In den Heiligen Drei Tagen – dem sogenannten „Triduum“ – feiern Christen weltweit das Leiden, den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Was während dieser drei Tage geschieht und wie sich das in den Bräuchen und der Liturgie der Kirche niederschlägt, hat sich Matthias Chrobok genauer angeschaut. Teil 1: Der Gründonnerstag.
Der Donnerstag vor Ostern hat seinen Namen nicht von der Farbe Grün, sondern vom althochdeutschen Wort „greinen“, was so viel bedeutet wie „weinen“. Es bringt die Trauer darüber zum Ausdruck, was mit Jesus geschehen wird. Am Gründonnerstag sitzt Jesus zum letzten Abendmahl mit seinen Jüngern bei Tisch. Es ist das Paschafest, an dem die Juden voller Freude zusammenkommen und die Befreiung Israels aus Ägypten feiern – so auch die Jünger Jesu. Aber dieses Mal soll anders werden. Jesus weiß, dass einer seiner Jünger ihn verraten und den Hohepriestern ausliefern wird. Er spricht das sogar an – was wir in den Evangelien nachlesen können. Die Stimmung kippt spätestens in diesem Moment, wenn nicht schon vorher. Denn Jesus weiß, was mit ihm geschehen wird und die Jünger kennen ihn.
Jesus setzt am Gründonnerstag die Eucharistie ein
Am Tisch teilt Jesus Brot und Wein – seinen Leib und sein Blut – an die Jünger aus und setzt so die Eucharistie ein. Die Jünger verstehen in dem Augenblick wahrscheinlich gar nicht wirklich, was Jesus mit diesen Worten meint und welche Wichtigkeit dieser Moment von da an gewinnen sollte. Erst nach der Auferstehung und dem Pfingstfest beginnen die Jünger, die Bedeutung dieser Worte zu verstehen und gedenken Jesus, indem sie gemeinsam Mahl feiern und das Brot brechen. So machen wir es als Gläubige bis heute: In jeder Eucharistiefeier feiert die Kirche genau diesen Moment, bis Jesus in Herrlichkeit wiederkommt, denn die Eucharistie ist “Quelle und (…) Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“(Lumen Gentium 11).
Die Orgel spielt zum letzten Mal und die Glocken „fliegen nach Rom“
Für mich waren die Gottesdienste in der Heiligen Woche immer sehr speziell, weil sie sich wirklich krass von denen des übrigen Jahres unterscheiden. Mit „unterscheiden“ meine ich, dass die Kirche von einer Heiligen Messe spricht, die sich über drei Tage zieht: Sie beginnt am Gründonnerstag, geht über den Karfreitag und Karsamstag und findet ihren Höhepunkt in der Osternacht.
Am Gründonnerstag erklingen die Glocken zum letzten Mal und auch der Organist hat ab diesem Zeitpunkt bis zur Osternacht frei. Mein Vater hat mir als Kind gesagt, warum die Glocken nicht mehr läuten: „Sie fliegen nach Rom und bringen die Botschaft von der Auferstehung zu uns in die Kirche.“ Eine schöne Geschichte, mit der man interessierte Kinder beschäftigen kann.
Während der Kar- und Ostertage “passiert” immer etwas Besonderes in der Kirche, was es sonst nicht gibt. Mit ihrer Liturgie der Heiligen Drei Tage verdeutlicht die Kirche, dass etwas Wichtiges geschieht. Die Kirche feiert diese Zeit im Gedenken daran, was Jesus für uns Menschen getan hat.
Jesus, der Meister, wäscht seinen Jüngern die Füße
Eine weitere Besonderheit zeichnet die Liturgie des Gründonnerstags aus: Der Priester wäscht zwölf Frauen und Männern die Füße. Er ahmt Jesus nach, der nach dem letzten Abendmahl seinen Jüngern die Füße gewaschen und ihnen damit ein Zeichen seiner grenzenlosen Liebe erwiesen hat (vgl. hier Joh 13,1-5). Warum Liebe und warum soll diese grenzenlos sein? Jesus ist der Meister. Er ist der Herr und trotzdem beugt er sich bis hinunter zu den Füßen und tut das, was allein Dienern und Sklaven vorbehalten war. Er gibt seinen Freunden damit ein Beispiel, wie auch sie handeln sollen: Einander lieben und dienen (vgl. Joh 13,34). Das ist das neue Gebot von Jesus an seine Jünger und damit auch an uns.
Es musste damals total irritierend für die Jünger gewesen sein, dass ihr Lehrer, ihr Rabbi, sich bückt und ihnen die Füße wäscht. Er, der Wunder gewirkt hat, er, der so weise Worte gesprochen hat, er, der Sohn Gottes ist. Aber genau das will Jesus mit dieser Geste verdeutlichen. Sein Königreich ist anders – und dass es anders ist, das haben die Jünger höchstwahrscheinlich schon in den drei Jahren Nachfolge gemerkt. Jesus weiß, dass er sein Leben in Kürze für sie hingeben wird und lädt sie ein, es ihm gleichzutun. Das heißt nicht, dass alle für den Glauben sterben müssen, aber es heißt, auf den eigenen Egoismus zu verzichten, sich für ein größeres Ziel einzusetzen und Zeit und Kraft zu opfern.
Auch Papst Franziskus wird wie in den Jahren vorher auch die Fußwaschung vornehmen. Informationen zu den Feierlichkeiten in Rom gibt es bei “Vatican News”. Hier klicken
Zum ersten Mal belegt ist eine Fußwaschung im Gottesdienst im Rahmen einer Taufe im vierten Jahrhundert. Im Jahr 694 hat das sogenannte 17. Provinzialkonzil von Toledo die Fußwaschung als Bestandteil der Gründonnerstagsliturgie gefordert. Im nachtridentinischen Messbuch ist sie um 1570 in der Liturgie am Ende der Messe vorgesehen. Mit der Neuordnung der Karwochenliturgie 1955 wird die Fußwaschung zwischen Evangelium und Predigt eingeordnet.
Nach der Heiligen Messe wird der Altar abgeräumt
Der sonst geschmückte Altar wird am Ende der Messe von Kerzen und Altartuch befreit. Das Paschamahl ist vorbei, die Freude des Zusammenkommens verklungen: Jesus wird noch in derselben Nacht verhaftet und seiner Kleider beraubt. Das war für mich auch immer sehr interessant, wie sich das Brauchtum dahingehend auch im Gottesdienst niederschlägt: Wir erinnern uns, dass Jesus zum Ölberg geht, wo er im Garten Getsemani betet und später am Abend verhaftet wird. Die Kirche lädt die Gläubigen ein, diese besondere Nacht im Gebet zu leben.
„Bleibet hier und wachet mit mir“ hallt es dann während der Gebetsnacht laut wider. Die Gläubigen harren mit Jesus aus und bleiben wach – so wie es sich Jesus von seinen Jüngern wünscht, als er sie darum bittet mit ihm zu beten. Stattdessen findet er die Jünger um Petrus, im Garten schlafend, während Jesus für sie und uns Blut und Wasser schwitzt. Die Kirche bleibt bis zum Osterfest kahl und schmucklos. Auch der Tabernakel ist leer – ein Symbol für die “Abwesenheit” Jesu, die seine Jünger aushalten mussten und die auch für uns in der Liturgie nachvollziehbarer wird.
Schreibe einen Kommentar