Vielleicht reden wir nicht oft über sie, denn wir werden fast nie danach gefragt. Doch wenn sie einmal zur Sprache kommt, ist der Beziehungsstress vorprogrammiert. In unserem Kopf existiert sie, die Erinnerung an unsere erste Jugendliebe, an die ersten Fehler und Erfolge. Ein erstes Kapitel in unserem Erwachsenenleben, aus dem wir vieles über uns, aber auch für unsere Zukunft lernen können. Ein anonym verfasster Artikel einer Autorin.
Nicht vielen ist das Glück vergönnt gewesen, die erste große Liebe bis ins spätere Alter spüren und begleiten zu können. Die Gründe dafür sind so vielseitig, wie es Menschen gibt. Vielleicht schwanden die Gefühle irgendwann, vielleicht lebte man sich auseinander, vielleicht waren ganz andere Faktoren dafür verantwortlich. Wenn wir daran zurückdenken, haben wir oft einen schmerzhaften Beigeschmack, den wir auch Jahre später nicht loswerden können.
Auch oder gerade die Filmindustrie wird dessen nicht müde, uns die Unantastbarkeit der ersten großen Liebe vorzuzeigen und sie zu lobpreisen. Dabei sind es bei weitem nicht immer nur gute Dinge, die wir in unserer Jugend gemacht haben. Es waren vor allem aber unsere ersten Schritte, unsere ersten Fehler und unsere ersten Erfahrungen mit einem anderen Menschen, den wir liebten.
Warum hat die Jugendliebe so einen unantastbaren Charakter und Charme für uns?
Die Antwort darauf ist sowohl einfach als auch komplex. Mit unserer ersten großen Liebe verbinden wir meistens das erstmalige Gefühl der Zuneigung und Liebe zu einem anderen Menschen. Das erste Mal Schmetterlinge im Bauch, die ersten Liebesgeständnisse, die schlaflosen Nächte und die Zweifel. Hinzu kommen natürlich auch unsere Hormone, die uns das Übrige geben und immer wieder für Stimmungsschwankungen sorgen.
Die Unbeschwertheit und Sorglosigkeit vergangener Tage: Wenn wir jung sind, haben wir ein Gefühl der Grenzenlosigkeit, das uns begleitet. Wir sind unbeschwert und kennen die Sorgen von morgen nicht. Und wenn wir sie kennen, sind wir sehr erfolgreich darin, sie zu verdrängen oder sie einfach nicht zu sehen. Wir haben auch nicht wirklich Ahnung davon, was „richtige“ Sorgen sind. Wir leben in den Tag hinein und halten unsere Probleme für die größten. Eine blöde Bemerkung oder ein schiefer Blick in der Schule sind oftmals Thema und belasten uns oft nachhaltig.
Genau an diese Zeit erinnern wir uns später oft, als hätte sie einen Sepiafilter oder eine Weichzeichnung. Denn das, denken wir, war sie; die unbeschwerte Zeit. Bevor uns die zu treffenden Entscheidungen einholten und wir auf einmal voll im Leben standen. Plötzlich waren wir mündig und mussten für uns selbst geradestehen. Wir mussten Verantwortung übernehmen für uns und unsere Taten. Und das ist auch gut so, wir sind daran gewachsen. Und trotzdem sehnen wir uns oft nach der Verantwortungslosigkeit und der Unbeschwertheit zurück, die wir damals hatten.
Auch unsere Jugendliebe fällt in diese Phase unseres Lebens
Mit den vielen Möglichkeiten unserer Adoleszens kommen auch die Kränkungen und Auseinandersetzungen, die uns nachhaltig prägen. Wir sind zum ersten Mal in unserem Leben mit solchen Verletzungen konfrontiert und sind auch besonders sensibel und empfänglich dafür. Vieles, was wir in dieser Lebensphase erleben wird und nachhaltig beeinflussen auf unserem weiteren Weg durchs Leben.
Ein Stück weit ist es auch unsere geringe emotionale Stabilität in dieser Lebensphase, die uns so empfindlich macht. Manchmal reicht schon ein Blick aus, um uns in ein Universum der Selbstzweifel zu werfen, aus dem wir nur schwer wieder raus finden.
Doch was bleibt von ihr?
Wir können nicht pauschalisieren, was von unserer Jugendliebe tatsächlich bleibt, aber wir können zumindest einige Dinge lernen. Sie gibt uns in einer Zeit der Emotionalität, der hormonellen Veränderungen und einer Zeit voller Zweifel einen Anker. Sie gibt uns halt und Stabilität, wenn wir es am meisten brauchen. Sie stärkt uns in unseren Schwächen und gibt uns manchmal sogar unser Selbstbewusstsein zurück, wenn wir es schon verloren glaubten. Sie gibt und Bestätigung, dass wir so wie wir sind, in Ordnung sind. Dass wir nicht falsch oder anders sind, sondern genauso geliebt werden, wie wir sind. Mit dem großen Unterschied, dass der Partner kein Teil unserer Familie ist, sondern ein Mensch, der uns aus freien Stücken liebt, nicht nur, weil er unser Elternteil ist.
Wir lernen daraus, uns selbst wertzuschätzen. Den anderen zu verstehen, uns in ihn hineinzuversetzen und Kompromisse einzugehen. Gerade in dieser Phase ist es besonders wichtig, denn wir sind auf einmal nicht mehr das Zentrum unserer Welt und unserer Gedanken. Und gerade das ist eine riesige Lernerfahrung für uns.
Weg vom Egoismus hin zu mehr Rücksicht und Empathie
Wenn wir jung sind, sind wir meistens unerfahren. Unsere Welt dreht sich meistens nur um uns selbst, unsere Sorgen und Probleme. Wir bringen oft für unsere Eltern nicht das Verständnis auf oder sind ihnen eine Stütze. Wir sehen nur uns selbst. Es ist keine Schuldzuweisung, vielmehr ist es unserer geringen Lebenserfahrung geschuldet. Die elterliche Liebe wird uns oft gar nicht so sehr bewusst, weil wir sie für selbstverständlich erachten. Manchmal betrachten wir unsere Eltern als notwendiges Übel, als nervig und überflüssig. Dadurch, dass wir aber plötzlich einen anderen (fremden) Menschen lieben und uns um ihn sorgen, wächst auch unser Verständnis, Fürsorge und die Liebe. Unsere Empathie schaltet sich in der Regel ein und wir nehmen uns den Sorgen des geliebten Menschen an.
Viele Partner und Partnerinnen sich sich dieser intensiven Beziehung bewusst und entwickeln gewissermaßen eine Eifersucht. Irgendwann kommt in jeder Beziehung der Punkt, an dem man über die Jugendliebe oder die erste große Liebe spricht. Manchmal ist es harmlos, aber in den meisten Fällen kommt doch ein kleiner Wermutstropfen hoch. Denn die Vorstellung, den Partner (wenn er auch damals deutlich jünger war) mit einem anderen Menschen zu sehen, ist schmerzhaft. Manchmal wünscht man sich sogar, man wäre damals schon zusammen gewesen.
Es ist einer der wichtigsten Schritte auf unserem Weg zum Erwachsenenleben.Wir wachsen an jeder Beziehung in unserem Leben, aber meistens bleibt unsere Jugendliebe das Wahrzeichen unserer ersten Gefühle, unserer ersten Fehler und Leiden, aber auch eine unerschöpfliche Quelle des Glücks und der Selbstbestätigung. Eine Quelle der Achtung und der Empathie.
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