Für Studierende steht die Klausurphase wieder vor der Tür – mit einem bunten Blumenstrauß an Stresssymptomen. Manche haben schon die ersten Prüfungen hinter sich, für andere beginnen sie erst in ein paar Tagen. Kann Stress uns dabei auch helfen und motivieren?

Die “Massenwanderung” in die Bibliotheken – für einige ist es mehr ein Ritual als tatsächliche Lernmotivation. Kratzende Stifte und rauchende Köpfe. Die Wohnung – ein einziges Chaos, denn zum Aufräumen fehlt die Zeit. Alles verstaubt, außer die Lehrbücher. Verkehrte Welt. Und auch das Sozialleben kommt bei so manchem beinahe zum Stillstand. Man trifft sich nur noch zum „Bibben“, höchstens aber zum gemeinsamen Mittagessen in der Lernpause. Die einzigen Zeiten, um mal nicht an den Lernstoff zu denken, sind beim Sport, beim Essen oder eventuell am Wochenende beim Feiern.
Es ist eigentlich die perfekte Diät, physisch und psychisch. Frühes Aufstehen, geregelte Mahlzeiten in den Lernpausen, Bewegungsausgleich durch Sport. Zudem betreiben viele Studenten ein konsequentes „Bulimie-Lernen“: Wissen in der Bibliothek rein, Wissen in der Klausur raus – vergessen. Das ist sicherlich nicht der Sinn hinter den Vorlesungen, man soll schließlich „für’s Leben lernen“. Und wahrscheinlich ist es auch eine sehr aufwändige Arbeitsmethode, denn immerhin muss man sich für die nächste Klausur dieses Wissen in der Regel wieder aneignen, denn natürlich wird das bereits Erlernte vorausgesetzt. Bei einem Großteil der Klausurschreiber gehört zu all diesen Diät-Maßnahmen außerdem eine Reduktion des Schlafes, besonders in den Nächten unmittelbar vor der Klausur. Eine umfassende Diät.
Aber wozu der ganze Stress?
Tatsächlich kann sich Stress positiv auf das Gedächtnis und somit auf das Lernen auswirken. Dafür ist das Stresshormon Cortisol verantwortlich: Bei einer emotional bedingten Stresssituation wird Cortisol ausgeschüttet. Dies führt zu einer physischen Erregung; so reagiert der Körper auf einen Streit zum Beispiel mit der Erhöhung des Pulses. Die Freisetzung von Cortisol festigt dann das zuvor Gelernte im Gehirn, da die erhöhte Konzentration des Stresshormons zur Bewältigung beider Situationen (der emotionalen und der des Lernens) genutzt wird. Kurzzeitiger Stress kann also den Lernerfolg verbessern. Chronischer Stress dagegen führt zu einer negativen Beeinflussung des Erinnerungsvermögens, da der Cortisol-Spiegel im Verlauf des Tages sinkt, eine Stressbewältigung also ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr optimal möglich ist.
Streit und Stress als Lehrer?
Als Schlussfolgerung könnte man durchaus darauf kommen, in der Prüfungsphase gezielt Auseinandersetzungen zu provozieren. Man kann aber auch auf konventionellere Lernmethoden oder auf generelle Stressabbaumethoden (vgl. „Stress-Wege aus dem Hamsterrad“, Rebecca Lessmann) zurückgreifen, um nicht in jeder Klausurphase seine sozialen Kontakte gefährden zu müssen. Wichtig ist eigentlich nur, dass man sich selbst nicht überfordert. Denn sonst klappt das mit dem Lernen nicht – und das wiederrum verursacht sicherlich neuen Stress.
Hakuna Matata!
Vermutlich bleibt eine stressfreie Prüfungsphase aber auch mit Entspannungsübungen eine Wunschvorstellung, denn früher oder später muss man sich schließlich doch mit dem Stoff auseinandersetzen. Aber wenn es so weit ist und man das Gefühl bekommt, mal wieder zu spät mit dem Lernen angefangen zu haben, gilt: nicht verzweifeln, denn ein bisschen Stress ist ganz normal – und sogar nützlich!
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