Das Christentum glaubt an ein Ende der Welt. Verbunden ist es mit dem „Jüngsten Gericht“, nach Vorstellung der katholischen Kirche auch mit dem Fegefeuer. Was gerade in der Kunst als bedrohliches Szenario dargestellt wird, soll den Menschen das ewige Leben eröffnen. Von Benedikt Bögle.
In vielen Kirchen und auf unzähligen Gemälden befindet sich diese Darstellung – die berühmteste aber dürfte sich in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan befinden: Das riesige Gemälde Michelangelos zeigt das „Jüngste Gericht“. Jesus Christus thront in der Mitte des Bildes. Ein Teil der Menschheit wird in den Himmel entrückt, über einen anderen Teil brechen unaussprechliche Schrecken, unsägliche Schmerzen herein. Das Bild bringt einen Aspekt des christlichen Glaubens zum Ausdruck, der schwierig zu begreifen ist.
Der “letzte Tag” in der Bibel
Für die Bibel ist klar: Diese Welt wird nicht ewig bestehen. Am Anfang hat Gott die Welt erschaffen (vgl. Genesis 1,1). Diese Welt ist aber kein „perpetuum mobile“, das sich in Ewigkeit immer und immer weiter bewegt: Gott will diese Schöpfung eines Tages an ein Ende führen.
In der Heiligen Schrift gibt es sogar ein eigenes Genre – eine eigene Gattung – das sich mit der Vorstellung vom Ende der Welt beschäftigt: Die sogenannte „Apokalyptik“ spricht über die letzten Tage der Erde. Im Buch Daniel etwa oder auch beim Propheten Jesaja finden sich solche Texte. Dabei kommt beispielsweise die Vorstellung eines Messias zum Ausdruck, der am Ende von Gott gesandt wird. Dann will Gott die ganze Welt in Jerusalem auf seinem Heiligen Berg versammeln.
Am Ende wird Jesus wiederkommen
Im Neuen Testament verspricht Jesus seinen Jüngern, dass er am Ende der Zeit wiederkommen wird. Die Welt wartet also auf diese Wiederkunft, auf ein Ende. Besonders zum Ausdruck kommt das im Buch der Offenbarung. Der Seher Johannes berichtet hier einerseits von Visionen über den Himmel und die dortige ewige Stadt Jerusalem.
Gleichzeitig schreibt er über diese Visionen vom Ende der Welt, vom Leid, das über die Menschen kommen wird. Man muss bei der Interpretation dieses Buches – wie auch der anderen apokalyptischen Texte in der Bibel – aufpassen: Sie wollen nicht als wörtlicher Bericht, als Protokoll gelesen werden. Es geht ihnen letztlich um eine theologische Aussage.
Das Jüngste Gericht
Mit der christlichen Vorstellung vom Ende der Welt ist auch diejenige des Gerichts verbunden: Die Erde geht nicht einfach von einer Sekunde auf die andere unter, als wäre nichts gewesen, als hätte es da nicht Jahrhunderte und Jahrtausende voller Leid, voller Schmerz und voller Verbrechen gegeben.
Jeden Menschen wird, nach katholischer Vorstellung, vielmehr nach seinem Tod ein Gericht erwarten; und am Ende der Welt wird es ein „jüngstes“, letztes Gericht geben. Jeder Mensch tritt mit Schuld vor das Angesicht Gottes. Mit einer Schuld, die der Versöhnung und der Gerechtigkeit bedarf.
Wie ist das Fegfeuer zu verstehen?
Dabei kennt die katholische Theologie das „Fegfeuer“ als einen Ort für die Menschen, die noch der Läuterung bedürfen. Die Kunst kennt grausame Bilder brennenden Feuers, in dem die zu läuternden Menschen auf ihre Erlösung warten müssen. Die moderne Theologie hat dieses Bild überdacht. Es wird in der Barmherzigkeit Gottes wohl weniger darum gehen, Menschen möglichst viele Schmerzen zuzufügen.
Doch nach seinem Tod begegnet der Mensch Gott. Er sieht in ihm die vollkommene, unendliche Liebe. Dabei muss er erkennen, wie sehr sein eigenes Leben eben nicht von Liebe und Barmherzigkeit, sondern von Hass, Schuld und Vergeltung geprägt war. Diese Erkenntnis der eigenen Fehler wird mit Schmerzen verbunden sein – nicht körperlichen, doch seelischen. Eben dieser Zustand eines brennenden Herzens, dieses Erkennen ist der Zustand des Fegfeuers.
Ziel der Welt: Gott
Die christliche Rede vom Ende der Welt, vom Jüngsten Gericht und vom Fegfeuer kann nur richtig verstanden werden, wenn man auf den Gott blickt, der die Welt erschaffen hat und sie eines Tages wieder zu sich heimholen wird. Dieser Gott wird durchgängig als ein liebender Vater beschrieben. Sein Ziel für die Welt ist nicht das große Inferno am Ende, sondern das Leben der Menschen in seiner Ewigkeit.
Schreibe einen Kommentar