Jamie-Lee Kriewitz setzte sich vergangenen Donnerstag beim Vorentscheid gegen ihre neun Konkurrenten durch und vertritt mit ihrem Song „Ghost“ Deutschland beim Eurovision Song Contest in Stockholm. An einen Sieg glaubt die 17-Jährige allerdings nicht.
Sie hüpft über die Bühne, die Arme reißt sie in die Höhe. Gerade hat Jamie-Lee Kriewitz, 17 Jahre alt, von Barbara Schöneberger erfahren, dass sie mit ihrem Song „Ghost“ Deutschland beim Eurovision Song Contest in Stockholm vertreten wird. Dabei wirkt sie niedlich und vor allem noch sehr kindlich – dafür ist allerdings nicht nur ihr Alter maßgeblich schuld, sondern auch ihr Äußeres. Im Gegensatz zu ihren Vorentscheid-Mitstreitern trug sie immerhin keine Mönchskutte, kein pompöses Kleid und auch keine Zirkusdirektoren-Jacke. Nein, Kriewitz inszeniert sich als Manga-Sternchen. Diese asiatische Popkultur besticht vor allem durch gnadenlose Verniedlichung. Die 17-Jährige trägt quietschbunte Klamotten, auffallenden Kopfschmuck und hat ein Stofftierchen als Glücksbringer dabei. Sie bezeichnet sich selbst als Fan des K-Pops, der populären Musik aus Südkorea. Für Asien habe sie sich schon immer interessiert, für das Styling und auch Animes, japanische Zeichentrickfilme. „Ich werde hart üben und arbeiten„, kündigte Jamie-Lee nach ihrem Sieg an. „Mach bloß nichts mit der Frisur“, riet ihr mit einem Augenzwinkern Moderatorin Schöneberger nach der Verkündung.
44,5 Prozent der Stimmen entscheiden sich für Kriewitz
Bei der Live-Sendung „Unser Lied für Stockholm“ trat die Sängerin gegen neun weitere Konkurrenten an, konnte sich aber gegen diese eindrucksvoll behaupten. Beim Zuschauervoting erhielt die Gewinnerin der letzten „The Voice of Germany“-Staffel und „Ziehkind“ von Smudo und Michi der Hip-Hop-Combo „Fantastischen Vier“ im zweiten und letzten Wertungsdurchgang 44,5 Prozent der Stimmen. Im Finale der drei besten Vorentscheid-Teilnehmer bekam sie mehr Unterstützung als der Sänger Alex Diehl, der mit seinem „Nur ein Lied“ 33,9 Prozent der Stimmen erhielt. Dritter mit 21,6 Prozent wurde die Rockband Avantasia mit dem Lied „Mystery of a Blood Red Rose“.
Um 23 Uhr musste Kriewitz von der Bühne
Jamie-Lee ist nun zwar ein Pop-Star in Deutschland, für sie gelten aber bislang besondere Vorschriften – noch ist sie nicht volljährig. Daher musste sie am Donnerstagabend Punkt 23 Uhr von der Bühne, weil der Jugendschutz dies so verlangt. Der traditionelle Auftritt des Siegers im Morgenmagazin musste auch abgesagt werden, weil zwischen der „Unser Lied für Stockholm“-Sendung und dem Morgenmagazin keine zwölf Stunden lagen. Ihre Schulausbildung hat die 17-Jährige aus Springe bei Hannover erst einmal auf Eis gelegt. Wegen „The Voice“ habe sie schon eine beachtliche Summe an Fehlzeiten angehäuft, sodass sie ihr Abitur verschoben hat. Sie will es aber auf jeden Fall bald nachholen. „Halbherzig kann man das Abi nicht machen“, ist sich Kriewitz sicher.
Jamie-Lee, die neue Lena
Für viele Musik-Experten und Buchmacher erscheint Jamie-Lee als vielversprechende Kandidatin für die Punkte-Jagd in Stockholm – nicht zuletzt, weil einiges an die letzte, deutsche ESC-Siegerin Lena Meyer-Landrut erinnert. Viele vergleichen Jamie-Lee mit Lena. Wie auch Lena, geht Jamie-Lee sehr jung zum ESC, überzeugt mit ihrer natürlichen Ausstrahlung und besitzt dabei eine große Stimme. Außerdem kommt Jamie-Lee, wie auch Lena, aus Hannover und wurde in Köln zur ESC-Teilnehmerin gekürt – und ist außerdem ein Showtalent. Die 17-Jährige hatte mit ihrer Single „Ghost“ den meisten Konkurrenten im Vorentscheid voraus, dass der Song sofort ins Ohr ging und mit Melancholie und viel Herzschmerz überzeugte. Und mit den großen Gefühlen konnte man beim ESC schon immer punkten.
Jamie-Lee glaubt nicht an einen Sieg
„Ich versuche, mir nicht einzureden, dass ich da eine Chance habe“, sagte die 17-jährige Sängerin nur einen Tag nach ihrem Sieg in der NDR-Talkshow, die in Hamburg aufgezeichnet wurde. Ein Satz, der Raum für viele Spekulationen gibt, fiel etwas später: „Mir wurde gesagt, dass aufgrund der aktuellen politischen Situation in Deutschland, Deutschland sowieso nicht gewinnen wird.“ Wer Jamie-Lee diesen Satz eingeflüstert hat und woher die Einschätzung stammt, sagte Kriewitz allerdings nicht. Es bleibt abzuwarten, wie die anderen Länder „Ghost“ bewerten und nur zu hoffen, dass es nicht wie im vergangenen Jahr wieder einmal null Punkte für Deutschland geben wird. Der Weg wird auf jeden Fall kein leichter sein.
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