Fronleichnam ist eines der außergewöhnlichsten Feste der katholischen Kirche. Erst im Mittelalter eingeführt, hat die Feier eine ganz besondere Bedeutung für Katholiken. Unser Autor Benedikt Bögle erklärt, welche das ist.
Goldene Gewänder, feierliche Musik, bunte Fahnen, fröhliche Kinder und prächtige Blumenteppiche: Zu kaum einem katholischen Fest betreiben die Gläubigen in Deutschland so viel Aufwand, um die liturgische Feier schön zu gestalten, wie an Fronleichnam. Zehn Tage nach dem Pfingstfest und damit 60 Tage nach Ostern feiert die katholische Kirche den Leib und das Blut ihres Herrn Jesus Christus. Dabei handelt es sich um ein relativ junges Fest – es wird erst seit 1264 offiziell gefeiert.
Dieses Fest geht auf die Heilige Juliana von Lüttich zurück. Die Nonne hatte mehrere Visionen in ihrem Leben. In einer dieser Erscheinungen sah sie Christus, er zeigte ihr einen Mond mit einem dunklen Fleck. Der Mond, so soll Christus ihr erklärt haben, stehe für das Kirchenjahr mit all seinen Festen, der dunkle Fleck symbolisiere ein einziges Fest, das noch fehle: Das Fest seines Leibes und seines Blutes. Daraufhin begannen die Christen im Bistum Lüttich dieses Fest zu feiern. Nur wenige Jahre später führte Papst Urban IV. den Feiertag für die ganze Kirche ein.
Die Fronleichnamsprozessionen kommen aus Bayern
Während in den meisten Sprachen wie im Lateinischen die Rede vom „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“ ist, spricht man im Deutschen meist von „Fronleichnam“. Das bedeutet aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt so viel wie der „Leib des Herrn“. Zunächst wurde an diesem Tag einfach eine Heilige Messe gefeiert. Seit 1273 jedoch setzten sich auch erste Prozessionen durch. Im oberbayerischen Benediktbeuern begannen die dort lebenden Benediktinermönche, das Allerheiligste – also eine konsekrierte Hostie, von der Katholiken glauben, Jesus Christus sei in ihr ganz gegenwärtig – durch ihr Dorf zu tragen. Das hat sich auf der ganzen Welt verbreitet
Doch warum nun diese Feier? Am Abend vor seinem Leiden saß Jesus mit seinen Jüngern zusammen. Er aß mit ihnen, und wie es im Judentum üblich ist, segnete er sowohl den Wein als auch das Brot – jedoch mit einer kleinen Änderung: „Er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.“ (Lukasevangelium 22,19-20) Was bedeutet das? Das Brot soll der Leib Jesu sein und der Wein in dem Kelch sein Blut? Die Theologinnen und Theologen beschäftigen sich damit schon seit knapp 2.000 Jahren, und noch immer bleibt es etwas unverständlich, was Jesus hier gesagt und gemeint hat.
Brot und Wein wandeln sich
Die katholische Kirche glaubt: Wenn im Gottesdienst der Priester Brot und Wein in seine Hände nimmt und dieselben Worte spricht wie Jesus im Abendmahlssaal zu seinen Jüngern, dann wandeln sich Wein und Brot. Sie werden Zeichen der Gegenwart Gottes. Das Brot bleibt Brot, es hat die gleiche Farbe und Konsistenz, den Gleichen Geschmack und die gleiche chemische Struktur. Aber in diesem Brot ist Jesus, so glaubt es die katholische Kirche, ganz gegenwärtig. Er ist hier – unter den Zeichen von Brot und Wein.
Das ist für die Kirche natürlich ein großes Geschenk. Eigentlich müsste man das am Gründonnerstag feiern, an jenem Tag vor Ostern, an dem die Kirche das letzte Abendmahl Jesu, sein Gebet am Ölberg, seinen Verrat und seine Verhaftung feiert. Dieser Tag jedoch steht unter dem traurigen Vorzeichen von Leiden, Kreuzigung und Tod Jesu. Deshalb wollte die Kirche im Mittelalter ein neues Fest einführen, an dem man die Hingabe Jesu in Brot und Wein und seine Gegenwart in der Kirche feiert: Fronleichnam. Das wird dann auch ordentlich begangen: Mit goldenen Gewändern, schöner Musik, Fahnen und Blumenteppichen.
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