Zwischen 7,5 und 7,9 Millionen Menschen schauen sich täglich das Dschungelcamp an. Das sichert RTL, laut dem Branchendienst quotenmeter.de, während der Ausstrahlungszeit etwa 35 bis 40 Prozent der werberelevanten Zuschauer zwischen 15 und 49 Jahren. Ein fantastischer Wert für den Sender und ein Zeichen, dass das Dschungelcamp von einer breiten Masse Zuwendung erfährt. C-Promis und Wahrheiten, die niemand wissen will. Eine extreme Promidichte ist auf jeden Fall nicht der ausschlaggebende Punkt zum Einschalten. Vielmehr müssen sich die Zuschauer mit C-Promis zufriedengeben. Dennoch kann man RTL keinen Vorwurf bei der Planung der Sendungen machen. Die Zusammensetzungen sind hoch explosiv. Damit sind der Zicken-Terror und das offene Zeigen der tiefsten Emotionen vorprogrammiert.
Viele der Teilnehmer sind den Deutschen bekannt und meistens auch berüchtigt, so wie etwa Michael Wendler, der wohl berühmteste Teilnehmer der 8. Staffel. Allerdings machte „Der Wendler“ in letzter Zeit weniger mit seinem musischen Talent und mehr mit seinen Gerichtsprozessen und Streitereien auf sich aufmerksam. Die Wahrheiten und Selbstfindungsprozesse, die im Camp ablaufen, geben ebenfalls eher den Dschungelcamp-Gegnern Recht. So erklärte der Sänger Patrick Nuo letztes Jahr – ohne danach gefragt zu werden – pornosüchtig zu sein. Kann man einen Künstler und Musiker nach dieser Aussage überhaupt noch ernst nehmen? Moderator Pierre M. Krause bereute es danach sogar öffentlich, Nuo beim Auftritt in seiner Sendung die rechte Hand geschüttelt zu haben. Bleibt festzuhalten: Keine wirklich gelungene PR des Ex-Dschungelkandidaten.
Die große Befriedigung
Wahrscheinlich ist es aber gerade die große Stärke des Dschungelcamps, dass das Teilnehmerfeld aus Gescheiterten besteht. Die C-Promis sind für viele das niedrigste Niveau, auf das man im Fernsehen sinken kann. Folgerichtig müssen diese Menschen also für ihren Willen, erneut vor die Kamera zu treten, bestraft werden. Es geht hier um Gerechtigkeit. Das spürt man vor allem, wenn man sich den Hauptaspekt der Sendung ansieht – die Bestrafung, beziehungsweise die Aufgabe, die ein von den Zuschauern ausgewähltes Mitglied der Gruppe bestehen muss, damit es abends etwas zu Essen gibt. Hierbei kommt Schadenfreude und Spott in den Zuschauern auf. Diese Emotionen spielen eine Rolle, wenn man Gerechtigkeit erhalten und gleichzeitig alle Verstöße gegen die Werte und Normen sanktionieren möchte. Bedeutet: Wer sich nicht an die Regeln hält und sich im Camp und bei den Zuschauern unbeliebt macht, wird bestraft – der Zuschauer freut sich.
Australische Speisekarte
Australien hat doch so viel zu bieten, warum immer Känguruhoden, Maden und Heuschrecken? Ganz einfach: je ekliger, desto mehr Schadenfreude. Hinzu kommt, dass der Sender die vorherige Staffel jedes Mal übertrumpfen muss, um weiterhin attraktiv für die Zuschauer zu bleiben. Selbst der Medical Supervisor „Dr. Bob“, der sowohl das britische, als auch das deutsche Dschungelcamp betreut, sagt: „Die Deutschen machen es immer härter. Das ist der große Unterschied zwischen der deutschen und der englischen Ausgabe“. Ein Großteil unserer Gesellschaft empfindet es heutzutage als normal, dass die Teilnehmer ekligste Dinge essen müssen, der andere Teil wehrt sich dagegen, schaltet RTL während dem Dschungelcamp gar nicht mehr ein. Mit etwas Abstand betrachtet ist es ein trauriges Schauspiel, das den Zuschauern täglich aus dem australischen Dschungel geboten wird: Gescheiterte, tiefgefallene Stars und solche die es gerne wären, buhlen um Aufmerksamkeit und freuen sich letztendlich darüber, wenn sie sich in widerwärtigen Spielen gegen ihre Kontrahenten durchsetzen und sich letztendlich minimal über die anderen erheben.
Der Dschungel ist Teil der Gesellschaft
Man kann das Dschungelcamp hassen oder lieben, man kann die Praktiken verachten oder als große Abendunterhaltung ansehen, doch sicher ist, dass es sich längst etabliert hat. Die Sender können mit keiner Sendung die gesamte Bevölkerung ansprechen, dazu sind die Wünsche und Vorstellungen viel zu verschieden. In allen Formaten finden sich Menschen, die mit der jeweiligen Art der Unterhaltung nichts anfangen können. Die große Diskussion in den Medien trägt nur dazu bei, dass das Dschungelcamp immer populärer wird. Letztendlich muss jeder Fernsehzuschauer für sich selbst klären, ob er ins Dschungelerlebnis abtaucht oder ihm ein Ende bereitet.
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