Wahnsinn. Nun bin ich seit mittlerweile über vier Monaten in Bolivien. Die Anfangszeit und ganz besonders die ersten Wochen haben sich viel länger angefühlt. Und doch scheint es mir jetzt, als wäre die Zeit verflogen. Aber was kommt als nächstes?

Immer mehr merke ich, wie ich mich an mein neues Zuhause gewöhne. Irgendwie bin ich so langsam angekommen. Die Pariser Terroranschläge habe natürlich auch ich mitbekommen und es hat mich ebenso sowohl vor Schock als auch vor Trauer und Wut geschüttelt. Ich kann mir nur ausmalen, welche Reaktionen und Zustände dies allein in Frankreich, Deutschland und ganz Europa hervorgerufen haben muss. Beinahe bin ich froh, dass ich von alldem in Bolivien Distanz wahre, solange ich noch hier bin. Manchmal stelle ich mir vor, wie komisch es wohl sein wird, nach einem Jahr wieder sein altes Zimmer zu betreten. Es wird sich nichts verändert haben und doch irgendwie alles.
Ich arbeite vormittags nicht mehr in der Schule, sondern mache nun einen Sprachkurs. Ziel ist es, das internationale Spanischdiplom DELE auf dem Level B2 zu bestehen. Dass das richtig ambitioniert ist, habe ich schnell gemerkt. Ich habe zwar „nur“ zwei Stunden Sprachkurs mit meiner Professorin Monica jeden Tag, aber die haben es in sich. Grammatik, Texte, Hörverstehen – bei all den neuen Dingen raucht mir schnell der Kopf. Meist sitze ich nachmittags noch zwei bis drei Stunden an den Hausaufgaben.
Der erste gute Vorsatz im alten Jahr
So langsam geht nicht nur das Jahr zu Ende, auch bei uns Freiwilligen steigt die Vorfreude und die Ferien rücken immer näher. Da wir mit neun Leuten eine ziemlich große WG sind, teilen wir uns auf und jeder hat unterschiedliche Urlaubspläne. Ich denke aber, dass es uns allen gut tut, etwas Abstand voneinander zu gewinnen, um dann im neuen Jahr wieder voller Energie loszulegen.
Nach einigen Recherchen und Umplanungen, stehen nun auch meine Reisepläne fest. Zuerst geht es für mich in den tropischen Regenwald, dann in die Wüste und zum Schluss über La Paz nach Macchu Picchu in Peru. Ich stehe dem Zeitrahmen, welchen wir uns gesetzt haben, noch etwas kritisch gegenüber aber ich hoffe natürlich, dass wir alles schaffen werden. Ich reise zusammen mit meiner Zimmernachbarin Sophia.
So lange wir noch hier sind, habe ich mir bereits als verfrühten Vorsatz für das neue Jahr genommen, mehr Sport (als gar keinen) zu machen. Ich habe bislang zwei Fitnessstudios entdeckt, welche verschiedene Kurse anbieten. Bedeutet also, dass ich mich jetzt in regelmäßigen Abständen zum Kickboxen oder zum Spinning bewege. Es ist wirklich schweißtreibend, aber macht Spaß.
An Aktivitäten mangelt es hier in Sucre sowieso nicht. Die Stadt ist voller kultureller Highlights und für zwei Wochen fand hier das Festival „Internacional de las Culturas“ statt. Jeden Abend gab es von Oper über Theater und Tanzshows bis hin zu Konzerten viele verschiedene Angebote. Besonders die Show „Sucre, baila!“ hat mir gut gefallen und hat erneut die kulturelle Vielfalt Boliviens bewiesen. Abgesehen von einigen Verspätungen, einem weniger professionellen Moderatorenteam und einen Hund, der immer wieder auf die Bühne gesprungen ist und die Nebelmaschine bekämpft hat, war es ein wirklich gelungener Abend.
Weihnachten unter Palmen
Sprechen wir vom Ende des Jahres und dem Monat Dezember, denken viele an Weihnachten oder Sylvester. So, auch ich. Es ist komisch, von dem ganzen Weihnachtstrubel nichts mitzubekommen und ich muss gestehen, gegen einen Adventskalender oder einen heißen Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt würde auch ich mich nicht beschweren. Auf der anderen Seite finde ich es interessant und herausfordernd zugleich Weihnachten einmal ganz anders zu verbringen – ohne Baum, ohne Geschenke und natürlich ohne Familie und Freunde.
Ich werde Weihnachten auf dem Salar de Uyuni verbringen, dem größten Salzsee der Welt. Und was gehört an Weihnachten noch dazu? Die kalte Jahreszeit! Davon ist hier leider nicht zu sprechen. Das Wetter ist meistens ziemlich gut und warm. Dennoch bricht die Regenzeit langsam ein und innerhalb von Minuten verwandeln sich harmlose Pfützen in Sturzbäche. Binnen weniger Minuten steht dann auch unser kompletter Innenhof unter Wasser.
Kein Baum, kein Advent, kein Kalender
Viele Traditionen aus Deutschland gibt es hier nicht. Der Advent wird zelebriert so etwa und auch wenn ich von meinem letzten Adventskalender schwärme, ernte ich fragende Blicke. Zudem wird der „Heiligabend“ mit den Geschenken am Morgen des 25. Dezember gefeiert. Es ist also eher ein „Heiligmorgen“. Die Häuser werden hier zwar zum Teil mindestens genauso kitschig dekoriert, aber auch den klassischen Tannenbaum, der bei uns in jedes Wohnzimmer gehört, gibt es hier nicht.
Gelegentlich findet man lediglich ein paar Tannenzweige. Ähnlich wie bei uns gibt es auch hier an Weihnachten ein Festessen, bei dem die ganze Familie sich versammelt. Es gibt aber kein traditionelles Festtagsessen. Eines steht jedoch fest: Es kommt viel auf den Tisch. Und noch mehr: Zu meiner Enttäuschung werden hier üblicherweise keine Plätzchen zu Weihnachten gebacken, auch wenn man sich sonst das ganze Jahr kaum vor süßem Gebäck und Keksen retten kann.
Da Bolivien wie fast alle anderen südamerikanischen Länder zum großen Teil christlich beziehungsweise katholisch ist, wird sich auch hier die Weihnachtsgeschichte von Jahr zu Jahr zum Neuen erzählt. Im Grunde geht es wie bei uns darum, sich mit Familie und Freunden zu versammeln und die Festtage beisammen zu genießen. Weihnachten ist hier also ganz anders – und doch gleich.
In meinem nächsten Beitrag werde ich euch dann ausführlich über meine Reisen berichten und wie ich den Jahreswechsel verbracht habe.
Allen eine frohe Zeit und bis dahin!
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