Bakteriengene in Tomaten oder Spinnengene in Kartoffeln? – Klingt wie ein Albtraum! Gentechnikforscher und manche Politiker hingegen sehen darin eine große Chance für die Menschheit. Ihrer Meinung nach verbessern gentechnisch veränderte Pflanzen unsere Ernährung, weil darin Vitamine angereichert werden können. Doch mit welchen Risiken? Ein kurzer Einblick über die Grundlagen der Gentechnik und Chancen und Risiken der „Grünen Gentechnik“ von Andrea Schöne.

Einmal in einen Gen-Burger bei McDonalds beißen? Klingt nicht besonders lecker. Seit Anfang April erlaubt der Fastfood-Konzern seinen Hähnchenfleisch-Lieferanten den Einsatz von gentechnisch verändertem Futtermittel. Bisher verlangte McDonalds von seinen Hähnchenlieferanten, dass diese nur unverändertes Futtermittel verwenden. Die Zulieferer können keine ausreichenden Mengen an nicht gentechnisch veränderten Futtermitteln zu wirtschaftlich vertretbaren Preisen garantieren. Ist Profit wichtiger als die Gesundheit tausender Menschen? Oder ist die „Grüne Gentechnik“ doch gar nicht so schädlich?
Wissenschaftliche Grundlagen der Gentechnik
Allgemein umfasst die Gentechnik die Isolierung, Veränderung und wieder Neuzusammensetzung von DNS-Sequenzen. Um die artfremden Gene in die Pflanzen zu bekommen gibt es drei Wege. Da wäre ein Vehikel, genannt Vektor, welches in Form eines Virus oder eines Bakteriums, welche das neue Gen in die Pflanze einschleusen. Beim Eindringen in diese nimmt die Pflanze das neue Gen auf und die DNA-Sequenz wird im Reagenzglas wieder zu einer vollständigen Pflanze herangezogen. Bei der zweiten Variante werden zunächst die dicken Zellwände der Pflanzenzellen abgebaut, die vor der Übertragung fremder Gene schützen. Das neue Gen wird in einer Flüssigkeit in die Protoplasten eingeschleust, damit es von der Zelle ganz aufgenommen wird. Problematisch ist dabei, dass die aufgelösten Zellen wieder zu ganzen Pflanzen mit festen Zellen gezüchtet werden müssen. Eine weitere Möglichkeit ist die „Genkanone“. Das einzuschleusende Gen wir an mikroskopisch kleine Goldkügelchen geheftet. Diese werden mit einer Geschwindigkeit von mehr als 1.300 Metern pro Sekunde direkt in die Pflanzenzellen geschossen. Die Teilchen sind so klein, dass die Zelle und Zellwand nicht beschädigt werden. Allerdings ist die Erfolgsquote nicht besonders hoch, dass die eingeschleusten Gene häufig nicht aktiv werden oder nur Teile des gewünschten Gewebes getroffen werden.
Chancen der „Grünen Gentechnik“
Laut Biochemikern werden durch das Einschleusen bestimmter Gene die Nutzpflanzen viel effizienter. Beispielsweise wird Mais gegen Schädlinge, wie den Maiszünsler, resistent gemacht. Dies wiederum reduziert den Einsatz von gesundheitsschädlichen Herbiziden. Indien verzeichnet derzeit große landwirtschaftliche Erfolge mit der gentechnisch veränderten Bt-Baumwolle. Dank des Giftes des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) können sich Baumwollkapselbohrer nicht mehr in die Pflanze einnisten und die Baumwolle in den Früchten von innen auffressen. Die Baumwollbauern sparen sich dadurch aus teure und giftige Schädlingsbekämpfungsmittel. Obwohl die neue Baumwolle in Indien erst vor ungefähr zehn Jahren das erste Mal gepflanzt wurde, ist das Land der größte Produzent und der Anbau bringt somit Aufschwung für die Landwirtschaft Indiens.
Außerdem können durch die Gentechnik auch bestimmte Mineralstoffe oder Vitamine in Pflanzen angereichert werden. Ende der 1990er begann eine Forschergruppe einen neuen β-carotin-haltigen Reis zu entwickeln, um dem Vitamin A-Mangel in den asiatischen Ländern entgegenzuwirken. β-Carotin ist der wichtigste Stoff für die Bildung von Vitamin A. Dieses Vitamin ist beispielsweise wichtig für den Sehvorgang oder die Bildung der weißen Blutkörperchen. Das ß-Carotin in Form eines Gens aus der Narzisse und einem Bakterium in die Zelle übertragen werden, um den Biosyntheseweg aufzubauen. Das ß-Carotin färbt den Reis gelb, daher wird dieser Golden Rice genannt. Bisherige Forschungsergebnisse sagen aus, dass eine Tasse Golden Rice der zweiten Züchtung den täglichen Vitamin A-Bedarf eines Erwachsenen ungefähr zur Hälfte decken. Nach Studien steht auch nach der Lagerung und Zubereitung für den menschlichen Organismus das gesamte ß-Carotin zur Verfügung.
Risiken der „Grünen Gentechnik“
Gentechnische Pflanzenveränderung hat auch einige Risiken. Gentechnisch veränderte Nutzpflanzen, welche die Fähigkeit besitzen sollen, Abwehrstoffe gegen bestimmte Insekten zu entwickeln, können die Umwelt schädigen. Denn wie bei herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln verändern die Schädlinge ihre DNA und werden resistent gegen die Abwehrstoffe. Daher müssen die Nutzpflanzen zusätzlich noch mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden, was noch mehr die Umwelt schädigt. Neuste Untersuchungen ergaben, dass die Menge des gebildeten Giftes in der Pflanze bei der Gen-Maissorte Mon810 von den Umweltbedingungen abhängig ist. Bei Kälte und Feuchtigkeit produziert die Pflanze deutlich mehr Gift, herkömmliche Maissorten reagieren nicht so stark auf Stress. Die von der Pflanze produzierten Gifte befinden sich auch im Erntegut und landen damit, da Mais ein Lebens- bzw. Futtermittel ist, auch letztendlich auf unseren Tellern und können ein Gesundheitsrisiko darstellen.
Ein weiteres Problem stellt die Verbreitung der gentechnischen Pflanzen für die Biodiversität dar. Durch Samenflug können sich gentechnisch veränderte Pflanzen in unbegrenztem Maße weiterverbreiten und somit einheimische Pflanzensorten immer weiter verdrängen. Die Langzeitfolgen sind noch nicht absehbar. Die Entwicklung des Golden Rice ist ebenfalls sehr umstritten. Umweltschutzorganisationen und die WTO würden das Verteilen von Vitamin-A-Präparaten in Entwicklungsländern deutlich mehr befürworten, da die Langzeitwirkung der gentechnisch veränderten Reissorte nicht absehbar ist. Da Golden Rice durch Unternehmen hergestellt wird und die herkömmlichen Reissorten immer mehr verdrängt werden, können noch stärkere wirtschaftliche Abhängigkeiten der Entwicklungsländer zu Unternehmen entstehen und lösen das Problem von Mangelernährung nicht.
Segen oder Fluch?
Wie man sieht, bringt die „Grüne Gentechnik“ uns im Endeffekt viel Ungewissheit. Die Natur gentechnisch zu verändern und in die freie Natur zu entlassen, kann unkontrolliert, da das Genwissen noch nicht vollständig erforscht ist, unabsehbare Gefahren auslösen. Schon Professor Erwin Chargaff, ein Begründer der Gentechnik, meinte dazu: „Die Idee, die Natur zu „verbessern“, darauf wäre ich nicht gekommen. Ich habe den Sinn der Naturwissenschaften darin gesehen, dass wir einen größeren Einblick in die Natur bekommen und vielleicht zu größeren Bewunderern der Schöpfung werden, als wir es sind.“
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