Wieder zurück in Boliviens Hauptstadt Sucre. Das fühlt sich für mich wirklich ein bisschen komisch an. Vier Wochen war ich nun unterwegs, zusammen mit meiner Zimmernachbarin Sophia. Eine sehr intensive Zeit und wenn ich nun darüber schreibe, kommt es mir wieder vor, als wäre es schon wieder eine Ewigkeit her.

Während unseres Freiwilligenjahres in Bolivien ist die Zeit im Dezember und Januar die Hauptreisezeit und auch eine gute Möglichkeit, noch mehr Land und Leute kennenzulernen. Die Schulferien sind hier von Dezember bis Februar und deswegen war es für mich kein Problem, mir die Zeit zum Reisen zu nehmen.
Angefangen hat unsere Reise auf dem Salar de Uyuni, dem größten Salzsee der Welt. Insgesamt zu sechst und mit unserem Reise-Guide Audelio verbrachten wir dort drei Tage. Beeindruckend war nicht nur der landschaftliche Abwechslungsreichtum, sondern auch die teilweise schier endlose Weite, dessen Anblick mir nach einem halben Jahr in Sucre gut getan hat.
Weiter ging es für uns nach La Paz. Auch wenn ich immer wieder mit der Höhe gekämpft habe, hat mich La Paz unheimlich beeindruckt und schnell in seinen Bann gezogen. Für eine privilegierte „Gringa“ aus Deutschland, wie ich eine bin, war es dennoch nicht leicht, die Armut zu sehen. Mit den neuen und sichtbaren Dimensionen dieses Zustands musste ich mich dort auseinandersetzen.
Ich habe viel nachgedacht: Über die vielen Kinder, die von der Armut betroffen sind, den gesellschaftlichen Platz am Rand, und die Perspektivlosigkeit, die wir Touristen meinen, in diesen Menschen zu sehen. Trotzdem meistern diese Menschen jeden Tag aufs Neue die Hürden des Alltags. Davor habe ich großen Respekt. Bei Problemen, die unsere immer schneller werdende Gesellschaft schafft und sieht, werde ich mich nun öfter an diese Bilder erinnern und dreimal überlegen, ob so manche Sorge, die wir uns so machen, wirklich berechtigte ist. Auch wenn mir die Rolle als reicher Tourist, der die für uns unwirklichen Zustände der Armen und Kranken wie aus einem Glashaus betrachtet, nicht gefällt, ist es richtig nicht wegzuschauen, sondern damit konfrontiert zu werden.
Weiter geht’s!
Unser nächster Stopp war im Anschluss der Lago Titicaca mit der Isla del Sol. Auch hier werde ich mir der Vielfalt Boliviens bewusst. Die Landschaft ist atemberaubend. Nachdem bereits die Hälfte unserer Reisezeit verstrichen ist, geht es für uns weiter nach Peru. Gerne hätte ich noch viel mehr gesehen, doch leider fehlte die Zeit.
Nachdem wir die Stadt Puno – leider recht dreckig und chaotisch und somit als typische Grenzstadt zu bezeichnen – als Zwischenhalt genutzt haben, fuhren wir weiter nach Cusco. Die dort beginnende Drei-Tages-Tour nach Machu Picchu war einzigartig. Auf der einen Seite bin ich wenig überzeugt vom Massentourismus und der entsprechenden Kommerzialisierung und Vermarktung von schier allem. Auf der anderen Seite ist es für viele Menschen die einzige und sichere Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Natürlich ist Machu Picchu nicht ohne Grund einer der meist besuchten und spektakulärsten Orte in Südamerika. Macht man sich bereits am frühen Morgen auf den Weg in die Wolkenstadt, hat man auch die Chance, weniger Touristen anzutreffen. Zum Abschluss unserer Reise trafen wir eine gute Freundin in Arequipa. Wir schlenderten durch die Stadt und besuchten den „Canyon del Colca“, einen der tiefsten Canyons der Welt. Auf der Rückfahrt und nach rund 30 Stunden Busfahrt erreichten wir dann geschafft, aber glücklich wieder Sucre, wo der Alltag nun wieder beginnt.
Das Fazit der Reise
Letztendlich ist es schwer in Worten wiederzugeben, wie sich die letzten Wochen angefühlt haben und auch manche Orte lassen sich kaum erklären. Ich habe gemerkt, wie lehrreich und inspirierend das Reisen sein kann. Wie viele nette und offene Menschen habe ich auf meiner Reise kennengelernt? Wie viele wunderschöne und beeindruckende Orte unserer Erde durfte ich kennenlernen? Wie viele Privilegien besitze ich, dass ich mir diese Reise überhaupt leisten kann? Ich habe auch gelernt, wie wichtig es ist, sich einfach treiben zu lassen und Dinge auf sich zukommen zu lassen. Den Kopf auszuschalten. Den Augenblick zu genießen. Und ja – nicht zuletzt wie sehr Reisen erden kann.
All das was man meint zu brauchen, ist vielleicht doch nicht so essentiell. All die Probleme, die man hat, sind doch nicht so unüberwindbar und schwer, wie man meint. Vor allem sollte man damit anfangen, mehr Vertrauen zu in sich und seine Umwelt aufzubauen.
Die Rückkehr – wieder zu Hause
Ein Grund für die Rückreise ist auch das Zwischenseminar unserer Organisation, welches uns in fünf Tagen einen politischen, historischen und geographischen Überblick über Bolivien geben soll. Auch unsere eigenen Projekte werden vorgestellt, in dem wir offen und ehrlich von Erfolgen berichten dürfen.
Dennoch gibt es auch Zeit für Zweifel und Kritik. Theoretisch. Auch wenn ich im Namen von einigen aus meiner WG sagen kann, dass wir Handlungsbedarf und Veränderung im Hinblick auf einige Dinge wünschenswert fänden, gestalten sich die Umsetzungen und die Gespräche mit unseren Mentoren als schwierig. Natürlich muss es formelle Absprachen geben und besonders bei großen Institutionen gestaltet sich die Organisation als schwierig. Dennoch sollte der Dienst und das Wohl der Freiwilligen im Vordergrund stehen und nicht die bei uns gegebene Vetternwirtschaft.
An dieser Stelle möchte ich niemanden vor den Kopf stoßen oder angreifen. Trotzdem ist und bleibt es einfach frustrierend, wenn sich die Probleme seit Jahren wiederholen und nichts verändert wird. Im Moment fühle ich mich wohl und nächste Woche fängt auch mein Sprachkurs wieder an. Im Hintergrund habe ich noch einige Projekte, die ich hoffentlich realisieren kann.
Bis dahin, hasta luego!
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