Nicht selten macht einen der Gedanke traurig, dass es gewisse Personen nicht in die Gegenwart geschafft haben. Allerdings sind es oftmals nicht einmal ehemalige Partner, die einen bei solchen Gedankengängen in den Kopf schießen. Manchmal fragt man sich eher, was wohl aus dem Freund geworden ist, für den man einmal alles getan hätte und von dem man jetzt nicht einmal weiß, ob es ihm gut geht.

Dafür, dass so manche Menschen ein Leben lang an unserer Seite bleiben, würden wir wohl oftmals unsere Hand ins Feuer legen. Wäre dieses Sprichwort allerdings nicht nur metaphorisch gemeint, würde die Pharmaindustrie eindeutig ihre Brandsalbenproduktion erhöhen müssen. Freunde, Partner, Verwandte: in bestimmten Phasen unseres Lebens bedeuten sie uns alles und wir können uns ein Leben ohne sie gar nicht vorstellen und dann sind sie plötzlich weg. Als hätte es sie, oder ein „uns“, nie gegeben. Wir wissen, dass heute ihr Geburtstag ist, aber schreiben nicht, geschweige denn, dass wir anrufen. Anstatt wild zu winken und zu ihnen zuzulaufen, grüßen wir verschämt, wenn wir sie per Zufall irgendwo treffen und wissen nicht, was wir zu ihnen sagen sollen. Trauriger, als einer Person nichts zu sagen zu haben, mit der man früher jedes Detail seines Lebens geteilt hat, kann es wohl kaum werden oder noch trauriger: So viel zu sagen zu haben und nicht zu wissen wie.
Oftmals sind es nicht mal Ex-Partner
90 Prozent der Menschen, die diese Sätze lesen, werden an einen Ex-Freund eine Ex-Freundin denken, der/die es nicht in die Gegenwart, geschweige denn in die Zukunft geschafft hat. Denen ist dieser Text jedoch nicht gewidmet. Vielmehr geht es um Freundschaften, die wir irgendwann auf unserem ganz eigenen, persönlichen Weg verloren haben, obwohl wir dachten, dass das niemals passieren könnte. Zumindest nicht uns.
Eine Studie besagt, dass am ehesten die Freundschaften halten, die die komplette Pubertät und das Heranwachsen überstehen, oder mit Anfang 30 geschlossen werden. Bei der ersten Variante ist die Freundschaft sehr gefestigt und bei der zweiten wird die Freundschaft zu einem Zeitpunkt geschlossen, an dem wir schon wissen, wer wir sind und was wir wollen. Größtenteils haben wir unseren Platz im Leben gefunden und machen nicht mehr so große Veränderungen durch, wie früher.
Sind wir mal ehrlich: Wir konnten es zwar alle kaum erwarten, erwachsen zu werden, unsere eigene Entscheidungen zu treffen und autonom zu werden, doch auf so manche Begleiterscheinung hätten wir gut und gerne verzichten können. Eine davon ist definitiv, Freunde zu verlieren. Oftmals heißt es, dass wir keine Freunde verlieren, während wir älter werden und uns verändern, sondern nur realisieren, wer unsere wahren Freunde sind. Können wir also überhaupt von einem Verlust reden, dass es Person X nicht in unsere Gegenwart geschafft hat, oder sollten wir nicht lieber froh sein, da wir dem anderen anscheinend nicht so viel bedeuten können, wie er uns? Oder waren wir vielleicht die Person, die sich falsch verhalten und nicht genug investiert hat und es nun bereut, aber sich nicht traut, auf den anderen zuzugehen?
Es ist der Seltenfall, dass beide Parteien gleichzeitig entscheiden, dass eine Freundschaft keinen Sinn mehr macht. Immerhin ist es nicht wie bei einer Trennung, bei der natürlich Minimum einer einen Schlussstrich zieht. Viel mehr lebt man sich auseinander. Unterschiedliche Freundeskreise, feste Partner, Jobs, neue Ansichten: als Freunde in einer Zeitperiode zu bestehen, in der sich so vieles ändert – vor allem auch wir selbst – ist gar nicht so einfach.
Hallo, ich bin auch noch da??!??
Gerade feste Partnerschaften führen oft zu Problemen in einer Freundschaft. Gerade noch hat man viel miteinander unternommen, sich ständig gesehen und alles miteinander geteilt, schon fühlt man sich seit der Freund/die Freundin einen Partner hat, aufs Abstellgleis gestellt. Solange das nur zwei, drei Monate der Fall ist, wird wohl jeder, der bereits selbst verliebt war, Verständnis für die Situation aufbringen. Kritisch allerdings wird es, wenn aus der Situation ein Dauerzustand wird. Nicht umsonst gibt es den Spruch: „Es gibt Freunde, die hat man für ein Leben und es gibt Freunde, die hat man, bis sie in einer Beziehung sind.“ Oftmals hilft an diese Stelle ein klärendes Gespräch, in dem man ruhig und sachlich, bestenfalls ohne Vorwürfe erklärt, dass es durchaus schön wäre, den anderen auch mal wieder live zu sehen und nicht nur noch auf Fotos. Oftmals aber zerbrechen Freundschaften auch an dieser Situation. Ob es dann vorher eine wahre Freundschaft gewesen ist, muss Jeder für sich entscheiden.
Das war’s dann wohl – klingt einfach. Ist es nicht.
Ob Auseinanderleben, Streitigkeiten, Zeitverlust, oder andere Gründe: Einen Menschen zu verlieren, der einem wichtig ist und nichts daran ändern zu können, tut immer weh. Zu merken, dass der andere sich keine Zeit nimmt und andere Personen und Dinge wichtiger sind, ist keine schöne Erfahrung. Doch vielleicht hat man manchmal keine andere Wahl, als sich damit abzufinden. Immer nur zu hoffen, dass die Freundschaft schon noch gekittet wird, zerfrisst einen genauso, wie an einer Beziehung festzuhalten, die eigentlich sowieso keine Perspektive hat.
Manchmal lässt man Menschen also einfach gehen, ohne dass man es überhaupt bemerkt. Wir hören einfach auf, jeden Tag an sie zu denken. Wir schauen nicht mehr ständig aufs Handy und warten darauf, dass sie uns antworten und unterbewusst erlauben wir ihnen nicht mehr, den Platz in unserem Leben einzunehmen, den sie früher einmal innehatten. Das Leben geht einfach weiter und die Tage verlaufen, ohne das wir jeden Tag an sie denken. Irgendwann erwartet man nicht mal mehr eine Entschuldigung. Wir akzeptieren einfach, dass sie nicht mehr Part unseres Lebens sind. Wir lassen sie einfach gehen: so einfach ist das, oder so einfach klingt es zumindest. In echt tut es unglaublich weh.
Vielleicht ist es auch einfach in Ordnung, dass man nicht bei jeder Person bis zum Ende ein Teil ihrer/ seiner Geschichte ist. Manchmal muss es wohl reichen, eine Episode gewesen zu sein, an die man sich gerne zurückerinnert und dabei lächelt. Wir akzeptieren, dass gewisse Pläne niemals umgesetzt werden – Wir niemals lachend mit unseren Kindern auf der Schaukel sitzen, wie wir es selbst schon zu zweit getan haben und nicht dabei sein werden, wenn der andere seinen Abschluss macht oder heiratet. Doch obwohl wir es akzeptieren, hofft ein klitzekleiner Teil von uns vielleicht trotzdem noch, dass eines Tages eine Einladung zur Hochzeit, oder ein anderes Lebenszeichen ins Haus flattert und uns daran erinnert, dass es da mal jemanden gab, der uns nie ganz egal wurde. Egal wie sehr wir es auch wollten.
Schreibe einen Kommentar