Jesus heilt einen blind geborenen Mann, der plötzlich sehen kann. Diese Heilung lässt sich auch in einem übertragenen Sinn verstehen: Die Begegnung mit Jesus erleuchtet, schenkt Licht und begleitet auf dem Weg des Glaubens. Von Benedikt Bögle.
Für den Mann sollte dieser eine Tag alles verändern: Er begegnet Jesus (Johannesevangelium 9,1-41). Seit seiner Geburt ist er blind. In der Welt vor zweitausend Jahren bedeutete das auch wirtschaftliche Not und unter Umständen gesellschaftliche Isolation. Und tatsächlich: Selbst die Jünger Jesu sind überzeugt, dass Schuld die Ursache für die Blindheit sein muss. Sie wollen nun wissen: „Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern, sodass er blind geboren wurde?“ Jesus aber heilt den Mann. Er öffnet ihm die Augen und der Mann kann plötzlich sehen. Das zieht den Argwohn der Pharisäer auf Jesus, denn er hatte die Heilung an einem Sabbat vorgenommen. Er hat also am Tag der Ruhe etwas getan, gearbeitet – und das ist streng untersagt. Für den blind geborenen Mann aber wird dieser Tag zu einer Begegnung mit dem Heil.
Fastenzeit: Umkehr zu Gott
Aus christlicher Perspektive geht es in der Fastenzeit nicht nur um den reinen Verzicht. „Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und kehrt um zum HERRN, eurem Gott“, schreibt etwa der Prophet Joel (Joel 2,13). Nicht der reine Verzicht – etwa auf Alkohol oder Fleisch, Netflix-Serien oder Zigaretten – steht im Mittelpunkt, sondern die Hinwendung zu Gott. Die Fastenzeit will wieder freie Zeit schaffen, in der Menschen ihrem Gott begegnen können. Diese Begegnung kann ganz unterschiedlich aussehen. „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt“, sagte Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., einmal in einem Interview mit dem Journalisten Peter Seewald. Und das gilt auch für die Begegnung mit Gott – und für die ganze Fastenzeit. Und trotzdem gibt es gerade in der Heiligen Schrift immer wieder Vorbilder, die zeigen, wie einzelne Menschen in Jesus Christus ihrem Gott begegnen konnten.
Zweierlei Licht
Eines dieser Vorbilder kann der blind geborene Mann sein. Für ihn kommt die Begegnung mit Jesus – wie für viele andere Menschen im Evangelium auch – unverhofft. Sie begegnen einem Menschen, den sie noch gar nicht kennen und der dennoch die Kraft hat, ihr ganzes Leben zu verändern. Hier schenkt Jesus dem Mann das Augenlicht. Aber es geht um noch mehr. Der Text aus dem Johannesevangelium macht klar, dass es um das Thema des Sehens auch in einem übertragenen Sinn geht. So sagt Jesus: „Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.“ Schließlich kann der Blindgeborene am Ende nicht nur rein körperlich sehen; er kann auch im Glauben sehen und zu Jesus sagen: „Ich glaube, Herr!“ Es geht also auch um das Licht für den Glauben.
Glauben ist ein Prozess
Auch hier begegnet ein Mensch Jesus ganz zufällig; es mag ein Sabbat gewesen sein, wie jeder andere auch. Und der blinde Mann erlebt etwas, das für ihn zunächst unerklärbar bleibt, das er deuten muss. Er lässt sich aber auf diesen Weg des Glaubens ein. In der Schilderung des Johannesevangeliums steigert sich der Glaube. Erst ist Jesus für den Blinden kein besonderer Mann, dann schon ein „Prophet“, schließlich der „Herr“. Das zeigt auch: Glauben ist ein Prozess. Man erkennt nicht immer alles sofort, sondern muss sich auf eine Reise machen. Erleuchtet ist dieser Weg aber von Jesus selbst, dem „Licht der Welt.“
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