Eine Flucht ist der Abschied vom Geplanten und Sicheren
Es ist keine einfache Situation. Der Ort, der den eigenen Traum erfüllt, ist nichts anderes als eine heruntergekommene Müllhalde. Es sind spontane Entscheidungen, die uns treiben. Unsere beiden Redakteurinnen haben sich für die Flucht ins Ungewisse entschieden. Das klärende Gespräch wäre wohl kaum sinnvoll gewesen. Dieser Eindruck verfestigt sich, nachdem man sich die Präsentation der Webseite anschaut: Hier sind vor allem Bilder mit lachenden Kindern zu sehen. Wie sich später aber herausstellt, ist der Reiterhof eine Stunde von der Ranch entfernt. Von den Räumlichkeiten gibt es stattdessen keine Bilder. Bewusst? Wer offensichtlich Menschen linkt und einen Reiterhof zeigt, der rund eine Stunde entfernt ist, dem ist nicht zu trauen. Verwunderlich ist nur, dass die Betreiber der Ranch genau darauf achten, dass alle Angaben der Reisenden bei der Bewerbung angegeben werden. Außerdem gibt es strenge Regeln, wann das Internet funktioniert. Eine akribische und seriöse Vorbereitung auf etwas, das sich schnell als Fassade entlarvt? Die Reaktion von Vanessa und Miriam kommt aus dem Bauch heraus: die Idee einer Flucht. Eine Flucht, die stets mit der Hoffnung auf Besserung verbunden ist. Auf neue Menschen zu treffen, die offener sind, sich nicht verstellen. Wichtig bei derartigen Situationen ist es aber auch, dass man sich auf seinen Reisepartner verlassen kann und dass man Rückhalt aus der Heimat hat. Es muss stets eine Versicherung für Notfälle geben.
Was können die beiden für die Zukunft lernen? Oft stürzt man sich vollkommen unverblümt in ein Abenteuer. Man verlässt sich auf Quellen, für die es keine Belege gibt. Portale wie workaway.info sprechen auf ihrem Auftritt ausdrücklich davon, dass sie keine Agentur sind, sondern nur vermitteln. Letztendlich sagen sie damit, dass bei Problemfällen die Reisenden alleine dastehen. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Seite sind nur auf Englisch einzusehen. Außerdem verfügt die Website über kein Impressum, lediglich Kontakt per Mailformular ist möglich. Da sollten sofort die Alarmglocken schrillen. Aber es ist vermutlich die Euphorie der Reiseinteressierten, die dazu beiträgt, dass man über so etwas hinwegsieht. Aber auch hier geht die Scheinfassade weiter: Denn bei aller Enttäuschung verwundert es, dass es auf der Seite der Ranch lediglich positive Erfahrungsberichte zu lesen gibt. Wie kann es also sein, dass andere Freiwillige die Ranch für gut bewerten und kein einziger Kommentar die mangelnde Hygiene thematisiert? Sind ihnen der Schimmel und der heruntergekommene Eindruck nicht aufgefallen? Das ist unmöglich! Wurde etwa – mit welchen Mitteln auch immer – bewusst darauf geachtet, dass nur positive Bewertungen genehmigt wurden? Die Aussagekraft von User-Bewertungen sollte also auf jeden Fall hinterfragt werden.
Eine Flucht ist kein "Weglaufen", eher ein "Neu-Ausrichten"
Die Schlussfolgerung, die sich daraus ziehen lässt, ist enttäuschend aber simpel. Vor dem Reiseantritt sollte man sich stets aktuelle Bilder zuschicken lassen, die auch die Räumlichkeiten zeigen. Man sollte außerdem nur bei Portalen buchen, die mit einem Qualitätssiegel geprüft sind, beispielsweise dem TÜV. Unsere beiden f1rstlife-Redakteurinnen Miriam und Vanessa sollten aus dem Zwischenfall etwas Positives ziehen: Das Abenteuer, das sie erleben wollten, erleben sie nun. Und mit dem Begriff „Erleben“ geht auch eine Zuversicht einher: Ein Jetzt-Erst-Recht-Gefühl. Eine Einstellung, die deutlich machen sollte, dass die Umstände eben nicht egal sind. Dass es an uns liegt, trotz Hindernissen das Beste zu machen. In solchen Momenten wird Geschichte geschrieben. Und aus Beteiligten werden tonangebende Akteure. Die Freundschaft der beiden wird auf eine neue Probe gestellt. Mit dem Ende, dass sie stärker denn je sein und an den neuen Herausforderungen wachsen wird. Die Flucht ist nicht das Mittel, um aus konfliktbehafteten Situationen zu fliehen. Mit ihr kommt die Unsicherheit zurück, die Gefahr, das Unvorhergesehene. Das können wir nicht ab: Wir haben uns längst etabliert in einer komfortablen Welt des Vorhersehbaren, des Sicheren, der Sorglosigkeit. Dadurch beeinflusst dürfen wir aber nicht das verlieren, was uns als Menschheit stets ausgezeichnet hat: Den inneren Drang, etwas zu riskieren, um etwas zu erreichen. Jetzt zeigt sich, wie man damit umgehen kann, wenn man etwas riskiert.
Und was denkst Du? Haben Vanessa und Miriam sich richtig entschieden? Was hättest Du getan?
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