Der zweite Abschnitt unserer Jordanien-Reise hatte seinen Schwerpunkt beim Besuch des Weltwunders Petra, einer antiken Ruinen-Stadt, die zum Teil deswegen noch so gut erhalten ist, weil einige Gebäude, tatsächlich überwiegend Gräber, aber auch ein paar Wohnhäuser, direkt aus dem Felsen gehauen worden sind. Petra hat mehrere Bevölkerungs-Kulturen miterlebt und konnte sich sehr gut gegen Angreifer verteidigen, weil die gesamte Stadt ziemlich versteckt hinter Bergketten lag. Und neben all der Bildung auf unserem Trip kamen natürlich weder kulinarische Genüsse noch das Privileg von komfortablen Unterkünften zu kurz. Am spannendsten aber sind doch immer wieder die unterschiedlichen Menschen, auf die man so trifft.
Auf abenteuerlichen Abwegen?
Bevor ich euch von unserem Besuch des legendären Weltwunders Petra erzähle, möchte ich ein paar Worte über unser Mietauto verlieren. Ansonsten würde ich einige der Adrenalin-reichsten Momente unserer Reise unterschlagen. Es handelte sich dabei um ein in die Jahre gekommenen 5-Sitzer Typ Limousine mit Automatik-Schaltung. Fragt mich nicht nach der Marke, vielleicht war es ein Mazda. Ich bin absolut kein Auto-Mensch, außer, dass ich gerne selbst fahre. Wie man manuell zwischen den Gängen wechseln konnte, fanden wir erst nach einigen Tagen heraus. Und auch die Bremse erlangte nie mein volles Vertrauen.
Nun ist Jordanien besonders im westlichen Landstreifen, wo die meisten touristischen Ziele liegen, ein bergiges Land. Zwischen Akaba und Amman gibt es eine gut ausgebaute Autobahn. Abseits davon sind wir auf so mancher abenteuerlichen Piste gefahren. Hinzu kam, dass die Städte in Jordanien zum großen Teil organisch gewachsen sind und nicht nach europäischer Manier geplant wurden. Nicht nur hin und wieder, nein ziemlich häufig, brach mir der Nervositäts-Schweiß aus, als ich im spitzen Winkel abbiegen und dabei eine dramatische Steigung mit unserem niedlichen Motörchen und der Automatik-Schaltung meistern musste. Dazu gab es ausgesprochen wenige Fahrbahnmarkierungen und Straßenschilder. Doch irgendwie hat diese Art zu fahren, auch ihren Charme, so unkonventionell und frei…

Eine Absage, die zum Guten führte
So cruisten wir also durch die jordanische Felsenwüste, bis wir im nächsten Ort bei Petra, in Wadi Musa, ankamen. Dort mussten wir feststellen, dass unsere Unterkunft uns kurzfristig aus persönlichen Gründen abgesagt hatte. Eine neue Bleibe musste her, und zwar zügig. Denn wir wollten den Tag doch noch in Petra verbringen. In der Eile buchten wir dummerweise eine Herberge, die mit dem Auto eine Stunde entfernt lag. Tatsächlich stellte sich dieser Fehler später als wunderschönes Geschenk heraus. Ich erzähle euch davon, wenn es so weit ist.
Nun fanden wir noch ein Hostel im Ort, das bei unserer Ankunft vollkommen verlassen dastand. Es aufzuspüren, war schon ein Abenteuer gewesen, inklusive der Entscheidung, nun doch diese gruselige Einfahrt auszuprobieren, an der wir zunächst geflissentlich vorbeigefahren waren. Der Inhaber war erstmal nicht erreichbar, es gab keinen Schatten und keine Toilette. Der WLAN-Code auf dem Schild an der Tür beinhaltete einen Fehler, also gab es auch kein Internet.
Als unser Gastgeber schließlich aufkreuzte, kam er geradewegs vom Frisör. Wir berichtigten ihn nicht in seiner Annahme, wir seien ein deutsches Ehepaar, dafür wurden wir die Tage so gut wie immer gehalten. Freunde, Jordanien ist ein Unterkunfts-Paradies! Für vergleichbar günstige Preise bekommt man so einiges geboten. Zugegeben, wir waren fast immer die einzigen Gäste und das verstärkte den Genuss nochmal.

So breiteten wir uns in unserem leicht protzigen Zimmer mit King-Size-Bett aus und begaben uns anschließend zügig zum Eingang der Petra-Landschaft. Zu diesem Hostel möchte ich aber vorher noch sagen, dass der Eigentümer äußerst zuvorkommend und freundlich gewesen ist. Und das Frühstück war so reichlich und liebevoll von seiner Ehefrau zubereitet, dass wir einen guten Teil als Wegzehrung mitnahmen.
Wie wir Petra zu Pferde für uns einnahmen
Kaum hatten wir einen Fuß auf das Areal von Weltwunder Petra gesetzt, wurden wir bereits von Fremdenführern umringt, die uns ihre Esel oder Pferde anboten. Hätte ich für jedes Mal, dass mir ein Esel dort angeboten wurde, einen Dinar bekommen, hätte ich mehr Geld in Petra verdient, als wir für uns beide dort gelassen haben. Als zwei der wenigen Touris konnten wir uns nicht vor Angeboten retten. Und so ließen wir uns tatsächlich auf einen Ritt zu Pferde über die höheren Plateaus bis zum Kern der archäologischen Stätte ein, nachdem wir von 50 auf 15 Dinar runtergehandelt hatten. Dummerweise hatten wir kaum Kleingeld dabei und unsere Guides besaßen natürlich kein Wechselgeld, sodass sie am Ende doch insgesamt 50 Dinar erhielten. Anfängerfehler… Aber der Ritt war fantastisch!

Während Adrians Guide ihm pausenlos die unterschiedlichen Gesteins- und Staubarten in allen Farben und Formen aufzeigte und erläuterte, machte mir meiner ständig Komplimente zu meinen Reit-Skills und bot sich großzügig als Fotograf an. Unser Besuch meines ersten Weltwunders lässt sich wieder mal besser in Fotos als in Worten nachvollziehen. Funfact am Rande: Petra gehört zwar zum UNESCO-Weltkulturerbe, wurde von dieser Behörde aber nicht offiziell als Weltwunder registriert. 2007 wurde Petra „lediglich“ zu den Neuen Sieben Weltwundern gewählt. Überflüssig zu sagen ist, dass es heiß und staubig dort war. Wir erkundeten einen Großteil des Areals (tatsächlich zu Fuß und ohne Esel) und schlugen auch solche Wege ein, die auf der Karte als sehr schwierig und nicht ohne Guide eingestuft waren.

Wer oder was ist denn nun eigentlich Petra?
Am Abend des ersten Besuchs-Tages in Petra, ließen wir uns erschöpft in unser riesiges Bett fallen und recherchierten zunächst die Geschichte dieses Ortes. Erinnert ihr euch an die antike Bevölkerungsgruppe der Nabatäer, die uns das erste Mal im Wadi Rum begegnet ist? Petra ist deren Hauptstadt gewesen (grob 4. Jhd. v. Chr. bis 1. Jhd. n. Chr.) und besonders im ersten Jahrhundert vor Christus als Handelsmetropole in Wohlstand und Ansehen aufgeblüht. Die Nabatäer werden als das erste arabische Volk angesehen und ihr Reich lag ungefähr im Gebiet, das in der hebräischen Bibel Edom genannt wird.

Die Bewohner dieser zu Hochzeiten 30.000 bis 40.000 Einwohner zählenden Stadt beeindruckten nicht nur durch ihre einmalige Architekturkunst, sondern auch durch ihr Bewässerungssystem, das geradezu eine Oase in der Wüste schuf. Dazu lag Petra strategisch passend direkt an den Handelsrouten zwischen Ägypten und Syrien, Jemen und dem Mittelmeer. Im 2. Jahrhundert nach Christus fiel die Stadt dann doch in römische Hand. Nach der muslimischen Eroberung (7. Jhd.) und spätestens im Mittelalter verließen nach und nach alle Menschen diesen Ort und gaben ihn dem Verfall preis.
Die bekanntesten Monumente Petras

Möchte man Petra durch den „Haupteingang“, also durch den „Siq“, betreten, so trifft man am Ende der Felsenstraße auf dieses monumentale und wohl bekannteste Bauwerk der Ruinen-Stadt. Tatsächlich ist es wohl eher ein Königsgrab gewesen und erhielt den irreführenden Namen durch Beduinen, die das Areal im 19. Jahrhundert entdeckten.
An diesem Beispiel lässt sich gut nachvollziehen, wie die pompösen Fassaden „erbaut“ wurden. Zunächst wurde der Felsen glatt gehauen, damit eine relative ebene „Leinwand“ entsteht. Dann wurde die Fassade von oben nach unten in den Stein gehauen. Die Innenräume mussten gut geplant und berechnet werden, damit der Felsen nicht in sich zusammenbrechen würde. Die „Leitern“ rechts und links des Schatzhauses stammen wahrscheinlich von Grabräubern.

Am Ende einer als sehr schwierig und nicht ohne Guide zu betretenen Wanderroute gelangten wir zum als Kloster bezeichneten Ad-Deir. Dieses Bauwerk hat beeindruckende Ausmaße (47 Meter breit, 39 Meter hoch) und befindet sich etwas abseits von der eigentlichen Stadt. Möglicherweise aufgrund der erhöhten und etwas einsamen Lage wurde es zwischenzeitlich von Mönchen bewohnt, was zur heutigen Bezeichnung führte. Ursprünglich ist es wohl aber ebenfalls als Grab erbaut worden.

Das antike Stadtzentrum erstreckte sich entlang der zentralen Säulenstraße, die bereits römischen Einfluss dokumentiert. Ganz eindeutig wurde der römische Charakter durch das Amphitheater und die riesigen Tempelanlagen, von denen nur noch Fundament und Säulenreste übrig sind. Ich bin froh gewesen, anhand dieser Bauten doch noch Zeugnisse von regem Leben gesehen zu haben nach der Besichtigung der unzähligen Gräber…
Und wieder in eine andere Welt eintauchen
Nach anderthalb Tagen in Petra zogen wir weiter zur versehentlich gebuchten Unterkunft, die aber doch ziemlich auf dem Weg zu unserer nächsten Station lag. So kamen wir nach Dana Village, ein absolutes Highlight! Wir waren wieder die einzigen Gäste, weshalb uns drei Zimmer gezeigt wurden, von denen wir eins aussuchen durften. Wir entschieden uns für das einfachere Quartier mit atemberaubendem Ausblick. Das Abendessen war ein Erlebnis für sich, sag ich euch! Uns wurde ein Buffet nur für uns beide aufgetischt – all you can eat – mit mehr als fünf unterschiedlichen Gerichten, eines schmackhafter als das nächste. Dazu gab es Tee nach Lust und Laune. Wir hatten auch unsere ganz persönliche Bedienung, die sofort zur Stelle war und unsere Teller nachfüllte, bis wir hätten platzen können. Der Essbereich befand sich auf dem Dach dieser abenteuerlich, aber liebevoll und ansprechend gestalteten Häuschen. Ich war begeistert von der überfließenden Kreativität und dem ganz eigenen Charakter dieses besonderen Ortes.
Während des Abendessens kam sogar der Inhaber vorbei und unterhielt sich mit uns. Er erzählte die Geschichte des Dorfes und wieder spielte der Familienvater eine herausragende Rolle. Aus Wunsch nach modernerem Leben haben die meisten Familien des alten Dorfkerns ihre Häuser verlassen und sind ins Neubaugebiet gezogen. Der Vater gründete dieses Urlaubsdorf in einer Weise, dass alle Familien des Dorfes heute noch davon profitieren können. Sein Sohn, der das Geschäft übernommen hatte und nun vor uns stand, erklärte uns, dass es für den Vater nicht infrage kam, nur für den eigenen Profit zu leben. Familie und Gemeinschaft spielen eine herausragende Rolle, wie der Sohn mit erkennbarem Stolz berichtete. Die Atmosphäre auf diesen Dächern der alten arabischen Häuser in den jordanischen Bergen lud geradezu zum Träumen und Pläne schmieden ein, was Adrian und ich dort auch intensiv betrieben. Ob wir diese Pläne wohl noch umsetzen werden?
Der Krieg kam unausweichlich auch zur Sprache. Und auch hier hinterließen einige Aussagen unseres Gastgebers tiefe Eindrücke. Er erklärte uns, dass wir Menschen gewalttätige Konflikte heraufbeschwören, wenn wir uns als rechtmäßige Besitzer eines Gebietes ansehen. Doch sein Vater habe vorgelebt, was es bedeutet, sich als Gast auf dieser Erde zu verstehen. Dann ist es weder dein noch mein Land, noch nicht einmal unseres. Sondern wir haben das Land demütig zu verwalten, als hätten wir Rechenschaft dafür abzulegen. Was denkt ihr darüber?
Welch ein Geschenk, durch einen Fehler an diesem besonderen Ort gelandet zu sein!
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