß man es noch immer.
Liebestränke und Beschwörungen
Nathan berichtet von Liebesritualen aus Babylonien, von Voodoo-Zaubern und Hexerei. Alle Praktiken haben eines gemeinsam: Die Liebe ist dort nichts Zufälliges. Sie ist beeinflussbar. Dabei ist nicht wichtig, ob Liebeszauber oder -tränke wirken – was man bezweifeln darf –, sondern dass die Menschen der vorgestellten Kulturen in einer Haltung leben, die Liebe zulässt. Sie bemühen sich aktiv um Liebe und gehen umgekehrt auf solche Bemühungen ein. Diese Menschen muss nicht der Schlag treffen.
Wer also immer noch auf der Suche nach der großen Liebe ist, sollte sich Tobie Nathans „Verliebt machen“ zu Gemüte führen und sich beim nächsten Date erinnern, dass Verliebtheit nicht passiert, sondern gemacht wird!
Von wegen: Träume sind Schäume!
Dass der eine oder andere von dem folgenden Buch noch nichts gehört hat, hängt keinesfalls mit der Qualität des Werkes zusammen, sondern damit, dass das Buch brandneu ist. „Wenn traumhaft immer nur positiv wäre“ ist am 29. Oktober diesen Jahres erschienen und das Erstlingswerk der jungen Schriftstellerin Elena Brombacher.
Es geht um eine junge Medizinstudentin, deren Träume sich nicht nur – wie bei den meisten Menschen – real anfühlen, sondern tatsächlich Wirklichkeit werden. Schon bald befindet man sich in einem verwirrenden Spiegelkabinett, in dem Wirklichkeit und Traum verschwimmen. Dabei ist die Erzählung auch handwerklich gut gemacht. Die Träume werden im Präsens geschildert, die eigentliche Geschichte im Präteritum. Dennoch bemerkt der Leser den Zeitenwechsel manchmal relativ spät, sodass man ab und an erleichtert ist, dass es sich bei den Geschehnissen „nur“ um einen Traum handelt. Danach erwartet man mit Spannung, welcher Trauminhalt womöglich real wird und ob die Protagonistin Einfluss darauf nehmen kann.
Nebenbei spielt sich zudem eine Lovestory ab, was im Hinblick auf das Alter der Hauptfigur stimmig erscheint. Interessant ist, wie Brombacher die Verliebtheit ihrer Protagonistin schildert: „Irgendwie sah ich Henry aber in einem anderen Licht als Phillip. Ich würde nicht sagen, dass ich mich in ihn verliebt hatte oder etwas in der Art, aber ich fühlte mich einfach auf eine besondere Art wohl, wenn er da war.“ Man muss kein Psychologe sein, um aus diesen Zeilen die Verliebtheit herauszulesen. Nun kann man sich tatsächlich an Tobie Nathan erinnert fühlen und fordern, die Hauptfigur namens Vicky müsse die Gefühle erkennen und zulassen. Ob sie das tut, muss jeder schon selbst nachlesen.
„Wenn traumhaft immer nur positiv wäre“ verspricht in jedem Fall Spannung und unerwartete Wendungen. Er ist vermutlich einer der besten deutschsprachigen Newcomer-Romane dieses Jahres.
Old but gold!
Für viele Schüler ist das Jugendbuch „Krabat“ von Otfried Preußler Pflichtlektüre. Mittlerweile ist der Roman fast über 50 Jahre alt. Er basiert auf einer sorbischen Sage, die noch viel älter ist. Dabei geht es um den Waisenjungen „Krabat“, der in einer Mühle im Koselbruch bei Schwarzkollm – ein real existierender Ort in Ostsachsen – bei einem Müller in die Lehre geht, der ihn in „Schwarzer Magie“ unterrichtet.
Auf mysteriöse Art und Weise verstirbt jährlich einer der Gesellen. Schon bald wird klar, dass der Meister am Ende jedes Jahres einen seiner Lehrlinge opfern muss, um nicht selbst zu sterben. Vor der Opferung gerettet werden kann ein Geselle nur, indem seine Geliebte in der Silvesternacht eine Probe auf Leben und Tod besteht.
Wer sich nicht mehr an die Schullektüre erinnert oder den Roman tatsächlich nicht kennt, sollte die kalte Jahreszeit nutzen, um nachzulesen, ob es Krabats Mädchen gelingt, ihn zu retten und dem bösen Spiel im Koselbruch ein Ende zu bereiten.
Mit einem Sachbuch, einem aktuellen Roman und einem Klassiker, der durch den Showdown in der Silvesternacht einen engen Bezug zur kalten Jahreszeit hat, sollte für jeden Typ Leser etwas dabei sein. Die Bücher von Nathan und Brombacher nehmen nicht ausdrücklich Bezug auf den Winter und eignen sich deshalb auch wunderbar als Weihnachtsgeschenke zur Frühjahrslektüre.
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