Wenn man nett ist, hat man es schwer. Man macht keinen Unterschied zwischen dem Chef oder der Reinigungskraft, man lächelt sie gleichermaßen an und ist ein beliebter Kollege oder Freund, weil man sich um die Nöte und Sorgen seiner Mitmenschen sorgt. Man hört ihnen zu, unterstützt sie und dann ist da dieser kleine Moment.

Eine Bekannte, erzählt mir, ihre beste Freundin hätte sich von ihr abgewandt. Es wäre nicht mehr zu ertragen und nach zehn Jahren Freundschaft, von denen der Großteil über die Schulzeit ging, ist es vorbei. Was denn so gravierend sein könnte, frage ich mich, traue mich aber nicht, noch weiter zu fragen. Ich habe Angst, dass ich sie noch tiefer in ihre Emotionen stoßen könnte, wenn ich jetzt noch Fragen stelle. Sie fühlt sich verloren, hat keinen Partner und trotz der engen Bindung an die Familie fühlt sie sich allein und verloren.
Sie tut mir unbeschreiblich leid und ich biete ihr an, etwas zu unternehmen, um sie aufzuheitern. Sie willigt unter Tränen ein und wir machen uns eine schöne Zeit in der Stadt, gehen Shoppen und Kaffee trinken. Wir lernen uns besser kennen und verstehen. Aus einer Bekanntschaft wird plötzlich eine engere Bindung und wir tauschen uns immer mehr über private Dinge aus. Irgendwann ist sie es, die ich anrufen möchte, wenn es mir nicht gut geht. Niemand scheint mir näher als sie, denn wir haben doch so vieles miteinander erlebt. Plötzlich ist diese Gewissheit da: Wir sind beste Freunde.
Doch plötzlich bist du nicht da … Ich versuche, dich anzurufen, wenn ich Liebeskummer habe. Ich brauche dich, denn sonst habe ich mit keinem so viel Zeit und Erlebnisse geteilt. Ich erwarte von dir, dass du mir zuhörst, dass du meinen Schmerz verstehst, dass du mir gut zuredest. Dass du mich in den Arm nimmst und meine Sorgen teilst. Doch du gehst nicht ans Telefon, weder heute, noch am nächsten Tag. Und auch nach einer Woche habe ich immer noch keine Antwort auf meine Whatsapp Nachricht bekommen. Noch nicht einmal gelesen hast du sie. Ich frage mich, was los ist. Und ich frage dich. Doch du schweigst.
Was ist nun der beste Weg, alles schlimmer zu machen? Richtig! Auf Facebook oder Instagram zu stalken. Ich sehe, dass du online warst und dass du vor einigen Stunden ein Bild von dir und deiner Freundin hochgeladen hast. Ihr habt euch wieder vertragen und du siehst so glücklich aus. Ein kleiner Stich durchzuckt mich, denn so glücklich hast du mit mir nie ausgesehen und erst jetzt wird mir klar, dass du mich auch niemals so umarmt hast, wie das Mädchen auf dem Foto.
Erst jetzt geht mir ein Licht auf: Ich war nur ein Lückenbüßer für dich. Ich habe mich jedes Mal auf dich gefreut, dir zugehört, bin für dich dagewesen, auch wenn es mir schwerfiel, genug Zeit zu finden. Andere Freunde habe ich vernachlässigt, um für dich da zu sein.
Aber du hast es nicht getan. Du hast nur an dich gedacht. Du hast mich angerufen, wenn es dir am besten gepasst hat, wenn du etwas zu erzählen hast. Meine Versuche, dir von meinen Sorgen zu erzählen, hast du kaum merklich abgewürgt und am Telefon gesagt, du müsstest jetzt auflegen. Dir war es nicht an mir gelegen, sondern daran, was ich zu geben hatte. Aber du selbst wolltest nur nehmen. „Wie hast du es geschafft, dich von der hilfsbedürftigen Person, als die ich dich sah, zu jemandem zu verwandeln, der mich ausnutzte und nun auch noch verließ?“, schießt es mir durch den Kopf. Wie konnte ich mich so sehr in einem Menschen täuschen?
Du schreibst mir nicht zurück. Jeder Tag ist eine Qual für mich, denn du hast mich sehr verletzt. Doch ich werde dir nicht mehr schreiben. Ich habe dein Schweigen verstanden und werde es nicht zu brechen versuchen. Ich hoffe, dass du verstehen wirst, wie sehr du mich verletzt hast, wenn dich jemand so behandeln, aber ich wünsche es dir nicht.
Vielleicht wolltest du mir nicht wehtun, vielleicht war es keine böse Absicht und nur dein Leichtsinn. Aber das macht für mich keinen Unterschied, denn der Schmerz ist da und er ist real. Wenn du nicht genügend reflektiert hast, über dein Verhalten und deine Taten, bist du trotzdem mit verantwortlich.
Vielleicht werden wir uns nie wiedersehen und vielleicht werden wir uns vergessen. Doch ich werde in Zukunft immer auf die Anzeichen achten, die ich von dir gelernt habe. Wenn mich jemand nicht wertschätzt, dann hat er oder sie mich nicht verdient und das ist kein Egoismus, sondern Selbstschutz und Selbstbewusstsein. Auch wenn ich immer noch freundlich zu anderen sein werde, werde ich Grenzen ziehen und sie auch einhalten.
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