Ändert sich durch die Zahlungen etwas in Griechenland?
Kaum ein Thema beherrscht derzeit die Öffentlichkeit so stark und so andauernd wie die Schuldenkrise in Griechenland. Der gesamte Euroraum mit all seinen wirtschaftlichen Verflechtungen steht auf der Kippe und keiner kann genau sagen, welche Folgen ein Bankrott des Mittelmeerstaates hätte. Deutschland hat bisher fleißig Geld nach Griechenland gepumpt, um die Pleite des Staates zu verhindern oder zumindest aufzuschieben. Diese Maßnahmen sind alles andere als unumstritten und nicht wenige meinen, man sollte Griechenland in seine wohlverdiente Pleite entlassen, anstatt das Land künstlich am Leben zu halten. Ich stand den Rettungsschirmen immer schon etwas skeptisch gegenüber. Ständig fließen neue Milliarden nach Griechenland, ohne dass sich erkennbar etwas ändert. Der Staat ist und bleibt hochverschuldet und befindet sich nur knapp vor der Pleite.
Kürzlich habe ich ein lesenswertes Buch von Matthias Weik und Mark Friedrich mit dem Titel „Der Crash ist die Lösung“ gelesen. In diesem Buch hauen die Autoren ordentlich auf den Putz und zeigen die Missstände in verschiedenen Ländern der Erde auf. Auch das Bankensystem kriegt sein Fett weg und die beiden Finanzexperten sehen den Euro als gescheitertes Experiment. Auch ihre Meinung zu Griechenland ist klar. Man müsse sofort mit den Zahlungen aufhören, den Staat aus dem Euroraum werfen und ihnen die Chance auf einen kompletten wirtschaftlichen Neustart geben. Das Ganze klingt auf den ersten Blick hart, aber auch ich finde, dass das der einzige Weg ist, wie Griechenland wieder auf die Beine kommen kann.
Griechenland wird die Schulden nie zurückbezahlen können
„In keinem Fall ist Griechenland ein wünschenswertes Mitglied der Währungsunion. Das Land ist in einem bemitleidenswerten Zustand: Wirtschaftlich unseriös, von politischen Streitereien gelähmt und finanziell verrottet.“ Man mag es kaum glauben, aber dieser Satz ist schon über 100 Jahre alt. Er stammt von Henry Parker Millis, als man überlegte, Griechenland in die lateinische Münzunion aufzunehmen. Endgültig gescheitert ist diese Währungsunion im Jahr 1927 und der Auslöser war damals Griechenland. Einige Jahrzehnte später stehen wir vor einer ähnlichen Situation und es scheint, als hätten wir aus der Vergangenheit nicht gelernt. „Wir werden jeden Cent zurückzahlen. Deutschland bekommt sein Geld zurück – und zwar mit hohen Zinsen“, verkündete der damalige griechische Regierungschef Giorgios Papandreou vollmundig. Wenige Zeit später wird klar, dass Griechenland das natürlich nicht schafft und einen Schuldenschnitt benötigt. Der Effekt des Schuldenerlasses ist allerdings schon längst wieder verpufft und seitdem sind stetig neue Milliarden nach Griechenland geflossen.
Wie sich die deutsche Regierung und die EU die Genesung Griechenlands vorstellen, ist mir schleierhaft. Die Industrieproduktion im Land befindet sich auf dem Niveau von 1978. Das ganze Land ist von Korruption zerfressen und die Einzelhandelsumsätze sinken Monat für Monat weiter. Selbst bei hohen Regierungsbeamten werden stetig neue Schmiergeldskandale aufgedeckt. Nicht einmal die Personen, die das Land aus der Krise führen wollen und sollen, schaffen es, mit gutem Beispiel voranzugehen. Die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen beträgt fast 60 Prozent und das durchschnittliche Einkommen der Griechen ist seit 2009 nach einer OECD-Studie um fast 40 Prozent gefallen. Anstatt dass sich die Situation in Griechenland durch Hilfe von außen stetig verbessert, wird es immer schlimmer. Die realitätsfernen Sparmaßnahmen, die eigentlich die Voraussetzung für weitere Kredite sind, werden kaum erfüllt.
Natürlich birgt der Staatsbankrott Griechenlands ein sehr hohes wirtschaftliches Risiko für ganz Europa. Vor allem die wohlhabenden Banken und Banker fürchten, dass sich ihr Vermögen schmälert und die jährlichen neuen Rekordgewinnmeldungen und Bonizahlungen Geschichte sein könnten. Ähnlich wie vor der letzten Finanzkrise begründen sich viele der hohen Renditen, die Banken erzielen, auf hochriskante Investitionen. Der Bankrott Griechenlands könnte das Kartenhaus erneut zum Einsturz bringen und viele der großen Banken tun alles daran, Griechenland weiter dahinsiechen zu lassen. Im Buch vergleichen Weik und Friedrich den Staat mit einem Patienten, der bereits klinisch tot ist und mit allen Mitteln am Leben gehalten wird. Ein Abstellen der lebenserhaltenden Maßnahmen würde den Patienten endlich erlösen.
Wie sieht eine mögliche Maßnahme aus?
Eigentlich gibt es nur zwei Alternativen. Entweder Griechenland bekommt einen weiteren Schuldenschnitt, erhält regelmäßige Zahlungen und vegetiert weiter vor sich hin oder das Land wird in den wohlverdienten Staatsbankrott zu entlassen. Griechenland müsste sofort aus dem Euro austreten, was zu Beginn schlimme Folgen hätte. Der Staat müsste wirtschaftlich völlig neu starten. Doch Griechenland hätte die Chance auf einen kompletten Wiederaufbau. Deutschland stand nach dem Zweiten Weltkrieg vor einer ähnlichen Situation. Wirtschaftlich war das Land komplett am Ende, doch mithilfe des Marshall-Plans und einer Währungsreform kam die Wirtschaft relativ schnell wieder auf die Beine. In den 1950er Jahren sprach man bereits wieder von einem Wirtschaftswunder. Durch einen „kontrollierten Staatsbankrott“ könnte man Griechenland zu einem Neuaufbau mit eigener Währung zwingen, ohne dass der Staat von der EZB abhängig ist.
Es muss sich etwas ändern
Ich bin gespannt, wie lange das aktuelle Modell der EZB und der wirtschaftsstärkeren europäischen Staaten noch gut geht. Doch irgendwann muss Griechenland zwangsläufig pleitegehen und warum sollte man dies noch künstlich herauszögern? Meiner Meinung nach müssen die Rettungspakete schnell aufhören und Griechenland muss die Chance zum Neuaufbau gegeben werden, auch wenn ein Bankrott des Staates wohl kurzfristig unbequeme Auswirkungen auf den gesamten europäischen Wirtschaftsraum hat.
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