Es lebe die Freizeit! „Ihr seid hier, um die Stadt zu erkunden. Geht raus und genießt die Zeit!“, das raten uns unsere Dozenten beinahe täglich und versorgen uns mit nützlichen Tipps zur Freizeitgestaltung in und um Sevilla. Dieses Mal berichte ich Euch von der schönen Seite meines Auslandssemesters in Spanien und nehme Euch mit auf eine kleine Reise durch die Stadt.
Der Unialltag nimmt selbstverständlich einen Großteil meiner kostbaren Zeit ein. Doch wer schon einmal eine Weile im Ausland studiert oder gearbeitet hat, der weiß, dass eines noch viel wichtiger ist: Die richtige Freizeitgestaltung! In einer kulturell so wertvollen und gleichzeitig vergleichsweise preismäßigen Stadt wie Sevilla sind die Möglichkeiten vielfältig. Glücklicherweise bietet unsere Uni wöchentlich Aktivitäten an, die viele Bereiche der „Must-Dos“ in Sevilla abdecken.
Ich habe Euch zwar vor einiger Zeit erzählt, dass meinen Kommilitonen und mir das „Welcome Dinner“ nicht sehr gefallen hat, doch mein Freund und ich wollten dem International Office noch eine Chance geben und meldeten uns für die Aktivität Past View an.
Hinter dem Wort Past View verbirgt sich eine geführte Tour durch die Innenstadt, bei der die bekannten Sehenswürdigkeiten und ihre Geschichte etwas anders als gewöhnlich präsentiert werden. Zusätzlich zu den Informationen des Tourguides erhalten die Teilnehmer eine Virtual Reality-Brille (kurz VR). Mittels dieser VR-Brille werden sie Jahrhunderte weit in die Vergangenheit geschickt, um während der verschiedenen Tour-Stopps bekannte Gebäude, wie den Torre del Oro oder den mittelalterlichen Königspalast Alcázar, in deren damaligem Zustand bewundern zu können. Unsere Tour führte uns zum Beispiel an den Plaza del Triunfo, an dem sich die imposante Catedral de Sevilla befindet. Nach kurzen Erläuterungen der Gruppenführerin (den Spanisch-Analphabeten wie mir zuliebe auf Englisch), setzten wir unsere Brillen auf und sahen eine kurze Videosequenz mit Schauspielern, die eine originalgetreue Szene aus dem zwölften Jahrhundert nachstellten. Anschließend konnten wir mithilfe eines Panoramaviews das jetzige Aussehen der Kathedrale und deren Umgebung mit dem Erscheinungsbild von vor neun Jahrhunderten vergleichen.
Mir hat die Tour, die täglich am Metropol Parasol startet und circa eineinhalb bis zwei Stunden dauert, sehr gefallen. Wie ich erwartet hatte, haben sich aber viele meiner Kommilitonen vom Negativbeispiel „Welcome Dinner“ beeinflussen lassen, sodass wir insgesamt nur sechs kulturhungrige Zeitreisende waren.
Als angehende (Kultur-)Journalistin ist es natürlich von Vorteil, wenn nicht gar zwingend notwendig, dass ich mich für Kultur interessiere. Ich wäre aber einfach nicht ich, wenn mich nicht auch die vielen kleinen Bekleidungs-, Schuh- und Elektronikgeschäfte in der Innenstadt Sevillas reizen würden. Eine kleine Tour durch die Fußgängerzonen Calle Sierpes und Calle Tetuán durfte also auch nicht fehlen.
Wisst Ihr, wie Krokodilfleisch schmeckt?
Der absolute Place-to-Be für meinen Freund und mich ist aber momentan das Festival de las Naciones. Im Parque de Maria Luisa erwartet Besucher noch bis Ende Oktober ein wahrhaftes Fest der Nationen. Bekleidungs-, Accessoire- und Essensstände aus zahlreichen Ländern dieser Welt locken mit teils ausgefallenen Angeboten, wie dem „Crocodile-Snack“ oder Kängurufleisch im Brötchen.
Im Stil A wie Australien bis V bis Venezuela buhlen die Buden um die Gäste. Da darf ein typisch deutscher Stand natürlich nicht fehlen. Auf Schweinshaxe und Krakauer (liegt Krakau nicht in Polen?) hatte ich aber keine Lust, sondern probierte mich durch Guacamole, frittierte Banane und kostete auch vom Krokodil- und Kängurufleisch. Das mag Geschmackssache sein, aber ich empfand alles als ausgesprochen lecker.
Sightseeing, Shopping, eine kleine Reise durch die Esskultur fremder Länder, was fehlt da noch für ein perfektes Freizeitprogramm? Natürlich ein Tag am Strand! Moment, zum Strand im Oktober? Klar, so einen richtigen Herbst kennen die Bewohner Sevillas und Umgebung nicht. Selbst der Regen hat um diese Jahreszeit im Vergleich zu Deutschland noch Seltenheitswert. Also fiel die Entscheidung für einen Besuch des Sandstrandes Matalascañas nicht schwer. Mein Freund und ich fuhren aber nicht alleine. Wir bildeten eine Gruppe aus 20 Auslandssemestlern von verschiedenen Macromedia-Standorten, aufgeteilt auf vier gemietete Autos (der Strand liegt eine Autostunde von Sevilla entfernt).
Matalascañas hatten mein Freund, eine Kommilitonin und ich schon einmal im September besucht. Allerdings erschien uns dieses Mal das Wasser noch wärmer und die anfängliche Skepsis angesichts der Nebelschwaden auf den Straßen wich schnell absoluter Entspannung und Zufriedenheit. Ich gehörte zu meinem Glück zu denjenigen, die erstens durchaus braun werden können – kleiner nicht ernst gemeinter Seitenhieb auf meinen Freund – und zweitens zu denjenigen, die den Tag ohne Sonnenbrand hinter sich brachten.
Wir erlitten einen kleinen „Kultur-Schock“
La dulce vida, das süße Leben, danach klingt mein Auslandsaufenthalt sicher für Euch. Ich kann Euch aber versichern: Schon bald werde ich mich voll und ganz in die Klausurvorbereitungen und Projektarbeiten stürzen müssen, über die wir beinahe täglich neue Informationen von der Uni bekommen. Eventuell berichte ich davon in meinem nächsten Beitrag.
Zum Abschluss möchte ich Euch aber noch einen Funfact zur Kathedrale mit auf den Weg geben, die wir ebenfalls (kostenlos!) durch eine „Actividad“ der Hochschule besichtigen durften. Das Innere des Gebäudes lässt den Größenwahnsinn der damaligen Bauherren erahnen, so perfektionistisch und detailreich wie es gestaltet ist. Auch die (mutmaßlichen) Überreste von Christoph Kolumbus ließen meine Foto-App auf dem Handy wahrlich überquellen. Der wahre Funfact verbirgt sich jedoch innerhalb des Turmes Giralda, der Besuchern einen traumhaften und facettenreichen Ausblick über die Stadt bietet. Die „Aussichtsplattform“ ist nämlich nicht durch Treppenstufen zu erreichen. Der damalige König ordnete an, Rampen statt Treppen einzubauen, damit er, faul wie er allem Anschein nach war, mit seinem Pferd hinaufreiten konnte.
Hätte sich der Bauherr unseres Apartmentkomplexes doch nur ein Beispiel daran genommen, dann könnten wir uns und unsere Einkäufe die vier Stockwerke bis zu unserer Wohnung von einem tierischen Begleiter transportieren lassen.
Damit habe ich Euch hoffentlich einen umfassenden Einblick in meine Freizeitgestaltung hier in Sevilla gegeben. Ich bin gespannt, was ich bis zum nächsten Bericht so alles erleben darf.
¡Hasta pronto!
Jasmin
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