Deutschland ist mit Ruanda als Teil des ehemaligen Deutsch-Ostafrika nicht nur durch die Kolonialgeschichte verbunden. Über verschiedene Freiwilligendienste werden jedes Jahr junge Deutsche nach Ruanda entsandt, unter anderem ans Goethe-Institut in Kigali. Zum Beginn eines Kulturaustauschs hier die ersten Eindrücke.

Als ich vor drei Wochen mit dem Flugzeug in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, ankam, wusste ich wenig über dieses kleine Land, dessen Größe ungefähr der Brandenburgs entspricht. Die meisten Nichtafrikaner/innen werden es wahrscheinlich nur durch den schrecklichen Genozids von 1994 kennen. Ich weiß auch jetzt nur wenig über das Land, aber immerhin gründen sich meine Einschätzungen nicht mehr lediglich auf Worte, die andere geschrieben haben.
Als kulturweit-Freiwillige am Goethe-Institut Kigali bin ich hier, um am kulturellen Austausch mit Ruander/innen mitzuwirken. Das ist der Hauptgrund, warum ich mich in die Reihe der Schreiberlinge füge, die bereits über die „Schweiz von Afrika“ berichtet haben und warum ich meine persönlichen Eindrücke weitergeben möchte: Erfahrungen sind immer subjektiv, aber aus vielen subjektiven Bildern kann man ein größeres, zumindest etwas objektiveres Bild zusammenfügen.
Ein paar Fakten …
Ruanda ist ein Land, das die meisten Backpacker/innen und Weltenbummler/innen wahrscheinlich nicht auf ihren Bucket-Listen haben. Ich möchte nicht erklären, wie Ruanda sich nach dem Genozid verändert hat – weil ich das gar nicht beurteilen könnte. Es geht mir um die aktuelle Situation in diesem Land, das für seine Gender-Politik international gelobt wird, in dem viele aber gleichzeitig Angst haben, ihre Meinung zu äußern. Es ist wohl eher so, dass Ruanda zwei Gesichter hat: eins das für die Weltöffentlichkeit gedacht ist – mehr als 50 Prozent der Parlamentarierer/innen sind weiblich, an jeder Ecke stehen freundliche und hilfsbereite Polizeibeamt/innen. Bis man einen alten Kaugummi auf der Straße findet, muss man lange suchen und die Anzahl von Menschen, die mit HIV infiziert sind, sinkt.
Und trotzdem, außer in den vordersten Rängen der Politik ist “gender balance” noch lange keine Selbstverständlichkeit und außerhalb von Kigali liegt zwar auch kein Müll auf den Straßen, aber es gibt mehr Staubpisten als asphaltierte Wege. Der in Ruanda kursierende Witz, dass die Regierung genau so ist, wie laut dem Werbeslogan der häufigste Telefon- und Internetanbieter, nämlich überall, rückt auch die Präsenz der Polizei in ein anderes Licht. Trotzdem haben mir einige meiner neuen Bekannten erklärt, dass sie die Art, wie das Land regiert wird, gut finden. Einer hat es so ausgedrückt: Alles Gute hat seine Kosten. Man muss immer abwägen, wie viel einem Meinungsfreiheit wert wäre. Wenn man sie gegen einen stabilen Staat eintauschen kann, ist das vielleicht nicht nur schlecht. Aus meiner europäischen Perspektive hatte ich das noch nicht so betrachtet.
Alltägliches in einem neuen Land
Ohne mir eine genaue Vorstellung von dem Stadtbild Kigalis gemacht zu haben, war die Hauptstadt zunächst sehr verwirrend für mich. Nicht alle Straßen haben Namen, was mich mit meinem europäisch-deutschen Ordnungssinn zunächst orientierungslos ließ. Besonders schlimm ist es aber nicht, wenn man keinen Plan hat,wo man hinläuft, wenn man auf sich gestellt ist: In der ganzen Stadt fahren Motos, also Motorrad-Taxis, herum und ständig wird man hupend aufgefordert mitzufahren. Das ist zwar nervig, wenn man doch mal zu Fuß unterwegs ist, und als weiße Frau werde ich definitiv mehr angehupt als Schwarze, weil implizit davon ausgegangen wird, dass ich ohnehin nicht weiß, wo ich hin muss. Generell ist es aber ein praktischer Weg, von A nach B zu kommen und nachdem ich mittlerweile ungefähr weiß, wo alle Stadtteile liegen, lässt sich auch der Fahrtpreis gut verhandeln.
Tatsächlich findet Fortbewegung hauptsächlich so statt: Man sagt dem Fahrer (es sind tatsächlich nur Männer), wo man hinmöchte, verhandelt, setzt den Helm auf und sich aufs Moto – und los düst man durch leicht chaotischen Verkehr die Hügel rauf und runter. Unpraktisch ist das nur, wenn es, wie derzeit in der kleinen Regenzeit häufig, stark regnet. Während dieser regelrechten Wolkenbrüche fahren die Motos nicht und ich bin mehr oder weniger gezwungen, drinnen zu bleiben. Wenn es viel regnet, fällt auch häufiger der Strom aus, so letzte Woche bei einer Filmvorführung im Goethe-Institut. Der Notstrom-Generator ist zwar extrem laut, aber wir mussten die Vorstellung nicht abbrechen. Anders so bei uns zu Hause in der WG: wenn der Strom ausfällt, ist es eben dunkel. So haben wir aber auch schon herzlich gelacht, als wir dachten, der Strom sei ausgefallen, um dann festzustellen, dass wir nur vergessen hatten, unser Stromguthaben (wie Prepaid-Handyguthaben) aufzuladen.
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