Gerade noch rechtzeitig kam der Schnee in Lillehammer an, denn nächste Woche heißt es für mich schon wieder: Abschied nehmen. Bis dahin genieße ich die weiße Schneelandschaft und die Weihnachtsstimmung.
Mehr als fünf Monate sind vergangen, seitdem ich im Sommer in Lillehammer angekommen bin. Damals haben wir am Wochenende noch in der Wiese neben dem See gesessen und Karten gespielt – jetzt treffen wir uns in der Küche zum Tee trinken und Plätzchen essen, während es draußen minus elf Grad sind. Was für mich ein Grund ist, mich in meinem Bett einzukuscheln und Netflix zu schauen, nennen die Norweger einen milden Winter.
Normalerweise bleibt der Schnee schon viel früher liegen und Mitte Dezember versinkt Lillehammer förmlich darin. Momentan reicht der Schnee für die Norweger gerade dafür aus, um drei von 33 Pisten im Skigebiet Hafjell zu öffnen – zuhause in Deutschland könnte sich das Skigebiet bei der gleichen Menge Schnee wohl kaum noch vor Besuchern retten. Aber selbst bei nur drei geöffneten Pisten bin ich ein großer Fan des Skigebiets, denn wo sonst kann man mit dem Bus nur 15 Minuten aus der Stadt fahren und sich dann direkt auf die Piste stürzen?! Abgesehen davon hat man einen wundervollen Ausblick und kann ab drei Uhr nachmittags zum Sonnenuntergang die Hänge herunterfahren.
Gerade noch rechtzeitig kam der Winter zur Adventszeit und verwandelte Lillehammer in ein richtiges Weihnachtsparadies. Und mit dem ganzen Schnee sind die Norweger quasi prädestiniert für Weihnachten. Jedes Jahr kommen tausende Besucher nach Lillehammer, um den Weihnachtsmarkt im Freileichtmuseum Maihaugen zu sehen. Wer auf Handwerkskunst steht, ist hier genau richtig. Wenn man als Student allerdings einfach nur ein bisschen über einen Weihnachtsmarkt schlendern, sich durch Essensbuden schlemmen und einen Glühwein trinken will, dann lohnt sich der Eintrittspreis nicht wirklich. Wir kamen mittags mit hungrigem Magen an und suchten lange nach etwas Essbarem, das kein Süßgebäck war. Das einzige, was wir fanden, waren sogenannte Hotdogs: eine Wurst, eingewickelt in einer Art Wrap mit Ketchup. Der Schokoapfel danach schmeckte zwar deutlich besser, konnte meinen Magen aber auch nicht füllen.
Wirklich überrascht vom kargen Essensangebot dort war ich allerdings nicht, denn die norwegische Küche hat mich im vergangenen Semester schon öfter stutzig gemacht. Spitzenreiter ist der landestypische Braunkäse, der mehr nach Karamell als nach Käse schmeckt. Er zählt definitiv in die Kategorie „Dinge, die mir nicht schmecken, die ich aber trotzdem immer wieder probieren muss.“
Braunkäse werde ich jedenfalls nicht vermissen, umso mehr dafür die Natur. In 15 Minuten kann ich von meinem Wohnheim an den See spazieren und durchs Winterwonderland stapfen. Dank minus zwölf Grad kann man sogar einige Meter auf dem gefrorenen See herumschlittern. Allerdings musste ich feststellen: Ein Spaziergang in Jeans fühlt sich bei der Kälte an, als würden tausende Nadeln im Oberschenkel stecken. Und auch die Kamera für ein paar Fotos auszukramen, wird bei der Kälte zur reinsten Qual. Da hilft dann nur noch eine ausgedehnte heiße Dusche. Wer schöne Schneefotos will, muss hier leiden.
Aber für das Winter- und Weihnachtsfeeling nehme ich die Kälte gerne in Kauf. Ich hatte eine wundervolle Zeit im Land der Trolle und hoffe, dass ich bald wieder ins raue, aber charmante Norwegen zurückkehre. Ende nächster Woche werde ich wieder in Deutschland landen und wahrscheinlich ein bisschen traurig sein, dass kaum Schnee liegt. Umso mehr freue ich mich dafür auf Bosna und Glühwein am Weihnachtsmarkt zuhause.
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