Die Flüchtlingskrise ist ein Thema, das kaum noch aus unserem Alltag wegzudenken ist. Die Politik scheint angesichts der neuen Herausforderungen überfordert zu sein. Viele europäische Länder fürchten um ihren Wohlstand, dies zeigt sich auch an den gegenwärtigen Diskussionen um Obergrenzen und Abschiebemöglichkeiten. Doch statt nur über Flüchtlinge zu reden, sollte man auch mit ihnen sprechen. Deshalb sprachen Chiara Granacher und Charlotte Greipl im Rahmen des diesjährigen Juraforums der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster mit dem Referenten und syrischen Flüchtling Bani Almhamid (Name geändert).

Warum bist Du geflohen?
Ich war in Syrien nicht sicher. Wir waren 500 Leute, die gegen das Assad-Regime protestiert haben. Der Geheimdienst und die Polizei haben mich gesucht und festgenommen, weil ich die Proteste mitorganisiert habe. Ich musste auch zur Armee, wie jeder in Syrien, der 18 ist. Das wollte ich nicht: entweder tötet man andere oder stirbt selbst. Man hat keine Wahl. Ich habe mich fast ein Jahr lang illegal in Syrien aufgehalten und bin dann geflohen.
Hast Du politisches Asyl bekommen?
Nein. Ich wurde im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) danach gefragt, aber ich habe darauf ver…. (sucht nach dem Wort) das Leben ist zu kurz um Deutsch zu lernen! (lacht) …verzichtet. Ich wollte nur humanitäres Asyl.
Was ist Deiner Erfahrung nach das größte Hindernis bei der Integration in Deutschland?
Wir wollen uns integrieren und die Kultur kennenlernen. Das funktioniert oft nicht, weil es eine Mauer zwischen den Flüchtlingen und den Deutschen gibt, wegen der Mentalität, wegen der Vorurteile. Zum Beispiel denken sie oft, dass wir Flüchtlinge gefährlich wären. Oder die Leute reden nicht mit uns, wenn wir sie ansprechen. Als ich eine WG gesucht habe, habe ich 75 Absagen bekommen. Die Flüchtlingsheime sind auch ein Problem. Wenn man ein Jahr in einem Heim im Wald wohnt, dann ist das wie in einem Gefängnis.
Du hast selbst gesagt, dass Du Dir mehr Hilfe wünschst: Von wem konkret und was kann man als Student tun?
Wir Flüchtlinge wollen uns integrieren, aber alleine können wir das nicht schaffen. Wir brauchen Hilfe von anderen Menschen. Wir werden in Zukunft zusammen in diesem Land leben, uns zusammen weiterbilden und Schulungen machen. Wir wollen zukünftige Mitbürger sein und nicht immer nur Flüchtlinge. Man kann zum Beispiel einfach zu einem Flüchtlingsheim fahren und mit den Menschen dort sprechen.
Viele Menschen empfinden Scheu, da sie nicht wissen, was sie dort machen und wen sie ansprechen sollen.
Man kann einfach hinfahren, reden, Fußball spielen, Karten spielen, etwas von der deutschen Kultur zeigen. Die Flüchtlinge werden dann auch etwas von ihrer Kultur zeigen. Sich einfach kennenlernen.
Was ist für Dich der größte Unterschied zwischen Deutschland und Syrien?
Freiheit: man darf hier seine Meinung äußern. Syrien ist, was die Meinungsfreiheit betrifft, im internationalen Vergleich auf Platz 177 von 180. Es ist unvergleichbar, ganz anders, deswegen fällt es uns auch so schwer, uns zu integrieren. Wir haben in einem Land gewohnt, in dem seit 50 Jahren das Assad-Regime herrscht. Man muss ständig Angst haben, was man sagt, und wird überwacht.
Was vermisst Du denn am meisten an Deiner Heimat?
Ich vermisse diese Liebe zwischen den Menschen. Wenn ich in Syrien auf der Straße laufe, begrüßen einen alle, auch wenn man sich nicht kennt. In Deutschland, im Zug, da redet man nicht miteinander. Das vermisse ich: diese Kommunikation zwischen den Leuten.
Was wünscht Du Dir für die Zukunft und wo stellst Du sie Dir vor?
In Syrien! Aber ich möchte davor in Deutschland etwas lernen. Deutschland hat einen guten Ruf in der Welt im medizinischen Bereich, im Maschinenbau. Ich möchte hier einen Abschluss machen und Erfahrungen sammeln.
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