Ich melde mich wieder aus dem immer noch sonnigen und warmen Spanien! In dieser Rubrik erfahrt Ihr, wie es mir während meines Auslandssemesters in Sevilla so ergeht und könnt Euch ganz nebenbei Tipps für Eure eigenen Auslandspläne holen.

Der Unibeginn vor gut zwei Wochen hat den allseits gefürchteten Alltag eingeläutet. Meine Zeit hier in Sevilla fühlt sich nun nicht länger wie ein sommerlicher Städtetrip an, bei dem Sightseeing, Entspannung und das Ausprobieren kulinarischer Highlights auf dem Plan stehen. Stattdessen heißt es jetzt Wecker stellen, um pünktlich um halb neun in der Uni zu sein.
Unsere Wohnung liegt nur ungefähr 20 Fahrradminuten von der Uni entfernt, weshalb wir uns am ersten Unimorgen keine Sorgen um ein mögliches Zuspätkommen machten. Ich hatte Euch ja bereits erzählt, dass mein Freund und ich uns vor Unibeginn bei Sevici, dem örtlichen „Fahrradverleih“, angemeldet hatten. Direkt an unserer Wohnung befindet sich etwas versteckt zwischen ein paar Häusern eine Station, an der Fahrräder bereitstehen – normalerweise. Am Montagmorgen um Viertel vor acht mussten wir mit Schrecken feststellen, dass alle Fahrräder bereits ausgeliehen waren. Eine Situation, in die wir vorher noch nie gekommen waren. Glücklicherweise liegen auf unserem Weg zur Universität noch einige Stationen. Daher hielt sich meine Panik zunächst in Grenzen. Nachdem wir aber auch an der zweiten Station keine Fahrräder vorgefunden hatten, war es mit meiner Geduld und Ruhe vorbei.
Ich erinnerte mich daran, dass man uns am Orientierungstag in der Woche vor Unistart gesagt hatte, dass eine strikte Anwesenheitspflicht herrsche, die bereits durch eine geringe Verspätung erheblich verletzt werde. So weit wollte ich es natürlich nicht schon am ersten Tag kommen lassen. Unseren morgendlichen Sport hatten wir also schon absolviert, nachdem wir zur dritten Station gehetzt und von da aus mit Vollgas und endlich mit einem Fahrrad zur Uni gefahren waren.
Wer zu spät kommt, der hat länger geschlafen
Am zweiten Tag wollten wir bezüglich der Fahrräder auf Nummer Sicher gehen und hatten deshalb am Vorabend noch nach weiteren Stationen auf unserem Weg geforscht. An diesem Morgen sollte aber nicht die Fahrradsituation unser Problem sein. Als mein Freund mich am Dienstag mit den Worten „Sch**** es ist halb 9!“ aus dem Schlaf riss, wurde schnell klar, dass dieses Mal der Handywecker nicht geklingelt hatte.
Ich konnte unser Pech wirklich kaum fassen. Schließlich gibt es nichts, was die Anwesenheitspflicht mehr verletzen kann als die Abwesenheit. Ich musste fast lachen angesichts der Ironie dieser ersten Unitage. Wir machten das Beste aus unserer Lage – nämlich erst einmal ein ausgiebiges Frühstück. Das kommt nämlich in der morgendlichen Hektik schnell zu kurz und schafften es dennoch pünktlich zum zweiten Kurs des Tages.
Der Rest der ersten Alltagswoche verlief ohne unvorhergesehene Zwischenfälle. Unsere Kommilitonen, die von allen Macromedia-Standorten Deutschlands nach Sevilla gekommen sind (die Macromedia ist meine Heimatuni), sind allesamt nett, sodass das Anschlussfinden innerhalb der deutschen Sprache nicht allzu lange gedauert hat. Selbst einige Dozenten ignorieren die strengen Vorschriften der Uni, was uns allen den Druck nimmt, den wir am Anfang des Semesters hatten.
Am Donnerstag der ersten Woche stand schließlich ein „Welcome Dinner“ für alle internationalen Studenten der Uni an. Das Dinner selbst schnitt bei uns weniger gut ab, da die gereichten Tapas im wahrsten Sinne des Wortes kleine Appetithäppchen waren, die uns mit großem Appetit zurückließen. Dafür entschädigte uns die anschließende kleine Clubtour, die mein Freund und ich mit ein paar Kommilitonen unternahmen. Die Tatsache, dass unsere Uniwoche aus nur vier Tagen besteht und der Freitag grundsätzlich frei ist, kam mir am nächsten Morgen zugegebenermaßen durchaus zugute.
Die letzte Hürde: die Sprache
Angesichts des eingekehrten Alltags glaubt Ihr sicher, dass ich mich hier in Sevilla schon vollständig eingelebt habe. Es fühlt sich aber dennoch nicht so richtig nach Heimat an, was höchstwahrscheinlich an der Sprachbarriere liegt. Wann immer ich unsere kuschlige Wohnung im vierten Stock verlasse und mich ins Getümmel der Stadt stürze, sehe ich mich mit einer Sprache konfrontiert, die ich trotz zweimal wöchentlichem Spanischkurs noch nicht beherrsche. Ich lerne zwar erstaunlich schnell dazu, aber das mulmige Gefühl, das mich überkommt, wenn ich die Spanier um mich herum reden höre, wird sicherlich noch eine Weile bleiben.
Früher erging es mir ähnlich, wenn ich mich gezwungen sah Englisch zu sprechen. Doch inzwischen beherrsche ich die Sprache so gut, dass ich versucht wäre jedem, der mich hier auf Englisch anspricht oder es zumindest versteht, um den Hals zu fallen.
Die Schuld, dass ich mich nach meiner Entscheidung für Sevilla nicht darum gekümmert habe mein Spanisch wenigstens auf ein grundlegendes Niveau zu bringen, liegt selbstverständlich bei mir. Doch zehn Jahre Englisch gegen höchstens drei bis vier Monate Spanisch hätten trotzdem für sich gesprochen.
Mit Hilfe des Tandem Language Programs, an dem unsere Uni teilnimmt, will ich meiner Angst vor Konversationen in Spanisch jetzt den Garaus machen. In dem Programm werden zwei Menschen zusammengeführt, die gegenseitig Sprachen voneinander lernen wollen. Ich hoffe also, dass mir nach meiner Registrierung nun bald ein Muttersprachler oder eine Muttersprachlerin zur Seite gestellt wird von dem/der ich noch einiges lernen kann. Die vermutlich dazugehörige App Tandem teste ich ebenfalls seit neuestem.
Trotz des Unialltags und der Sprachbarriere ist und bleibt Sevilla aber eine schöne Stadt, in der ich mit Sicherheit noch vieles Spannendes erleben werde, vom dem ich Euch vielleicht schon in meinem nächsten Text berichten kann.
¡Hasta pronto!
Jasmin
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