In den heiligen drei Tagen – dem sogenannten „Triduum“ – feiern Christen weltweit das Leiden, den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Was in diesen drei Tagen genau geschieht und wie sich das in den Bräuchen und der Liturgie der Kirche niederschlägt, hat sich Matthias Chrobok in drei Teilen genauer angeschaut. Teil 2: Der Karfreitag.
Nachdem die Gläubigen am Gründonnerstag das letzte Abendmahl gefeiert und mit Jesus im Garten Getsemani gewacht hatten, stehen am Karfreitag die Passion des Herrn und sein Tod am Kreuz im Mittelpunkt. In der evangelischen Kirche ist der Karfreitag ein besonderer Festtag, da für die evangelischen Christen der Tod Jesu die Prämisse zur Erlösung ist.
Nur durch das Leiden und den Tod ist dann die Auferstehung möglich. Doch vor der Auferstehung wird Jesus gegeißelt und gekreuzigt. Er gibt sein Leben hin. Seine Jünger wissen sicherlich nicht sofort, dass er tatsächlich auferstehen wird, wie er es ihnen gesagt hatte. Sie leben in einer Ungewissheit, mit vielen Fragen und einer Art Leere, welche die Kreuzigung Jesus hinterlässt. Man muss sich das einmal vorstellen: drei Jahre sind sie ihm gefolgt, er hat Menschen geheilt, Wunder gewirkt, sogar Tote zum Leben auferweckt, hat gelehrt und nun geschieht im diese Ungerechtigkeit. Sicherlich war es für die Jünger nicht einfach zu akzeptieren, dass er das alles erleiden muss und nicht mehr da ist- jedenfalls nicht in der Form wie zuvor.
Genau das kann man in der Liturgie der katholischen Kirche auch erfahren. Der Karfreitag zeichnet sich aus durch die Stille, die Betrachtung des Leidens und das Aushalten. Scheinbar hat der Feind gesiegt. Jesus stirbt am Kreuz. Doch die Gläubigen haben eine Hoffnung: er wird auferstehen.
Was die Kartage noch einzigartig macht, sind die sogenannten „Ratschen“, die statt der Schellen zum Einsatz kommen. Vielleicht ist es bei den einen oder anderen noch üblich, dass die Ministranten durch die Straßen ziehen und mit diesen Ratschen – meist aus Holz – die Menschen zum Gottesdienst rufen.
Der Kreuzweg als christliche Tradition
Es ist Brauch, dass Gläubige an diesem Tag den Kreuzweg gehen. Der „originale Weg“, die Via Dolorosa, ist in Jerusalem. Damit die Menschen aber auch hierzulande und überall auf der Welt den Kreuzweg nachempfinden können, haben sich im Laufe der Geschichte vierzehn Stationen gebildet, die entweder im Freien – zum Beispiel in der Nähe von Wallfahrtsorten oder anderen Kirchen – oder auch in den Kirchen betrachtet werden können.
Eine besondere Form der sogenannten „Kreuzwegsprozessionen“ lässt sich im unterfränkischen Lohr am Main besuchen. Mitglieder alter Handwerkszünfte, von Vereinen und Verbänden, tragen 13 schwere Holzpodeste mit den lebensgroßen Figuren auf ihren Schultern. Erstmals erwähnt wurde die Prozession 1658 und gehört damit zu den ältesten in Deutschland:
Das Ende jedes Kreuzwegs ist die „Grablegung Christi“, woraus sich eine weitere Tradition, die des Heiligen Grabes, entwickelt hat. Die Gläubigen verweilen am Grab Christi, erwarten aber schon die Auferstehung.
Kreuzverehrung und große Fürbitten charakterisieren den Karfreitag
Christen kommen am Karfreitag zur Todesstunde Jesu, 15 Uhr, zur Liturgie zusammen. Es ist keine heilige Messe im herkömmlichen Sinn, da die üblichen Elemente fehlen: Orgelmusik, Kreuzzeichen und Wandlung.
Da man von den Heiligen Drei Tagen, angefangen am Gründonnerstag, von einer zusammenhängenden Feier spricht, bildet der Karfreitag gewissermaßen das Mittelstück. Jesus ist für uns Menschen und unsere Sünden am Kreuz gestorben. Sein Leiden zu betrachten kann den Gläubigen helfen, die Liebe zu erkennen, die Gott für die Menschen hat, indem er Seinen Sohn auf die Welt sendet, der am Kreuz sein Leben für sie hingibt. Doch der Tod hat nicht das letzte Wort.
In den großen Fürbitten, die neben der Kreuzverehrung die Liturgie charakterisieren, bittet der Priester um das große Erbarmen Gottes. Sie lauten wie folgt:
- Für die heilige Kirche:
Lasst uns beten, Brüder und Schwestern, für die heilige Kirche Gottes, dass unser Gott und Herr ihr Frieden schenke auf der ganzen Erde, sie eine und behüte und uns ein Leben gewähre in Ruhe und Sicherheit zum Lob seines Namens. - Für den Papst:
Lasst uns auch beten für unsern Papst Franziskus: Der allmächtige Gott, der ihn zum Bischofsamt erwählt hat, erhalte ihn seiner Kirche und gebe ihm Kraft, das heilige Volk Gottes zu leiten. - Für alle Stände der Kirche:
Lasst uns beten für unseren Bischof, für alle Bischöfe, Priester, Diakone, für alle, die zum Dienst in der Kirche bestellt sind, und für das ganze Volk Gottes. - Für die Katechumenen (Taufbewerber):
Lasst uns auch beten für die (unsere) Katechumenen: Unser Herr und Gott öffne ihre Herzen für sein Wort, er schenke ihnen in der Taufe die Vergebung aller Sünden und nehme sie auf in sein Vaterhaus, damit sie das Leben finden in unserem Herrn Jesus Christus. - Für die Einheit der Christen:
Lasst uns beten für alle Brüder und Schwestern, die an Christus glauben, dass unser Herr und Gott sie leite auf dem Weg der Wahrheit und sie zusammenführe in der Einheit der heiligen Kirche. - Für die Juden:
Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will. - Für alle, die nicht an Christus glauben:
Lasst uns beten für alle, die nicht an Christus glauben, dass der Heilige Geist sie erleuchte und sie auf den Weg des Heiles führe. - Für alle, die nicht an Gott glauben:
Lasst uns auch beten für alle, die Gott nicht erkennen, dass sie mit seiner Hilfe ihrem Gewissen folgen und so zum Gott und Vater aller Menschen gelangen. - Für die Regierenden:
Lasst uns beten für die Regierenden: Unser Herr und Gott lenke ihren Geist und ihr Herz nach seinem Willen, damit sie den wahren Frieden und die Freiheit suchen zum Heil aller Völker. - Für alle notleidenden Menschen: Lasst uns Gott, den allmächtigen Vater, bitten für alle, die der Hilfe bedürfen: Er reinige die Welt von allem Irrtum, nehme die Krankheiten hinweg, vertreibe den Hunger, löse ungerechte Fesseln, gebe den Heimatlosen Sicherheit, (den Pilgernden und Reisenden eine glückliche Heimkehr,) den Kranken die Gesundheit und den Sterbenden das ewige Leben.
Verehrung des Kreuzes am Karfreitag
Eine weitere Besonderheit am Karfreitag bildet die Verehrung des Kreuzes, das die Gemeinde nicht mehr als Folterinstrument, sondern als Zeichen des Sieges ansieht. Der Priester trägt das Kreuz in die Kirche und singt drei Mal „Ecce lignum crucis, in quo salus mundi pependit“ oder „Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt“, worauf die Gemeinde antwortet: „Venite adoremus“ oder „Kommt, lasset uns anbeten.“ Die Gläubigen treten vor das Kreuz und verehren es durch eine Kniebeuge oder einen Kuss.
Am Karfreitag wird außerdem auch die Kommunion ausgeteilt. Alles geschieht in trauernder Stille, denn der Herr ist tot. Auch der Auszug geschieht wortlos.
Am Karfreitag, einem stillen Feiertag, sind Tanzveranstaltungen aller Art verboten (alljährlich führt das zu Kritik und Protesten dagegen, siehe hier). Die liturgische Farbe des Karfreitags ist Rot, welche das Blut Jesu symbolisiert, das er für uns vergossen hat.
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